Luzernerin setzt auch zuhause auf ihren Sport

Alena Ehrenbold mit erstem Surf-Film-Festival in der Schweiz

«Wenn ich eine Welle anpaddle, kommt es häufig vor, dass drei, vier Männer mit mir mitpaddeln, um mir die Welle wegzuschnappen.»

(Bild: Thomas Bonder)

Alena Ehrenbold kündigte vor Jahren ihren Job, um sich dem Surfen zu widmen. Nun hat die Luzernerin das erste Schweizer Surf-Film-Festival gegründet, welches am Wochenende in Luzern stattfindet. Was nach romantischem Abenteurerleben klingt, ist in Wirklichkeit harte Büez.

«Du kannst am Strand stehen bleiben, mir beim Surfen zuschauen und von mir Fotos schiessen», sagte der damalige Freund von Alena Ehrenbold. «Oder aber du kommst mit mir ins Wasser.» Die damals 21-jährige Alena Ehrenbold entschied sich für das Letztere. «Du musst ja nur paddeln», dachte sie sich.

Weitaus cooler hatte sie es sich wohl vorgestellt, als sie sich dann zum ersten Mal ein Surfbrett unter ihren Arm klemmte und im Meer den Wellen entgegenpaddelte. «Der erste Versuch ging total in die Hose», erzählt die 36-Jährige heute lachend. Minuten später, mit Salzwasser in der Nase und schmerzenden Stellen an ihrem Körper, die später zu blauen Flecken wurden, liess sie es mit dem Surfen bleiben. Vorerst. Ein Jahr später besuchte sie einen Surfkurs in Peniche, Portugal. Und da hat es die Luzernerin richtig gepackt.

Zwischen Klassenzimmer und Meer

Alena Ehrenbold schloss ihren Master in Wirtschaft an der Universität Zürich ab. Nachdem sie das Lehrdiplom erlangte, unterrichtete sie als Gymnasiallehrerin Wirtschaft und Recht. Doch das Fernweh war gross, immer wieder zog es sie ans Meer: In den Ferien und an den Wochenenden pilgerte sie an den Strand, ritt die Wellen. Am Montagmorgen stand sie wieder im Klassenzimmer. Sechs Jahre lang pendelte Ehrenbold zwischen Schulzimmer und Strand hin und her. Seit 2009 surft sie für die Nationalmannschaft, 2010 wurde sie gar Schweizer Meisterin im Surfen.

«Ich bin glücklich. Aber ich kann nicht behaupten, dass ich glücklicher bin als vorher.»

Alena Ehrenbold

Es sei immer intensiver geworden: «Irgendwann dachte ich mir: ‹Wenn nicht jetzt, wann dann?›» So kündigte sie also Wohnung und Job, packte ihre Koffer und zog los. Die Entscheidung, ihren Lehrerjob an den Nagel zu hängen, sei Ehrenbold zwar nicht leichtgefallen. Denn sie betont, dass sie ihr früheres Leben geliebt habe – aber auch ihr jetziges: «Ich bin glücklich. Aber ich kann nicht behaupten, dass ich glücklicher bin als vorher.» Schlussendlich entschied sie ganz pragmatisch: «Nach sechs Jahren Berufserfahrung als Lehrerin war es ein guter Zeitpunkt, mich eine Weile voll und ganz auf das Surfen zu konzentrieren.»

Erstes Schweizer Surf-Film-Festival

Am Wochenende dreht sich im Seebad Luzern alles rund ums Thema Surfen. Das «Swiss Surf Film Festival» findet vom 26. bis 28. April statt. Dabei werden verschiedene Surf- und Outdoor-Dokumentationen zu sehen sein – darunter Weltpremieren, wie Ehrenbold verrät. In sieben verschiedenen Kategorien werden Auszeichnungen verliehen. Zudem gibt es Fotografie- und Kunstausstellungen sowie Konzerte.

