Kantone und Städte überarbeiten verstaubte Leitfäden

So steht’s um den Genderstern in Luzern und Zug

Der Genderstern ist ein Mittel zur geschlechtergerechten Sprache. (Bild: Adobe Stock)

Es ist das Streitthema schlechthin in der deutschen Sprache: der Genderstern. Die Meinungen darüber sind gespalten. Einig sind sich hingegen die öffentlichen Verwaltungen in Luzern und Zug. Weder Stadt noch Kanton halten etwas von der Verwendung. Dennoch ist die behördliche Sprache im Umbruch.

Das Thema der gendergerechten Sprache bewegt zunehmend. Mittendrin steht dabei die Diskussion rund um die Verwendung des Gendersterns. Er soll der Diversität der mit einem Begriff bezeichneten Personen gerecht werden. Aus Lehrer wird somit Lehrer*in und aus Köchen werden Köch*innen.

Damit werden auch jene Personen angesprochen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen. Der generische Maskulin (Lehrer) oder Doppelnennungen (Lehrer und Lehrerinnen) erfüllen dieses Kriterium nicht. Doch nicht allen passt diese neue Schreibweise in den Kram. Entsprechend ist in den letzten Monaten eine wilde Diskussion rund um den Genderstern entbrannt.

Befragung im April bringt keine Erkenntnisse

Bereits im April befragte zentralplus die Luzerner Verwaltung hinsichtlich der Verwendung des Gendersterns. Damals zeigte sich, dass weder die Stadt noch der Kanton diese Schreibweise anwenden, eine Überarbeitung finde statt. zentralplus fragt nach: Haben die Beamten die Sommermonate genutzt, um bei der geschlechtergerechten Sprache vorwärts zu machen?

Der aktuelle Sprachleitfaden des Kantons Luzern stammt nämlich aus dem Jahre 2007. Der städtische Sprachleitfaden aus dem Jahr 2009. Die Stadt Luzern verwies im April auf eine ausstehende Weisung des Bundes, an welcher man sich orientieren wolle.

Klare Position des Bundes

Die Bundeskanzlei gab Mitte Juni bekannt, dass in Texten des Bundes der Genderstern oder ähnliche Schreibweisen nicht verwendet werden. Die Bundeskanzlei begründet diesen Entscheid wie folgt: «Aus Sicht der Bundeskanzlei sind typografische Mittel wie der Genderstern nicht geeignet, um dem Anliegen einer geschlechtergerechten Sprache gerecht zu werden: Zum einen leisten sie nicht, was sie leisten sollten und zum anderen verursachen sie eine ganze Reihe von sprachlichen Problemen.»

Allerdings betrifft diese Empfehlung nur die Texte des Bundes und ist keine Vorgabe für die Kantone und Städte. Dennoch beeinflussen diese sprachlichen Richtlinien die Kommunikation der Behörden massgebend, wie die Nachfragen von zentralplus zeigen.

«Wo ein besonders gendersensibles Publikum angesprochen werden soll, ist die Verwendung des Gendersterns erlaubt.»

Andreas Töns, Leiter Kommunikation Kanton Luzern

So hat man bei der Stadt Luzern die Empfehlungen des Bundes zur Kenntnis genommen: «Wir werden nun unter Berücksichtigung der Weisung der Bundeskanzlei die zeitgemässe Kommunikation der Stadt Luzern überprüfen und anschliessend den Sprachleitfaden überarbeiten», sagt Simon Rimle, Leiter der Kommunikation bei der Stadt Luzern. Gemäss den Aussagen von Rimle ist nicht damit zu rechnen, dass die Stadt Luzern den Genderstern bald in die städtische Kommunikation integriert.

Auch die Überarbeitung des Sprachleitfadens des Kantons Luzern von 2007 ist noch nicht abgeschlossen, sagt Andreas Töns, Leiter Kommunikation. Aktuell schliesst der Kanton die Verwendung des Gendersterns aber nicht aus. «Wo ein besonders gendersensibles Publikum angesprochen werden soll, ist die Verwendung des Gendersterns erlaubt.»

Zum Beispiel im Luzerner Kantonsspital (LUKS), an dem der Kanton beteiligt ist. Ein Foto einer Leserreporterin zeigt, dass der Genderstern am LUKS teilweise, aber uneinheitlich verwendet wird.

Auf diesem Schild im Luzerner Kantonsspital wird der Genderstern im Titel verwendet, im Text jedoch nicht. (Bild: Leserreporter)

Offiziell ist die Verwendung des Gendersterns beim Kantonsspital allerdings nicht. Auch dort werden derzeit die Richtlinien für den Sprachgebrauch überdacht: «Die internen Empfehlungen zu gendergerechtem Sprachgebrauch beispielsweise auch bezüglich möglicher Verwendung des Gendersterns sind derzeit in Überarbeitung», so Markus von Rotz von der Kommunikationsabteilung des Luks.

