Shuttle-Bus, öV-Bonus, Home Office, Autoverbot

So wollen Zuger Firmen Staus verhindern

Pendler, die morgens nach Zug an ihren Arbeitsplatz mit dem Auto fahren, produzieren Staus: Nun denken auch die Firmen um.

(Bild: woz)

Es staut jeden Tag in Zug: morgens und abends, wenn die Pendler mit ihren Autos von ausserhalb ins Zugerland strömen. Doch nicht nur die Politik sucht händeringend nach neuen Entlastungskonzepten. Auch Firmen haben nachgedacht – und inzwischen unterschiedliche Lösungen entwickelt.

In Rotkreuz braucht’s in Zukunft zwei neue Autobahnhalbanschlüsse und einen Bypass am Forren-Kreisel – um der täglichen Staus Herr zu werden, die Pendler verursachen. Allein rund 3’000 Autos drehen sich zu Spitzenzeiten in besagtem Kreisverkehr. Wahnsinn! (zentralplus berichtete)

Die Roche Diagnostics International AG mit ihren rund 2’600 Mitarbeitern gehört dabei ebenfalls zu den morgendlichen und abendlichen Stauproduzenten. Doch der Pharmakonzern hat sich etwas einfallen lassen, um mitzuhelfen, Staus zu vermeiden.

Die Firma hat nämlich ein Autoverbot für ihre Mitarbeiter verhängt, die bis zu 35 Minuten vom Unternehmen in Rotkreuz entfernt wohnen. Will heissen: Wer sich innerhalb dieses Zeitfensters befindet, muss auf den öffentlichen Verkehr (öV) ausweichen.

«Das Konzept ist grundsätzlich gut angenommen worden.»

Karin Freyenmuth, Leiterin Kommunikation bei Roche Diagnostics

Karin Freyenmuth, Leiterin Kommunikation bei Roche, versichert: «Das Konzept ist grundsätzlich gut angenommen worden von unseren Mitarbeitenden.» Natürlich habe es auch negative Stimmen gegeben, aber weniger als erwartet. «Die meisten haben verstanden, dass ein neues Mobilitätskonzept nötig war, und konnten sich damit anfreunden, da es eine faire Lösung für alle bietet.»

Bonus von 40 Franken

Konkret heisst das: Seit dem 3. Oktober 2016 wird nicht mehr jedem Mitarbeitenden ein Parkplatz zur Verfügung gestellt. Freyenmuth: «Das betrifft alle, die den Standort mit öffentlichen Verkehrsmitteln in weniger als 35 Minuten erreichen – inklusive Fusswege. Wer nicht mehr mit dem Auto kommen darf oder von sich aus auf einen Parkplatz verzichtet, bekommt automatisch monatlich einen Mobilitätsbonus von 40 Franken mit dem Salär überwiesen.»

Mitarbeitende, die einen Parkplatz in Anspruch nehmen, zahlen ausnahmslos eine Parkgebühr in Höhe von 45 Franken im Monat. Solche, die eigentlich keine Parkberechtigung mehr haben, dürfen weiterhin bis zu fünf Mal im Monat einen Parkplatz nutzen, ohne Gebühren zu zahlen.​ «Sie erhalten dann nach der vierten Einfahrt eine Nachricht mit dem Hinweis, dass nur mehr eine Einfahrt verbleibt», so Freyenmuth, «bis ihr Kontingent ausgeschöpft ist.»

800 Autos weniger auf dem Parkplatz

Ganz schön streng. Doch das neue Mobilitätskonzept von Roche zahlt sich offenbar aus. Denn die Anzahl berechtigter Autofahrer wurde um 32 Prozent verringert, was 800 Personen bzw. Autos entspricht. Das bedeutet: Vor dem Konzept gab es 2’500 Parkberechtigte am Standort, danach noch 1’700.

Und: Vor der Einführung des neuen Konzepts fuhren 53 Prozent der Roche-Mitarbeitenden mit dem Auto und nur 33 Prozent mit dem öV. Und lediglich sieben Prozent kamen mit dem Velo angeradelt. Dieses Zahlenverhältnis wird sich nun wohl deutlich ändern. Neue Erhebungen gibt es von Roche noch nicht.

Am besten gleich gar nicht ins Büro kommen: Hier bei Siemens gibts flexible Arbeitszeiten. Und man kann von zuhause arbeiten – dann steht man erst gar nicht im Stau.

Am besten gleich gar nicht ins Büro kommen: Hier bei Siemens gibt’s flexible Arbeitszeiten. Und man kann von zu Hause arbeiten – dann steht man erst gar nicht im Stau.

(Bild: woz)

So weit so gut – was dieses fortschrittliche Mobilitätskonzept von Roche in Rotkreuz betrifft. Doch wie engagieren sich andere Firmen in Zug in Sachen Stauentlastung während des Berufsverkehrs?