Filmemacherin

Dass es «schon recht speziell» ist, wenn eine Luzernerin alles auf die Karte Surfen setzt, weiss Alena Ehrenbold. Sie ist selbst Filmemacherin, porträtiert in ihren Filmen das Leben von Surfern und Surferinnen. Mit «Tan» – ein Portrait des Surfbrettbauers Robin Goffinet – hat sie sechs internationale Awards gewonnen. Wenn Ehrenbold Surf-Film-Festivals besuche, sei sie vom Ambiente jeweils angetan. Doch die Schweiz hatte noch kein solches Festival. So gründete sie gemeinsam mit Freunden das «Swiss Surf Film Festival» (siehe Box). So könne sie vielleicht gerade den Menschen in ihrer Heimat, denen das Surfen fremd ist, ihre Leidenschaft näherbringen.

Sich beweisen in einer Männerdomäne

Denn viele hätten ein verzerrtes Bild, wenn sie an den Alltag einer Surferin denken: «Der Alltag als Surferin ist weitaus unromantischer als sich die meisten wohl denken», sagt Alena Ehrenbold. «Ein bisschen am Strand chillen, bei einem Cocktail auf die grossen Wellen zu warten und sich dann aufs Brett zu stürzen», sei ein Vorurteil, dass nichts mit der Realität zu tun habe. «Wenn ich ehrlich bin, hatte ich seit zweieinhalb Jahren keine Ferien mehr», so Ehrenbold.

«Wenn ich eine Welle anpaddle, kommt es häufig vor, dass drei, vier Männer mit mir mitpaddeln, um mir die Welle wegzuschnappen.»

Alena Ehrenbold

So was wie einen normalen Alltag gibt’s bei Alena Ehrenbold zwar nicht. Frühmorgens stehe sie jedoch auf, um das erste Mal ins Wasser zu gehen. An Land trainiere sie Ausdauer und Koordination. Gerade als Frau muss sie sich oftmals beweisen. Beispielsweise dann, wenn sie sich im Line-up befände – quasi in einer Schlange wartender Surfer, die möglichst nacheinander eine Welle reiten möchten: «Wenn ich eine Welle anpaddle, kommt es häufig vor, dass drei, vier Männer mit mir mitpaddeln, um mir die Welle wegzuschnappen», sagt Ehrenbold. «Sobald ich dann die Welle nehme, sind wohl nicht selten einige überrascht und denken: ‹Aha, die kann ja surfen.›»

Reist den Wellen nach: Alena Ehrenbold.

Reist den Wellen nach: Alena Ehrenbold.

(Bild: Thomas Bonder)

Schreibtischarbeit

Alena Ehrenbold jagt den Wellen nach. Sie surft in Frankreich, Indonesien und Hawaii, besucht ein Filmfestival in Kalifornien, reist für eine neue Kampagne nach Marokko. «Ich kann selten länger als zwei Wochen am selben Ort bleiben», so Ehrenbold. Um sich ihr Leben mit den vielen Reisen finanzieren zu können, ist sie auf Sponsoren angewiesen. Sie sitze viel am Schreibtisch, sei mit Organisieren beschäftigt, um diverse Aufträge, beispielsweise für Vorträge und Shootings, zu koordinieren.

«Ich weiss nie, was morgen kommt», sagt Ehrenbold. Manchmal vermisse sie das «Vorhersehbare» des Alltags, dass sie zuvor als Lehrerin gehabt habe. Doch dafür werde es bei ihr nie langweilig.

Wieder zurück zum Alltag?

Dieses Wochenende ist Ehrenbold für einmal wieder in Luzern. Sie freue sich auf das Hahnenwasser, Vollkornbrot und eine Bratwurst. Obwohl Surfen eine der Sportarten ist, denen man auch im späten Alter noch nachgehen kann, schliesst sie es nicht aus, dass sie eines Tages ihr Leben wieder komplett umstellen wird: «Ich kann mir gut vorstellen, eines Tages ins Klassenzimmer zurückzukehren.»

Zurzeit ist sie mit dem Schreiben eines neuen Filmskripts beschäftigt. Bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio, wo Surfen zum ersten Mal als olympische Disziplin ausgetragen wird, wird die Schweiz nicht vertreten sein. Durch das Wegfallen der Länderquote sei es unmöglich, sich zu qualifizieren, so Ehrenbold. Weltweit werden nur 20 Surfer und 20 Surferinnen genommen. «Vielleicht klappt es ja 2024 für einen Schweizer Surfer», hofft Ehrenbold.

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