Keine Leistungsvereinbarung mit Kubeïs

So kann der Kanton Zug nichts sparen

Kubeïs-Betriebsleiter Lukas Meyer unterhält sich mit einem Klienten der sozialen Institution. Sie wird vom Kanton mitfinanziert. (Bild: tog)

Nach zweijähriger Pilotphase wollte die Kunstwerkstatt an der Lorze im Cham mit dem Kanton Zug eine Leistungsvereinbarung abschliessen. Der Regierungsrat hat sich aus Spargründen dagegen entschieden. Ein fragwürdiger Entschluss – denn mit Vereinbarung wäre der administrative und finanzielle Aufwand für beide Seiten geringer.

Der Kanton Zug muss sparen. Der Regierungsrat hat deshalb ein Entlastungsprogramm 2015-2018 aufgegleist. Doch manchmal treibt dieses Vorhaben auch seltsame Blüten. So im Fall einer sozialen Institution in Cham, die für 2015 und 2016 mit dem Kanton eine Leistungsvereinbarung abschliessen wollte. Der Regierungsrat lehnte dies im Dezember 2014 ab mit dem Verweis auf die angespannte Finanzlage des Kantons. Dabei ist der Betriebsleiter von «Kubeïs», der besagten Institution, überzeugt: Mit der Leistungsvereinbarung könnte mehr gespart werden als ohne.

Kubëis ist eine Kunstwerkstatt an der Lorze (siehe Box). Im Frühling 2013 startete das Angebot auf dem Papieri-Areal als Pilotphase mit zweijähriger Unterstützung aus dem Zuger Lotteriefonds. 365’000 Franken flossen so in den Aufbau der Institution.

Kubeïs hat eine Betriebsbewilligung vom Kanton Zug und ist als soziale Institution anerkannt. Auch ist sie der interkantonalen Vereinbarung über soziale Einrichtungen unterstellt. Das bedeutet, die Institution erhält seit Anfang 2014 aus jenen Zentralschweizer Kantonen Geld, aus denen Personen im Kubeïs aufgenommen werden.

Kanton attestiert gute Arbeit

Der Testbetrieb war aus Sicht der Kubeïs-Verantwortlichen erfolgreich. Auch hat sich das Angebot mittlerweile etabliert. Der Kanton attestiert der Kunstwerkstatt ebenfalls gute Arbeit: Es sei erfreulich, dass die Träger­schaft und die Mitarbeitenden während dieser kurzen Zeit mit viel Einsatz einen gut funktionierenden Atelierbetrieb aufgebaut hätten, erklärt Regierungsrätin Manuela Weichelt-Picard. Und die Direktorin des Departements des Innern ergänzt: «Damit leistet Kubeïs auch einen Beitrag zur gesellschaftlichen Vielfalt und Integration sowie zum vielseitigen und reichen Kulturleben des Kantons Zug.»

Dennoch sieht der Regierungsrat von einer Leistungsvereinbarung ab. «Der Kanton Zug befindet sich in einer finanziell angespannten Lage», erklärt Weichelt. Im vergangenen November teilte der Regierungsrat deshalb mit, er werde Entlastungsmassnahmen prüfen, unter anderem auch die Leistungs- und Subventionsvereinbarungen.

Leistungen von Kubeïs werden mittels individueller Kostenübernahmegarantie vom Kanton übernommen. «Dem Regierungsrat ist es bewusst, dass die Administration von Kostenübernahmegarantien aufwändiger ist als eine Leistungsvereinbarung», so Weichelt. Allerdings erfolge die Überprüfung der Klienten meist bereits durch die IV.

Monatlich abrechnen statt jährlich

Für Betriebsleiter Lukas Meyer ist der regierungsrätliche Entscheid nur schwer verständlich. Denn gespart wird aus seiner Sicht nichts, im Gegenteil. Mit einer Leistungsvereinbarung werden die von Kubeïs erbrachten Leistungen durch den Kanton pauschal im Voraus finanziert. Ende Jahr wird dann gemäss Meyer abgerechnet und geschaut, ob die im Voraus geleisteten Beträge zu hoch oder zu tief waren.

