Der Verwaltungsrat bleibt wie er ist

Sika: Alle gegen die Erben-Familie

Einen positiven Dialog zwischen Verwaltungsrat und der Erbenfamilie Burkard gibt es bis jetzt nicht. (Bild: zvg)

Die ausserordentliche Generalversammlung der Sika AG in Baar hat ausser vieler Emotionen nicht viel Neues zutage gebracht. Der Verwaltungsrat bleibt, wie er war, die Fronten bleiben verhärtet. Dafür waren viele Emotionen auszumachen, Tränen, dazu zahlreiche «Pfui’s» und «Buh’s» an die Sika-Erbenfamilie. Und eine neue Verpflegungsstrategie.

Der «Sika-Spirit», immer wieder wird er genannt an der ausserordentlichen Generalversammlung der Sika AG. Denn genau dieser Sika-Spirit läuft Gefahr, ein Ende zu finden. Wenn man im Saal umherblickt, wird schnell klar: Die Menschen sind verunsichert. Über 400 Aktionäre, Investoren, Shareholders, Mitarbeiter aus der ganzen Welt sind angereist, sie wollen wissen, was mit der Sika passiert, wie die Zukunft aussieht. Die meisten von ihnen sind wütend und enttäuscht über den geplanten Verkauf der «Familien-Firma» an den grossen Konzern Saint-Gobain.

Die Versammlung steht ganz im Zeichen dieser «feindlichen Übernahme», wie sie Verwaltungsratspräsident Paul Hälg und viele andere Redner bezeichnen. Bereits im Vorfeld wurde mitgeteilt, dass bei der bevorstehenden Abstimmung das Mitbestimmungsrecht der Familie Burkard  eingeschränkt wird.

Nun gibt’s Essen während der Versammlung

Nach der Generalversammlung im April entschied man sich offenbar, am Freitag nicht nur eine weitere GV zu halten, sondern auch, eine neue  Verpflegungsstrategie zu fahren. Nachdem die Gäste letztes Mal erst nach der Generalversammlung verpflegt wurden, liegen dieses Mal auf allen Stühlen Styroporboxen mit Sandwiches, Kuchen und Wasser bereit. Eine weise Entscheidung, dauerte die Versammlung letztes Mal doch rund fünf Stunden. Es soll offenbar niemand mehr des knurrenden Magens wegen von Dannen ziehen. Und soweit kommt es auch nicht. Die Versammlung dauert dieses Mal bloss vier Stunden und ist ausserdem ziemlich spannend.
 

Umstrittene Übernahme

Der Verwaltungsrat wehrt zusammen mit dem Management und Minderheitsaktionären gegen die geplante Übernahme von Sika durch Saint-Gobain. Die Erbenfamilie Burkhard hatte im Dezember 2014 beschlossen, ihren Aktienanteil am Zuger Baustoffhersteller für 2,75 Milliarden Franken an die französische Konkurrenzfirma zu verkaufen. Um die Transaktion einzuleiten, versuchten die Erben an der Generalversammlung vom 14. April eigene Kandidaten in den Verwaltungsrat wählen zu lassen (zentral+ berichtete).

Der Sika-Verwaltungsrat verhinderte dies allerdings, indem er die Stimmrechte der SWH bei den entscheidenden Traktanden begrenzte, gestützt auf eine Interpretation der Statuten. Die Frage, ob die Stimmrechtsbeschränkung an der Generalversammlung zulässig war, muss nach dem Entscheid des Zuger Obergerichtes in einem ordentlichen Verfahren entschieden werden (zentral+ berichtete).

Verwaltungsratspräsident Paul Hälg eröffnet mit klaren Worten: «Mit einer Übernahme durch Saint-Gobain würde alles, was Sika so erfolgreich gemacht hat, in Frage gestellt. Die Sika hat jedoch erfolgreich bewiesen, dass sie nicht auf einen strategischen Partner angewiesen ist.» Er bezieht sich dabei unter anderem auf die aktuellen Halbjahreszahlen, welche heute erschienen sind und von Analysten als durchwegs positiv beurteilt werden.

