Budgetberatung kommt weg, Schuldenberatung bleibt

Sparen bei finanziell Gebeutelten? Zuger Regierung besinnt sich eines Besseren

Wenn nichts im Portemonnaie übrig ist, empfielt sich eine Budgetberatung. (Bild: Fotolia)

Laut dem Zuger Entlastungspaket «Finanzen 2019» will die Regierung Budget- und Schuldenberatung wegstreichen. Den eigenen Finanzhaushalt aufpolieren mit dem Risiko, dass die Schulden Privater dadurch steigen? Diese Rechnung geht auf mehreren Ebenen nicht auf. Das hat nun auch die Regierung selbst gemerkt und lenkt – zumindest teilweise – ein.

Es weht ein eisiger Sparwind in Zug. Im Rahmen von Finanzen 2019 wollte die Zuger Regierung deshalb nicht nur die von der Zuger Frauenzentrale angebotene Budgetberatung abschaffen, sondern auch die Schuldenberatung der Organisation Triangel aus ihrem Leistungsauftrag rausstreichen.

Markus Noser, Leiter Beratung und Prävention bei der Frauenzentrale, ist ob dieser finsteren Aussichten gar nicht erfreut. Es sind 115’000 Franken, welche die Regierung in seinem Fachbereich einsparen will. Dies mittels Streichung des entsprechenden Leistungsauftrags. «In der Schweiz gibt es ein privates Schuldenvolumen von acht bis zehn Milliarden. Da wäre Prävention in Form einer Budgetberatung enorm wichtig», so Noser.

«Bei Präventionsmassnahmen ist es ja immer dasselbe: Eine Wirkung lässt sich in Zahlen schwer festhalten.»

Markus Noser, Leiter Beratung und Prävention bei der Zuger Frauenzentrale

Für Noser ist klar: «Damit folgt der Kanton Zug einem schweizweiten Trend. Die Solidarität im Land nimmt ab, man spart auf den Schultern der Schwachen. Es ist ein tristes Bild, das sich da abzeichnet.» Unschwer lässt sich erkennen, dass der Leiter des Fachbereichs Beratung und Prävention gar nicht angetan ist von der angedrohten Sparmassnahme: «Die Budgetberatung ist eine Möglichkeit für Einkommensschwache, etwa alleinerziehende Frauen oder Menschen in Trennungssituationen, wie sie ihre finanzielle Situation meistern können.» Falle diese Beratung weg, steige das Risiko, dass Menschen Sozialdienste in Anspruch nehmen müssen. Und auch die stünden laut Noser immer mehr unter Druck.

Die Krux: Prävention lässt sich nicht messen

Die Frauenzentrale übernehme also eine Schuldenprävention. «Nur ist es bei Präventionsmassnahmen ja immer dasselbe: Eine Wirkung lässt sich in Zahlen schwer festhalten», so Noser.

Und was passiert jetzt? Fällt das Angebot ganz weg oder gibt es andere Wege? Noser sagt: «Die Frauenzentrale hat sehr beschränkte Mittel. Klar gibt es im Vorstand die Diskussion, ob man die Gelder für die Budgetberatung intern generieren könnte. Zugleich müssen wir uns aber auch auf die Leistungsvereinbarungen konzentrieren, die wir noch haben.»

Die Budgetberatung der Zuger Frauenzentrale gibt es seit 1981, klärt uns Noser auf. «Sie soll die finanzielle Handlungskompetenz der Zuger Bevölkerung stärken und der Volksverschuldung präventiv entgegenwirken. Der Staat sah ein, dass diesbezüglich eine Notwendigkeit besteht», erklärt er. «Davor waren es insbesondere die Landeskirchen, die dafür aufkamen. Nun also gehen wir den umgekehrten Weg», sagt er. Noser spricht damit die Schuldenberatung der Organisation Triangel an, welche, gleich wie die Frauenzentrale, mit einem Leistungsauftrag betraut ist. Auch dieser hätte per 2020 wegfallen sollen. Hätte die Regierung nun nicht doch noch eingelenkt. Dazu jedoch später.

Zuerst Aufgabe der Kirche, dann des Staats und nun wieder der Kirche?

Die Zuger Beratungsstelle Triangel hat sich auf verschiedene Beratungsangebote spezialisiert. So bietet sie unter anderem die einzige Schuldenberatung im Kanton Zug an. Weil die Organisation der reformierten Kirche angegliedert ist, stand aufgrund der drohenden Sparmassnahmen zur Debatte, dass die Kirche den anfallenden Betrag übernehmen würde. «Schlicht, weil die Schuldenberatung zu wichtig ist, als dass man sie einfach so streichen könnte», erklärt der Stellenleiter André Widmer.

«Es stimmt bei weitem nicht, dass diese Leute nur darum Schulden haben, weil sie zu faul seien, um zu arbeiten.»

André Widmer, Leiter der Schuldenberatung Triangel

Er sagt: «Der Kanton würde sich ins eigene Fleisch schneiden, wenn er die Schuldenberatung streichen würde. Es gibt Studien, die besagen, dass pro 150’000 Franken Schulden von Privaten, 450’000 Franken auf den Kanton zurückfallen.» Der Schuldenberater erklärt, dass durch die Schuldenlast der Zuger häufig auch die Krankenkassen- und Steuerrechnungen unbezahlt blieben. «Beides sind Posten, die letztlich vom Kanton getragen werden müssen. Dieser dürfte also grosses Interesse daran haben, dass Privatleute keine Schulden haben.»

Wie, in Zug gibt es Menschen mit Schulden?

Leute mit Schulden in Zug? Das passt so gar nicht ins Bild, das man vom wohlhabenden Kanton hat. «Und ob», widerspricht Widmer, «in Zug haben wir bei der Schuldenberatung jährlich um die 100 Neuanmeldungen. Die häufigsten Gründe? Arbeitslosigkeit, Scheidung, und auch hierzulande gibt es Working Poor.» Also Menschen, die zwar eine Vollzeitstelle haben, damit aber nicht genügend Lohn generieren, um ihre Familien durchzubringen. «Es stimmt bei weitem nicht, dass diese Leute, nur darum Schulden haben, weil sie zu faul seien, um zu arbeiten», sagt Widmer.

André Widmer und sein Team können nun jedoch aufatmen. Denn gerade erst hat der Zuger Regierungrat doch noch eingelenkt. «Wir haben beschlossen, den Leistungsauftrag mit der Schuldenberatung Triangel weiterzuführen», sagt der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler auf Anfrage von zentralplus.

Vielleicht weil er letztlich doch realisiert hat, dass auf dem Ast, an dem die Regierung da voller Inbrunst gesägt hat, nicht nur die finanziell Benachteiligten, sondern auch der Kanton selber sass.

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