«Die Siemens Schweiz AG fördert flexible Arbeitszeiten, um die Rush Hours zu umgehen.»

Catharina Bujnoch-Gross, Siemens Building Technologies, Zug

Bei Siemens in Zug wird vor allem auf flexible Arbeitszeiten gesetzt. Das Zauberwort lautet Home Office. Dann müssen manche Mitarbeitende sich nämlich gar nicht erst ins Auto setzen und im Stau stehen.

«Die Siemens Schweiz AG fördert flexible Arbeitsmodelle für ihre Mitarbeitenden. Dazu gehört unter anderem die Möglichkeit, zeit- und ortsunabhängig zu arbeiten, sofern sich die individuelle Tätigkeit dafür eignet», erklärt Catharina Bujnoch-Gross, Senior Press Officer der Siemens Building Technologies Division in Zug.

Keine Kernzeiten bei Siemens

Statt ins Büro zu pendeln, könne nach Absprache im Home Office gearbeitet werden. Und Kernzeiten gebe es bei Siemens grundsätzlich nicht. «Beide Massnahmen helfen unseren Mitarbeitenden, die Rush Hours zu umgehen», so Bujnoch-Gross. Zum Umstieg von Auto oder öV aufs Velo ermuntere die Siemens-Mitarbeitenden zudem das Zuger «Bike to Work»-Programm.

«Glencore betreibt einen Shuttle-Service von der Firma ins Zentrum von Zug und zurück.»

Charles Watenphul, Glencore-Sprecher

Und wie sieht es beispielsweise bei Glencore in Baar aus? Es wird ja immer wieder kolportiert, dort parkierten in der Tiefgarage Porsche Cayennes, Maseratis und Ferraris en masse. Doch das ist nur ein Mythos, wie Pressesprecher Charles Watenphul dementiert. Denn viele Rohstoffhändler fahren offensichtlich ganz unspektakulär, stau- und umweltbewusst mit dem Bus. Und zwar mit eigenen Glencore Shuttle-Bussen. Genial.

Mit diesen silbernen Shuttlebussen werden Glencore-Mitarbeiter vom Bahnhof Zug zur Firma in Baar kutschiert.

Mit diesen silbernen Shuttlebussen werden Glencore-Mitarbeiter vom Bahnhof Zug zur Firma in Baar kutschiert.

(Bild: woz)

«Glencore betreibt den Shuttle-Service von der Firma ins Zentrum von Zug und zurück», sagt Watenphul. Dieser Service sei vor Jahren eingeführt worden, nachdem die ehemalige Marc-Rich-Firma vom Glashof am Bahnhof nach Baar umgezogen sei. «Dadurch kommen viele Glencore-Mitarbeitende nun mit dem Zug nach Zug.»

Zu Fuss statt mit Ferrari

Nicht schlecht. Was früher quasi als exklusiver Gratisservice für Glencore-Mitarbeitende in Gestalt der gemütlich wirkenden, silbernen Mercedes-Busse eingeführt worden war, entpuppt sich nun plötzlich als ökologische, stauentlastende Massnahme. Zudem gibt es noch finanzielle Unterstützung für Glencorianer, die mit dem öV fahren, so Watenphul. Wie viel genau, wird nicht verraten.

Und wie kommt er selbst zur Arbeit? «Ich gehe zu Fuss», sagt Watenphul. Ferraris also Fehlanzeige. Fast.

Beim Zuger Waschmaschinen-Giganten V-Zug kommt gleich ein ganzes «Vollwaschprogramm» an Massnahmen zum Tragen – was das firmeneigene Mobilitätskonzept betrifft. «Mitarbeitenden mit Wohnsitz Zug oder aus den angrenzenden Gemeinden, wie zum Beispiel aus Steinhausen und Baar, werden keine Parkplätze zur Verfügung gestellt. Diese sind aufgefordert, mit dem öV oder zweirädig zur Arbeit zu kommen», sagt Rolf Jenni, Leiter Human Resources, bei V-Zug.

An- und Heimfahrt selbst bestimmen

«Zudem haben wir bei V-Zug ein flexibles Arbeitszeitsystem. Viele Mitarbeitende, mit Ausnahme der Schichtarbeiter etwa, verfügen dadurch über eine überdurchschnittliche Arbeitszeitautonomie und können so An- und Heimfahrt flexibel bestimmen», so Jenni.

Und das ist noch nicht alles beim Zuger Traditionsunternehmen. Eine Arbeitsgruppe «Mobilität» erarbeite nämlich zurzeit, erklärt der HR-Chef, im Auftrag der Unternehmensleitung neue und flexiblere Rahmenbedingungen und Anreizsysteme zur Entlastung des motorisierten Individualverkehrs. Diese sollen dann ab Herbst in eine Pilotphase gehen.

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