«Pfui’s» aus dem Publikum

Nach Hälg spricht Sika-Erbe und Verwaltungsratsmitglied Urs Burkard. «Leider sind wir nach nur drei Monaten wieder da. Und dies nur, weil man den Willen der Schenker Winkler Holding unrechtmässig beschnitten hat», betont er. Man habe mit Saint-Gobain den richtigen Partner für die Zukunft gefunden, sagt Burkard weiter und erntet ein lautes «Pfui!» aus dem Publikum. Es sollte nicht das einzige bleiben. «Wir sind überzeugt, dass wir Recht haben.»

Die Fronten haben sich seit der letzten GV noch mehr verhärtet. Beide Seiten, sowohl der Verwaltungsrat wie auch die Erbenfamilie Burkard und die Schenker Winkler Holding scheinen nicht bereit, auch nur im Geringsten von ihren Zielen abzuweichen. Und das, obwohl Urs Burkard von verschiedensten Sprechern dazu aufgefordert wird, sich die Sache noch einmal zu überlegen, nicht auf seine Berater zu hören, einen Schritt zurück zu machen.

Tränen und unbeantwortete Briefe

Einige Mitarbeitervertreter treten vor, berichten von verunsicherten Mitarbeitern und von Briefen an die Familie Burkard, welche bis heute nicht beantwortet worden seien. Christian Eiholzer, Präsident der Angestelltenkommission Sektion Zürich betont: «Im Gegenteil, uns wurde von der Familie Burkard sogar vorgeworfen, der Brief sei von der Geschäftsleitung vordiktiert worden.» Darauf ertönt lautes Buhrufen aus dem Publikum. «Für die Mitarbeiter ist die Aussicht auf den langen Weg über die Gerichte und die damit verbundenen Unsicherheiten gar nicht erfreulich.»

Auch Yumi Kann, die im Management für Sika Südost-Asien sitzt, ist angereist und legt ein emotionales Votum ab. «Einige von uns haben geweint, als sie von der Übernahme durch Saint-Gobain gehört haben», sagt sie. «Wir gehören zu den 17’000 Mitarbeitern, die jeden Tag kämpfen, die jeden Tag für diese Firma arbeiten. Aber die Sika ist für uns nicht nur ein Job. Sie ist unser Leben.» Die bestehende Struktur beweise doch, das sie die bestmögliche sei.

Stimmung wie im TV-Quiz

Nun soll abgestimmt werden darüber, ob drei der bestehenden Verwaltungsräte in die Wüste gesandt werden und neu Max Roesle in den VR tritt. Doch zuerst wird einmal geübt, wie elektronisch abzustimmen ist. Grün für Ja, Rot für Nein, Gelb für Enthaltung. Der Test wird mit einer TV-Quiz-Spannungs-Melodie untermalt. Doch auch danach wird nicht richtig abgestimmt. Es kommt noch zu mehreren Wortmeldungen, unter anderem von Max Roesle selber, der sich tatsächlich, unter lautem, ironischen «Oh-ho» ans Rednerpult wagt.
 
Und dann kommt sie, die Abstimmung. Wie bereits angekündigt, mit beschränktem Einfluss der Erbenfamilie. Womit dann wir erwartet nichts neues zu Tage gebracht wird. Die von der Familie Burkard gewünschte Abwahl von Präsident Paul Hälg und den beiden Mitglieder Monika Ribar und Daniel Sauter aus dem Verwaltungsrat wird abgelehnt – und das ganz klar mit jeweils nur gut 13 Prozent Ja-Stimmen.

Ein Mini-Erfolg für die meisten Anwesenden zwar, doch die Euphorie fällt gänzlich weg. Denn eine Lösung im Sika-Streit scheint noch lange nicht gefunden. Zwar betonen alle Einflussnehmer hinter dem Rednerpult, offen für Gespräche zu sein, doch noch ist von keiner Seite auch nur das geringste Einlenken erkennbar.

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