Grüne prüfen Initiative zu Öffentlichkeitsprinzip

So will Luzern das angeknackste Vertrauen in die Politik wieder stärken

Die Luzerner Regierung (von links): Paul Winiker, Reto Wyss, Guido Graf, Fabian Peter, Marcel Schwerzmann.

Die Polarisierung und die Sparübungen haben viel zum Vertrauensverlust in der Luzerner Politik beigetragen. Das zeigt eine neue Analyse. Der Regierungsrat will mit punktuellen Anpassungen Gegensteuer geben. Beim freien Zugang zu Dokumenten der Verwaltung müssen hingegen andere aufs Gaspedal drücken.

Wie steht es um die politische Kultur und Zusammenarbeit im Kanton Luzern? Nicht besonders gut – dieser Eindruck entstand zumindest in der Vergangenheit. Im Mai 2017 lehnte die Bevölkerung eine Steuererhöhung ab, was den budgetlosen Zustand verlängerte. Eine Abstimmungsanalyse kam zum Schluss, dass die Bevölkerung damals ein Protestvotum abgesetzt hatte (zentralplus berichtete).

Unter den Sparübungen litt auch das Verhältnis zwischen den politischen Akteuren. Von einer konstruktiven Debattenkultur war im Kantonsrat zuweilen wenig zu spüren (zentralplus berichtete).

Dieser Tiefpunkt alarmierte auch den Kantonsrat: Er gab Ende 2017 grünes Licht für eine Überprüfung der politischen Kultur und Zusammenarbeit im Kanton. Nun legt die Regierung die Resultate in Form eines Planungsberichts vor.

Keine grundsätzlichen Mängel, aber ...

«Das Ergebnis der Evaluation ist eigentlich positiv: Aufgaben, Instrumente, Prozesse sind zweckmässig definiert», fasst Regierungspräsident Paul Winiker (SVP) zusammen. «Es werden keine grundsätzlichen Mängel festgestellt.» Dennoch gebe es auch Raum für Verbesserungen.

Die Analyse basiert auf einer externen Evaluation und einer Umfrage bei Kantonsräten, Regierungsrat und Verwaltung. «Als Hauptursachen für das beeinträchtigte Vertrauen erweisen sich die Polarisierung und der allgemeine Wandel des Politikstils sowie die Finanzlage des Kantons Luzern», heisst es im Bericht.

«Die schwierige finanzielle Lage und die Polarisierung waren massgeblich mitverantwortlich für die zuweilen als ruppig empfundene politische Kultur.»

Paul Winiker, Regierungspräsident

Auch die Medien, die heute stärker auf pointierte Äusserungen reagierten, sowie die Oppositionsrolle der Linken tragen laut Regierung ihren Anteil zum diffusen Unbehagen und einem «schrilleren Ton in der Politik» bei. «Wie die Evaluation aufgezeigt hat, waren die schwierige finanzielle Lage und die Polarisierung massgeblich mitverantwortlich für die zuweilen als ruppig empfundene politische Kultur», sagt Paul Winiker.

Der Regierungspräsident bestreitet aber, dass die Regierung die eigene Verantwortung damit auf andere abschiebe. «Dass externe Faktoren das politische Vertrauen beeinträchtigen, ist ein Ergebnis der Evaluation. Wir anerkennen dieses Ergebnis, was nicht damit zu verwechseln ist, dass wir uns dahinter verstecken würden.»

Wie die Regierung reagieren will

Denn der Regierungsrat versucht Gegensteuer zu geben. Er schlägt insgesamt 16 Massnahmen vor: So sollen zum Beispiel der Kantonsrat besser über geplante Gesetze und die Kommissionen breiter informiert werden. Ebenso ist geplant, die Gespräche im «Dulliker-Gremium» – bestehend aus Regierungsrat und Parteispitzen – zu stärken.

Zur Diskussion steht auch die Vertretung der Fraktionen in den Kommissionen: «Wenn alle Fraktionen in den Kommissionen vertreten sind, entstehen weniger Informationsdefizite und wir versprechen uns davon eine sachlichere Auseinandersetzung», erklärt Winiker an einem Beispiel den erhofften Effekt.

Er ist zuversichtlich, dass sich die Situation durch die Vorschläge verbessert. Nicht zuletzt deshalb, weil sich die äusseren Umstände verändert haben: Die Finanzlage ist inzwischen deutlich besser und die Wahlen vom letzten Frühling haben neue Mehrheiten geschaffen. «Dabei darf man aber nie vergessen, dass es zur Natur der Politik gehört, dass es zu teils schwierigen, kontroversen Diskussionen und Verteilkämpfen kommen kann.»

Öffentlichkeitsprinzip kommt wieder aufs Tapet

Von den meisten Massnahmen dürfte die Bevölkerung kaum etwas zu spüren bekommen. Eine Ausnahme stellt das Öffentlichkeitsprinzip dar. Luzern ist der letzte Kanton der Schweiz, der nach wie vor dem Prinzip der Geheimhaltung huldigt. Alle anderen haben inzwischen beschlossen, dass ihre Bürger auf Anfrage Einsicht in Dokumente verlangen können.

Der Bericht hält denn auch fest, dass «das Öffentlichkeitsprinzip zur Verbesserung des Vertrauens zwischen einzelnen Einwohnerinnen oder Einwohnern und der Verwaltung beitragen kann». Es könne zudem als politisches Signal verstanden werden und als Ausdruck des kantonalen Selbstverständnisses eine vertrauensfördernde Wirkung entfalten. «Die Ausnahmestellung Luzerns unter den Kantonen ist heute nur noch schwer begründbar», stellt der Regierungsrat klar.

«Eine direkte Demokratie braucht Zugang zu verlässlichen und unabhängigen Informationen.» 

Grüne Kanton Luzern

Gleichwohl gibt er sich zurückhaltend. «Wir signalisieren Bereitschaft, das Thema rasch wieder aufs Tapet zu bringen, sofern ein entsprechender Kantonsratsvorstoss dies verlangt», sagt Regierungsrat Paul Winiker. 2015 wollte der Regierungsrat das Öffentlichkeitsprinzip einführen, scheiterte aber im Kantonsrat. Ebenso erging es der SP mit einem neuen Anlauf 2018 (zentralplus berichtete). Winiker argumentiert, die Verantwortung liege deshalb beim Kantonsrat.

Doch klar ist: Der Druck steigt. Die Grünen kritisieren, dass die Filtrierung von Informationen durch die Behörden undemokratisch sei. «Eine direkte Demokratie braucht Zugang zu verlässlichen und unabhängigen Informationen», schreiben sie in einer Mitteilung. «Politik soll nicht in der Verwaltung und Entscheide unter Ausschluss der Öffentlichkeit gemacht werden.» Die Partei prüft deshalb – nebst der Durchsetzung im Kantonsrat – auch die Lancierung einer Volksinitiative, um dem Öffentlichkeitsprinzip zum Durchbruch zu verhelfen.

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