Mit dem jetzigen Modell muss Kubeïs für jeden Klienten monatlich abrechnen und beim Kanton Rechnung stellen. «Dadurch ist der administrative Aufwand viel höher – beiderseits», sagt der Betriebsleiter. Deshalb ist es fragwürdig, ob der Kanton ohne Leistungsvereinbarung wirklich einen Spareffekt erzielt.

Künstler mit psychischen Einschränkungen

Die Kunstwerkstatt an der Lorze «Kubeïs» bietet 15 Plätze für Menschen mit psychischen, geistigen oder körperlichen Einschränkungen an. Die Teilnehmenden haben die Möglichkeit, werktags unter professioneller Begleitung ihre künstlerischen Begabungen und Interessen auszuleben. Ziel ist, den Personen eine Tagesstruktur zu vermitteln, Kontakte zu ermöglichen und ihr Selbstwertgefühl zu stärken. Laut Betriebsleiter Lukas Meyer bezieht ein Grossteil der Klienten aufgrund psychischer Einschränkungen eine IV-Rente, zum Beispiel wegen Schizophrenie.
Initiiert und gegründet wurde der Verein Kunst und Behinderung Innerschweiz (Kubeïs) von der Zugerin Barbara Bachmann. Sie, Meyer und vier weitere Mitarbeitende arbeiten in der Kunstwerkstatt. Total umfasst die Institution 235 Stellenprozente.

Der Entscheid des Regierungsrates hatte zudem zur Folge, «dass wir zwei Monate lang kaum Einnahmen hatten», erklärt Meyer. Denn nach der Abrechnung folgt jeweils noch die 30-tägige Zahlungsfrist. «Wir mussten diese Zeit mit Reserven überbrücken.» Da die Kunstwerkstatt nicht gewinnorientiert sei, könnten aber nur bedingt Reserven gebildet werden. Dies sei einzig über Spenden möglich.

Reserven sind unabdingbar

Kubeïs konnte 2014 immerhin einige Stiftungen, Firmen und Privatpersonen vom Projekt Kunstwerkstatt überzeugen und so Spenden einholen. Es sei jedoch weiterhin nötig, Fundraising zu betreiben. «Das ist aber sehr aufwändig.»

Es sei nicht so, dass die Existenz der Kunstwerkstatt ohne Leistungsvereinbarung gefährdet wäre. Aber eine Finanzierung des Angebots im Voraus durch den Kanton hätte das betriebliche Risiko der Institution verringert, so Meyer.

Trotz des negativen Regierungsentscheides ist Meyer zuversichtlich, dass Kubeïs längerfristig existieren kann. «Es ist eine sportliche Herausforderung. Aber wenn wir die Öffentlichkeit und potenzielle Spender von diesem spannenden Projekt überzeugen können, ist es möglich, dass wir auch mittelfristig die nötigen Mittel zusammenbringen.» Wichtig ist auch, dass die Kunstwerkstatt genügend Teilnehmende hat. Im Jahresdurchschnitt braucht es täglich zehn. Ein Durchschnitt von zwölf regelmässigen Teilnehmenden pro Tag sei das Ziel, sagt der Betriebsleiter. Noch sind einzelne Plätze frei.

Umzug im Hinterkopf

Die Kunstwerkstatt versucht, ein finanzielles Fundament aufzubauen. Dies auch, weil die Räumlichkeiten auf dem Papieri-Areal nur eine Zwischennutzung sind. Das Areal soll in den kommenden Jahren umgenutzt werden, geplant ist ein neues Quartier (zentral+ berichtete). Deshalb ist es wahrscheinlich, dass die Institution irgendwann einen neuen Standort braucht. «Doch ein Umzug ist mit Investitionen verbunden. Um dem gelassen entgegenzublicken, brauchen wir genügend Reserven», sagt Meyer.

Die nächste Periode für Leistungsvereinbarungen, die meist für drei Jahre abgeschlossen werden, beginnt 2017. Aus Meyers Sicht ist es durchaus denkbar, dass Kubeïs dann wieder ein Gesuch für eine Leistungsvereinbarung mit dem Kanton Zug stellt. Die Entscheidung des Regierungsrates dürfte dann wohl davon abhängen, wie sich das angekündigte Entlastungsprogramm 2015-2018 auf die Kantonsfinanzen ausgewirkt hat.

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