Stadt Luzern rechtfertigt Auswahl beim Test

Sitzmöbeltest: Deshalb waren keine Luzerner Stühle und Sofas dabei

Testgelände Kornmarkt: Der Holzring links und das «Plastikbänkchen» werden schon rege genutzt.

(Bild: mbe.)

Der öffentliche Sitzmöbeltest der Stadt Luzern hat viel zu reden gegeben. Nun stellt der Stadtrat klar: Es ging nie darum, die klassischen Sitzbänke zu verdrängen. Und dass weder Entlebucher Bänkli noch andere regionale Produkte getestet wurden, sei nicht die Schuld der Stadt. 

Wie sitzen Herr und Frau Luzerner am liebsten auf den Plätzen und in den Pärken der Stadt? Um das herauszufinden, hat die Stadt während drei Wochen in der Altstadt, beim Stadthaus, am Quai und in der Tribschenstadt Möbel aufgestellt und von der Bevölkerung testen lassen (zentralplus berichtete). 

Die Holzringe, Liegen, Stühle und bunten Plastikmöbel führten zu zahlreichen Reaktionen. Nicht zuletzt, weil Vertreter der Biosphäre Entlebuch in Eigenregie kurzerhand eine Sitzbank auf dem Kornmarkt montierten – und einige Tage darauf im Sträflingskostüm wieder abholten (zentralplus berichtete).

Die Debatte rief auch Politiker auf den Plan, namentlich die CVP. In einer Interpellation stellte sie den Test infrage. Nun liegen die Antworten des Stadtrates vor. Und der kontert. 

Lokale Produkte können nicht mithalten

So wehrt sich der Stadtrat gegen den Vorwurf, dass er willentlich keine regionalen Produkte getestet hat. Der Grund ist ein ganz praktischer: Die hiesigen Sitzmöbel konnten die Anforderungen nicht erfüllen. Diese mussten zum einen verschiebbar sein, zum anderen sollten sie keine klassische Form haben, sondern «beispielsweise das Liegen oder ein kommunikativeres Sitzen erlauben», so der Stadtrat. Sprich: Man soll einander zugewandt sitzen statt wie üblich Schulter an Schulter. Darüber hinaus galt es, Diebstahl und Vandalismus zu trotzen.

Und da konnten regionale Anbieter offenbar nicht mithalten: «In der unmittelbaren Region wurde kein Sitzmöbel gefunden, das die skizzierten Kriterien erfüllt», begründet der Stadtrat. 

«Wie andere Städte auch machen wir uns Gedanken, ob ein Bedürfnis vorhanden ist für mobile Sitzelemente.»

Manuela Jost (GLP), Baudirektorin Stadt Luzern

Doch wieso braucht Luzern überhaupt bewegliche Sitzgelegenheiten? Der Stadtrat verweist auf andere Orte, in denen solche Angebote rege genutzt werden. Beispielsweise die Stühle in den Parkanlagen von Paris, die Kunststoffsofas auf der Museumsinsel in Wien oder die Liegen auf der Grossen Schanze in Bern. 

In Workshops im Rahmen der Aufwertung der Tribschenstadt hätten Anwohner den Wunsch geäussert, die steril wirkenden Betonelemente durch unkonventionelle Sitzgelegenheiten zu ersetzen. Auch im Jugendparlament kam das Bedürfnis nach kreativen Sitzmöbeln auf. Und nicht zuletzt besteht seit Längerem die Idee, auf dem Friedhof Einzelstühle zur Verfügung zu stellen, damit Trauernde sich direkt am Grab Zeit nehmen und sich hinsetzen können. Genau das wurde im Rahmen des Sitzmöbeltests nun ebenfalls ausprobiert, aber aus Pietätsgründen nicht an die grosse Glocke gehängt.

CVP ist nicht ganz einverstanden

Obwohl der Stadtrat seine Beweggründe erläutert: CVP-Grossstadtrat Andreas Felder, der die Interpellation eingereicht hat, ist nur halbwegs zufrieden. Zwar findet er es gut, dass viele Fragen nun geklärt seien, beispielsweise, was die Idee des Tests betrifft. Allerdings findet er es nicht optimal, wie der Test aufgezogen wurde. «Nach wie vor ist für mich nicht ganz fassbar, wie die Auswahl der Möbel zustande gekommen ist.»