Das Luks orientiert sich bei der Ausgestaltung der internen Empfehlungen am Sprachleitfaden des Kantons und der Hochschule Luzern. Letztere integriert den Genderstern für eine geschlechtergerechte Sprache, lässt es Mitarbeiterinnen und Studenten aber offen.

In Zug hat der Genderstern einen schweren Stand

Für die Stadt Zug ist die Verwendung des Gendersterns definitiv kein Thema. Kommunikationsleiter Dieter Müller erklärt, dass sich die Stadt Zug in ihrer Kommunikation an den Weisungen des Bundes orientiert. Die Stadt selbst hat keinen eigenen Sprachleitfaden.

Entsprechend sieht Zug wie der Bund von der Verwendung des Gendersterns ab. Stattdessen werden zur Berücksichtigung beider Geschlechter die Paarform oder geschlechtsneutrale Ausdrücke verwendet. Also beispielsweise die «Studentinnen und Studenten» oder neutral die «Studierenden».

«Die Rahmenbedingungen haben sich über 20 Jahre bewährt. Es gibt in Bezug auf den Sprachgebrauch für amtliche Texte keinen Handlungsbedarf.»

Tobias Moser, Landschreiber Kanton Zug

Auch in die Kommunikation des Kantons Zug hat der Genderstern bislang keinen Einzug gehalten. Tobias Moser, Landschreiber des Kanton Zug: «Die Rahmenbedingungen haben sich über 20 Jahre bewährt. Es gibt in Bezug auf den Sprachgebrauch für amtliche Texte keinen Handlungsbedarf.» Der Kanton orientiert sich an einem kantonalen Sprachleitfaden aus dem Jahr 1999. Dieser schreibt für amtliche Texte die Verwendung der Paarform vor. Aktualisierungsbedarf für diesen Leitfaden sieht der Kanton Zug nicht.

So gendert zentralplus

Auch uns ist es ein Anliegen, gendergerechte Sprache zu verwenden. zentralplus wechselt daher bei der Verwendung der Geschlechterform ab. Schreiben wir von den Bauingenieurinnen, sind es im nächsten Satz die Lehrer. Dies gilt unabhängig von Berufsfeldern oder Herkunftsbezeichnungen.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von G. Enderli
    G. Enderli, 18.08.2021, 20:54 Uhr

    Für Nebenwirkungen fragen Sie Ihre(n) A(Ä)rzt*in!

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  • Profilfoto von Sandra Klein
    Sandra Klein, 18.08.2021, 17:33 Uhr

    Fast zwei Drittel der Deutschen lehnen einer Umfrage zufolge eine gendergerechte Sprache ab. 65 Prozent der Bevölkerung halten nichts von einer stärkeren Berücksichtigung unterschiedlicher Geschlechter, wie eine Befragung von Infratest Dimap für die „Welt am Sonntag“ ergab. Im vergangenen Jahr lag die Ablehnung noch bei 56 Prozent.
    Das sagt doch eigentlich alles. In der Schweiz ist es kaum anders. Immer mehr sind dagegen, immer grösser werden die Bemühungen einer Minderheit, sich gegen den Willen durchzusetzen.

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  • Profilfoto von Dunning-Kruger
    Dunning-Kruger, 18.08.2021, 16:10 Uhr

    Der Bund hat klar festgehalten, warum er in den offiziellen Dokumenten keine Gendersterne oder Doppelpunkte o.ä. verwenden wird. Weil damit eine gesellschaftspolitische Strömung sublimiert und als alternativlos dargestellt wird, über die bisher kein Konsens vorherrscht. Dieses Bewusstsein sollten auch Kantone und Städte kultivieren.

    Einmal mehr bin ich der Meinung, dass in solch schicksalshaften Fragen erstmal das Volk konsultativ dazu befragt werden soll. Die Angst vor dem Resultat ist der Grund, warum dies nicht geschieht. Das liegt einfach auf der Hand und kann logisch gefolgert werden.

    Gendermainstreaming ist eine Ideologie, dogmatische Identitätspolitik, welche das Leben von Mehrheiten nach Vorstellungen einer krassen Minderheit umgestalten und umetikettieren will. Und dafür braucht es dann diese Massnahmen, um die Menschen umzuerziehen. Die Massenmedien werden also willfähriges Vehikel dafür genutzt, ja missbraucht. Denn: Sprachregulation ist immer ein Merkmal totalitärer Systeme. Kritik daran moralisch aufgeladen und ausdrücklich nicht erwünscht!

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