Vorstoss in der Stadt Luzern fordert Anreizsystem

SP-Politiker fordert: «Belohnt Junge ohne Fahrausweis»

Oftmals arg verstopft. Der Autoverkehr ist SP-Parlamentarier Mario Stübi ein Dorn im Auge.

(Bild: les)

SP-Grossstadtrat Mario Stübi verlangt, dass Junge, die nicht sofort «das Billett» machen, belohnt werden. Etwa mit Restaurantgutscheinen oder Mehrfahrtenkarten im öV. Der Vorstoss eckt bei den Bürgerlichen an. Stübi hält entgegen, dass niemand benachteiligt werde.

SP-Grossstadtrat Mario Stübi hat klare Vorstellungen der städtischen Verkehrspolitik. Es gelte, das Velo und den öV zu fördern, das Auto sei ein Störfaktor im Stadtverkehr. Die Begründung: «Das Auto raubt viel Platz auf den Strassen und belastet die Umwelt. Wer mit dem Velo unterwegs ist, tut zusätzlich etwas für seine Gesundheit», sagt Stübi.

Deshalb hat der SP-Parlamentarier nun einen Vorstoss eingereicht, der Jungen den Verzicht auf das Billett schmackhaft machen soll. «Wer nie Autofahren gelernt hat, vermisst es auch nicht», argumentiert Stübi. «Günstiger, als das Mobilitätsverhalten nachträglich zu ändern, wäre es, unerwünschtes Verhalten gar nie entstehen zu lassen.» Die Stadt Luzern würde damit mit dem Trend gehen. Gemäss dem Bundesamt für Statistik sei der Anteil von 18- bis 24-Jährigen mit Fahrausweis in den letzten 20 Jahren bereits von 71 auf 61 Prozent gesunken.

«Der Vorstoss nimmt ganz klar das Auto ins Visier und stellt die Autofahrer als böse dar.»

Fabian Reinhard, FDP-Präsident

Die SP-Fraktion steht nicht geschlossen hinter dem Vorstoss, deshalb hat Stübi ihn unter seinem Namen eingereicht. Er verlangt vom Stadtrat konkret, dass dieser ein einfaches Anreizsystem prüft, damit Personen ohne Fahrausweis so lange wie möglich auf die Absolvierung der Fahrprüfung verzichten. Ihm schwebt etwa ein Steuerabzug für Fahrausweislosigkeit, kostenlose Nutzung der Velostation, Mehrfahrtenkarten für den öV oder Konsumations- und Einkaufsgutscheine für die lokale Gastronomie und das Gewerbe als Dankeschön vor.

Mario Stübi am Bundesplatz. 

Mario Stübi am Bundesplatz. 

(Bild: les)

Berufstätige sind aufs Billett angewiesen

Bei den Bürgerlichen beisst Stübi mit seinem Vorschlag auf Granit. CVP-Präsidentin Andrea Gmür sagt: «Ich halte gar nichts davon. Das ergäbe nur unnötige Mitnahmeeffekte. Der Staat muss nicht immer eingreifen.» Zudem sei Autofahren auch ein Teil der Allgemeinbildung. «In vielen Berufen gilt das Billett als Voraussetzung.» Der Nationalrätin sind die Absichten hinter dem Vorschlag schleierhaft. «Derzeit schiessen praktisch alle links-grünen Vorstösse über das Ziel hinaus», findet Gmür. 

Auch FDP-Präsident Fabian Reinhard ist kritisch: «Der Vorstoss nimmt ganz klar das Auto ins Visier und stellt die Autofahrer als böse dar. Als Liberaler wehre ich mich dagegen, die Leute umzuerziehen.» Reinhard sieht darüber hinaus grosse Probleme in der Umsetzung. «Es müsste einen Datenabgleich zwischen der Stadt und dem Strassenverkehrsamt geben.» Es würden sich Fragen des Datenschutzes, aber auch der Kontrolle stellen. 

Immerhin sei ein Anreizsystem besser als ein Verbot, erklärt Reinhard – äussert jedoch Zweifel, ob der Vorstoss wirklich die Verkehrsprobleme der Stadt zu lösen vermag. «Um Staus zu vermeiden, müssen wir die Verkehrsverteilung zu den Stosszeiten besser steuern.» Ausserdem wären nur die Stadtluzerner Autofahrer betroffen, Bewohner aus anderen Gemeinden würden genau gleich in die Stadt fahren können.

 «Ich will niemandem das Autofahren verbieten.»

Mario Stübi, SP-Parlamentarier

Peter With, Präsident der städtischen SVP, sagt: «Die Mobilität wird ja nicht durch den Führerschein erhöht, sondern durch den Kauf eines Autos.» Er stuft die Forderung als «mehr als kontraproduktiv» ein. «Gerade im Gewerbe ist es notwendig, dass die Angestellten mit den Firmenautos fahren können.» With sieht weitere positive Aspekte des Führerscheins: «Dieser setzt auch den Besuch eines Nothelferkurses voraus, das kann im Notfall Leben retten.» Zudem fördere die Verkehrskunde das Bewusstsein für das Funktionieren des Strassenverkehrs. «Das schafft auch mehr Sicherheit für Radfahrer und Fussgänger.»

Luzern als Pionier? 

Stübi hält entgegen: «Ich will niemandem das Autofahren verbieten. Wer das Billett machen will oder aus beruflichen Gründen darauf angewiesen ist, könnte dies weiterhin tun.» Ihm gehe es darum, alle anderen zu belohnen. Dass die Vorschläge des Anreizsystems nicht bis ins Detail ausgereift sind, bestreitet er nicht. «Ich wollte konkrete Vorschläge machen und nicht einfach den Stadtrat damit beauftragen, ein System auszuarbeiten.» 

Auf die Frage, ob die hohen Kosten für die Autoprüfung nicht bereits genug negative Anreize darstellen, antwortet Stübi: «Tatsächlich kostet die Autoprüfung viel. Aber nochmals: Der Vorstoss setzt gar nicht bei den Autofahrern an, sondern bei der Fahrausweislosigkeit.» Es werde also gar niemand benachteiligt.

Stübi sind keine Städte bekannt, die ein solches Regime kennen. «Luzern könnte hier eine Vorreiterrolle einnehmen – irgendwo müssen wir ja ansetzen.» Er sieht den Vorschlag als Teil einer Lösung der Luzerner Verkehrsprobleme. «Es ist völlig klar, dass es weitere Massnahmen braucht, insbesondere bei der Förderung des Velo- und des öffentlichen Verkehrs.» Dass der Vorstoss nicht von der ganzen SP mitgetragen wird, sieht Stübi locker. «Es ist eine Idee. Wenn das Parlament diese verwirft, habe ich damit absolut kein Problem.»

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