«Wir finden nicht, dass alternative Sitzmöbel per se schlecht sind.» 

Andreas Felder, CVP-Grossstadtrat

Felder bezweifelt die Aussage des Stadtrates, es habe keine lokalen Anbieter entsprechender Möbel gegeben. Doch immerhin ist dieser Punkt noch nicht ganz vom Tisch: «Sollten neue Sitzmöbel angeschafft werden, werden selbstverständlich – so weit als möglich – lokale und regionale Hersteller berücksichtigt», hält die Stadtregierung fest.

Strafe absitzen: Christian Ineichen (links) und Theo Schnider von der Biosphäre Entlebuch auf ihrer beschlagnahmten Bank im Luzerner Stadthaus.

Strafe absitzen: Christian Ineichen (links) und Theo Schnider von der Biosphäre Entlebuch auf ihrer beschlagnahmten Bank im Luzerner Stadthaus.

(Bild: jwy)

Andreas Felder, der seit August im Stadtparlament ist, bedauert darüber hinaus, dass die klassischen Sitzbänke nicht in den Fragebogen integriert wurden. «Am Ende hat man vielleicht einen Testsieger der alternativen Möbel, aber keinen Vergleich aller Möglichkeiten.» 

Der Stadtrat betont allerdings, dass es keineswegs darum gehe, die 1’200 gängigen Sitzbänke zu ersetzen. Denn diese hätten sich bewährt. «Wie andere Städte auch machen wir uns aber Gedanken, ob ein Bedürfnis vorhanden ist für mobile Sitzelemente – als Ergänzung zu den klassischen Sitzbänken», sagt Baudirektorin Manuela Jost (GLP). 

Die CVP ihrerseits wolle indessen nicht einfach die klassischen Sitzbänkli gegen alles Neue verteidigen, sagt Felder. «Wir finden nicht, dass alternative Sitzmöbel per se schlecht sind.» 

Kosten von 29’000 Franken

Der Test soll Aufschluss darüber geben, welche Art von Sitzmöbeln bei der Bevölkerung am besten ankommt. «Es erspart uns viel Aufwand, wenn wir nicht bei jeder Gestaltung wieder dieselben Diskussionen führen müssen», sagt Jost. Die Evaluation soll zudem Fehlinvestitionen in künftiges Mobiliar verhindern. 

«Der Test hat grosse Aufmerksamkeit ausgelöst.» 

Dominik Frei, Projektleiter

Wo es dereinst Holzringe oder Plastiksofas geben könnte – und ob es überhaupt so weit kommt –, ist noch offen. Sollte sich zeigen, dass die Bevölkerung alle getesteten Objekte ablehnt, sei das auch eine Erkenntnis, so der Stadtrat. Neue Sitzelemente kommen aber unter anderem in der Bahnhofstrasse oder in der Tribschenstadt infrage, wo Aufwertungsprojekte im Gange sind. «Aber auch für Plätze in der Innenstadt sind mobile Sitzelemente durchaus denkbar», sagt Projektleiter Dominik Frei. Er nennt als potenziellen Standort den Kornmarkt, wo es bislang gar keine Sitzgelegenheiten gibt. 

Es ist der erste städtische Test dieser Art. «Mit der zunehmenden Dichte in den Städten wird die Gestaltung des öffentlichen Raumes immer wichtiger – das entspricht also dem Zeitgeist», sagt Manuela Jost. Die Kosten schätzt der Stadtrat auf rund 29’000 Franken. Darin sind der Kauf von elf Möbelstücken enthalten, welche die Stadt nicht mieten konnte. Es sind dies neun Einzelstühle, die voraussichtlich auf dem Friedhof eingesetzt werden, sowie die zwei Holzringe. Wo diese nun hinkommen, ist noch offen.

Auswertung bis Ende Jahr

Bis Ende Jahr wird der Test nun ausgewertet. Was die Resultate und die Zahl der Rückmeldungen betrifft, will Dominik Frei noch keine Auskunft geben. «Nur so viel: Der Test hat grosse Aufmerksamkeit ausgelöst.» 

Sicher ist bereits jetzt, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. «Wir werden das Thema sicherlich kritisch weiterverfolgen», kündigt Andreas Felder an. Seine Interpellation wird nächste Woche im Stadtparlament behandelt.

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