Kein Erfolg in Zürich

Spartickets sollen für mehr Platz im Zuger ÖV sorgen

Mit speziellen Sparbilletten soll der Pendlerverkehr entlastet werden.

Die Idee klingt vernünftig: Mit finanziellen Anreizen wollen Zuger Politiker ÖV-Pendlerinnen dazu bringen, Züge und Busse in Randzeiten zu nutzen. Ein Beispiel aus Zürich dämpft die Hoffnungen jedoch.

07:30 Uhr in der S-Bahn von Zug nach Rotkreuz. Es herrscht ein regelrechtes «Gschtungg». Angenehm sind diese Fahrten nicht, erst recht nicht, wenn da noch eine Pandemie über unseren Köpfen herumschwebt. Zugegeben, etwas weniger sardinenbüchsig geht es derzeit in den öffentlichen Verkehrsmitteln im Kanton Zug her. Doch das dürfte sich mit der zunehmenden Rückkehr ins Büro ändern.

Es ist ein Umstand, den mehrere Zuger Politikerinnen ändern möchten. Neben den alternativ-grünen Kantonsräten Luzian Franzini, Ivo Egger und der Parlamentarierin Hanni Schriber-Neiger setzt sich auch der CVP-Kantonsrat Benny Elsener dafür ein, dass man diese sogenannten Verkehrsspitzen im Zuger Tarifverbund bricht. In einem Postulat bitten sie den Regierungsrat zu prüfen, ob im Tarifverbund Zug Sparbillette möglich wären.

Franzini erklärt: «Wir haben noch immer massiv überlastete Züge zu Hauptzeiten. Dies obwohl es durch flexible Arbeitszeiten durchaus möglich wäre, den Verkehr besser über den Tag zu verteilen. Dafür bräuchte es jedoch die richtigen Anreize.»

Luzian Franzini wünscht sich Sparbillette im Zuger öV. (Bild: zvg)

Franzini weiter: «Die Pandemie hat zudem unser Mobilitätsverhalten respektive den sogenannten Modalsplit verändert. Das heisst: Es haben Umverlagerungen stattgefunden. Menschen, die früher täglich mit der S-Bahn gefahren sind, sind womöglich aufs Auto umgesattelt. Andere gehen eher zu Fuss, da sie den Bus meiden.» Eine Entwicklung, welche in der Angst gründe, sich im öffentlichen Verkehr anzustecken. «Dennoch ist es sehr entscheidend, dass diese ehemaligen ÖV-Nutzer zurückkehren, respektive die Attraktivität der öffentlichen Verkehrsmittel gegenüber dem Auto erhöht werden kann.»

Millionen von öV-Kunden, nur wegen der Rabatte

«Eine schweizweite Statistik der SBB zeigt, dass knapp jedes vierte Sparbillett eine Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr auf den ÖV bewirkt, was aus ökologischer Sicht sehr zu begrüssen ist», so liest man im Postulat. Im Jahr 2019 hätten rund drei Millionen Kunden die Fahrt mit der Bahn nur dank des Rabatts unternommen und 1,5 Millionen Kunden hätten auf schwach ausgelastete Züge gewechselt, wie es dem Geschäftsbericht der SBB zu entnehmen ist.

Mit der Idee der Sparbillette erfinden die vier Politiker das Rad demnach nicht neu. Auch in der Zentralschweiz wurde sie schon umgesetzt. Diesen Juli hat der Tarifverbund Passpartout, welcher die Kantone Luzern, Unter- und Obwalden einschliesst, auf sechs Strecken Sparbillette eingeführt.

Aufgrund von Ferienabwesenheiten kann man bei Passepartout noch nicht sagen, inwiefern sich die neuen Spartickets bisher bewährt haben und wie oft sie genützt werden.

Regierung soll 9-Uhr-Abo prüfen

«Ein anderer Aspekt, den der Regierungsrat prüfen soll, ist die Umsetzung eines 9-Uhr-Abonnements, so wie es der Zürcher Verkehrsverbund bereits seit Längerem kennt», sagt Franzini. Mit diesem könnten Menschen nach 9 Uhr morgens und bis vor der abendlichen Rush Hour vergünstigt reisen.

Allein bei den Zugerland Verkehrsbetrieben (ZVB) spannen mit den SBB, den ZVB, der Zuger- und der Ägerisee-Schifffahrt, den SOB sowie der Auto AG Schwyz mehrere Player zusammen. Das klingt, als dürfte die Erarbeitung eines entsprechenden Angebots kompliziert werden. Eine entsprechende Anfrage bei den Zugerland Verkehrsbetrieben bleibt jedoch unbeantwortet. Man wolle aktuell aufgrund des hängigen Postulats noch keine Aussagen zur Möglichkeit von Spartickets machen.

Zürcher 9-Uhr-Pass ist nicht über alle Zweifel erhaben

Beim Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) kennt man den 9-Uhr-Pass schon seit 24 Jahren. Die Hoffnungen der Zuger Postulantinnen, mit diesem Werkzeug Verkehrsspitzen abschwächen zu können, dürften durch die Aussagen des zuständigen Medienverantwortlichen jedoch einen Dämpfer erleiden. Thomas Kellenberger sagt nämlich: «Bei der Einführung des 9-Uhr-Passes erhielten die Nutzerinnen und Nutzer bis zu 50 Prozent Rabatt. Dennoch führte das Angebot nur zu einer schwachen Verlagerungswirkung, wie wir später feststellen mussten.» Die grösste Wirkung habe man damals einmalig nach der Einführung erzielt. Anschliessend habe sich das Angebot im Falle des ZVV im Rahmen der regulären Nachfragezunahme entwickelt. 

Kellenberger gibt weiter zu bedenken: «Klar ist dieses Angebot insbesondere für Freizeitreisende attraktiv. Doch ist anzunehmen, dass wir damit mitunter unsere eigenen Einnahmen kannibalisieren, welche wir ohne den 9-Uhr-Pass gehabt hätten. Insbesondere, wenn wir damit öV-Nutzer ansprechen, die sowieso unterwegs sind und nicht unbedingt neue Nutzer.»

Was hat Corona mit dem Angebot gemacht? Der Mediensprecher sagt: «Zwar stecken wir in einer besonderen Zeit, aktuelle Nutzungszahlen weisen jedoch darauf hin, dass der 9-Uhr-Pass dennoch nicht stärker genutzt wird. Woran das liegt, können wir nicht sagen.» Es sei jedoch anzunehmen, dass ein Teil der Pendler schlicht nicht so flexibel reisen könne.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Samuel Studer
    Samuel Studer, 18.08.2021, 14:08 Uhr

    Es liegt an der Maskenpflicht. Wenn die Maske fällt, nehme ich wieder den ÖV. Jetzt bin ich mit dem Auto unterwegs. Angenehm, so ohne Maskenzwang ! Ich rate jedem Noch-ÖV-Nutzer, das Auto mal auszuprobieren.

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