Luzern setzt auf neue Gutscheine und Anlaufstelle

So sollen ältere Menschen länger selbständig bleiben

Zufrieden und selbstbestimmt im Alter, das ist das Ziel der städtischen Alterspolitik.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Stadt Luzern stellt die Weichen für seine künftige Alterspolitik. Eine Massnahme sind Gutscheine für selbstbestimmtes Wohnen. Mit diesem Modell betritt die Stadt schweizweit Neuland. Für eine neue Anlaufstelle will der Stadtrat zudem jährlich 210’000 Franken ausgeben, sieht aber gleichzeitig Sparpotential.

Das Parlament hat die neue Alterspolitik vor einem Jahr gutgeheissen – nun geht’s an die Praxis. Der Luzerner Stadtrat setzt drei Schwerpunkte um: Er beantragt dem Parlament, eine «Anlaufstelle für Altersfragen» zu schaffen und das Pilotprojekt «Gutscheine für selbstbestimmtes Wohnen» zu testen.

Damit sollen ältere Menschen selbständiger leben können. Zudem will die Stadt als dritte Massnahme das «Netzwerk Alter Luzern» schaffen.

«Ältere Menschen sollen – wenn sie möchten – bis zum Lebensende in ihrer gewohnten Umgebung bleiben.»

Martin Merki, Luzerner Stadtrat

Die Stadt legt den Fokus auf Menschen über 80 Jahre, die noch zuhause wohnen und über wenig Einkommen und Vermögen verfügen. Die Lebensqualität dieser Menschen soll sich verbessern, Hintergrund sind die demografische Entwicklung und die damit verbundenen gesellschaftlichen und insbesondere die finanziellen Herausforderungen. Die Stadt Luzern gibt jährlich über 65 Millionen Franken für den Alters- und Pflegebereich aus.

Einen wichtigen Beitrag an das selbstbestimmte Wohnen im Alter würden Information, Beratung und Prävention leisten, teilt die Stadt am Montag mit. «Das Wohnen zuhause entspricht dem Wunsch der grossen Mehrheit – rund die Hälfte aller über 90-Jährigen lebt noch zuhause.»

Eine neutrale Anlaufstelle

Die städtische Anlaufstelle für Altersfragen soll unabhängig und neutral Auskünfte zu Altersfragen geben. Der Fokus soll auf selbstbestimmtem Wohnen im Alter liegen. «Unser Ziel ist es, dass ältere Menschen – wenn sie möchten – bis zum Lebensende in ihrer gewohnten Umgebung wohnen bleiben können», sagt Sozialdirektor Martin Merki.

Die Anlaufstelle informiert und vermittelt, leistet Früherkennung und Prävention und wird eng mit der Spitex Stadt Luzern und mit Vicino Luzern zusammenarbeiten.

«Wichtig ist, dass der älteren Bevölkerung und ihren Angehörigen eine neutrale und unabhängige Beratung zur Verfügung steht.»

Paolo Hendry, Leiter Dienstabteilung Alter und Gesundheit

Das Angebot mit 200 Stellenprozenten wird 210’000 Franken pro Jahr kosten. Demgegenüber sieht die Stadt laut einer Machbarkeitsstudie aber auch «erhebliches Einsparpotenzial»: Wenn sich der Heimeintritt von 23 Personen um ein Jahr verzögert, können alleine bei den Ergänzungsleistungen bis zu 100’000 Franken gespart werden.

«Wichtig ist aber vor allem, dass der älteren Bevölkerung und ihren Angehörigen eine neutrale und unabhängige Beratung zur Verfügung steht – genau dies können wir mit der städtischen Anlaufstelle bieten», erklärt Paolo Hendry, Leiter der Dienstabteilung Alter und Gesundheit.

Insgesamt beantragt der Stadtrat beim Parlament für den Aufbau der Anlaufstelle einen Kredit von 2,14 Millionen Franken – das sind die wiederkehrenden Kosten auf zehn Jahre gerechnet.

Gutscheine wie in der Kinderbetreuung

In der externen Kinderbetreuung hat sich das System der Gutscheine bewährt, nun soll es auch für Leistungen im Altersbereich getestet werden. Es geht dabei um nicht-pflegerische Leistungen wie Unterstützung im Haushalt, beim Einkaufen oder bei baulichen Anpassungen an der Wohnung.

Die Stadt sieht Handlungsbedarf insbesondere bei Personen, die knapp keine Ergänzungsleistungen zur AHV/IV erhalten. «Diese Personen fahren nach einem Heimeintritt finanziell oft besser, da sie im Heim Anrecht auf Ergänzungsleistungen haben und zuhause nicht – was einen gravierenden Fehlanreiz darstellt», schreibt der Stadtrat.

Eine weitere Zielgruppe des Gutschein-Projekts stellen die pflegenden Angehörigen dar. Sie sollen mit dem Gutscheinsystem Beiträge an Entlastungsmassnahmen erhalten, wie beispielsweise unterstützende Hilfsmittel oder kurzzeitige Ersatzbetreuung.

Ein neues Pilotprojekt

Das schweizweit neuartige Pilotprojekt soll 2018 starten, drei Jahre dauern und wissenschaftlich evaluiert werden. Der Stadtrat rechnet mit jährlichen Kosten von 150’000 Franken. Bei erfolgreicher Wirkung können auch hier höhere Folgekosten verringert oder sogar vermieden werden.

Mit dem «Netzwerk Alter Luzern» schliesslich möchte die Stadt Luzern die Kräfte im Alters- und Pflegebereich bündeln und die Zusammenarbeit fördern. Die Stadt will dabei die strategische Führung und die Koordinationsfunktion übernehmen.

Neben grossen Akteuren wie Pro Senectute, Spitex Stadt Luzern und Viva Luzern werden auch alle weiteren Institutionen aufgerufen, sich am Netzwerk zu beteiligen.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Helmfri
    Helmfri, 29.05.2017, 14:47 Uhr

    Die Investition in diesen Projekt finde ich super! Selbstbestimmtes Leben im Alter wird immer wichtiger, das sehen ich jeden Tag bei meiner Mutter, die mittlerweile auch von 78 ist.
    Toll das auch die Politik sich diesem Thema immer mehr annimmt und unterstützt. Das kommt bestimmt bei vielen sehr gut an. Ich kenne so ein ähnliches Projekt bzw. Einrichtung aus Deutschland. Das Augustinum https://www.augustinum.de/ ist ebenso eine Einrichtung für ältere Menschen, die aber selbstbestimmt leben können und bei Bedarf aber auch Pflege erhalten können, wenn sie möchten. Finde ich einfach toll!

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