Alcosuisse-Direktor: «Unsere Leute in Schachen leisten Gewaltiges»

Arbeiten bis zum Umfallen – damit Desinfektionsmittel nicht ausgehen

Simon Häfliger, Betriebsleiter in Schachen, zwischen den Ethanoltanks.

(Bild: pbu)

Viele Arbeitnehmer verrichten in der Schweiz Kurzarbeit. Nicht so 11 Leute in Schachen, die im Alcosuisse-Werk dafür sorgen, dass in Zeiten der Coronakrise 60 Prozent mehr Ethanol auf den Markt kommt, um Desinfektionsmittel herzustellen.

Seit Wochen ist er fast pausenlos auf den Beinen, organisiert den Betrieb seiner Firma und beantwortet unzählige Anfragen von Kunden und Institutionen: Florian Krebs, Geschäftsführer von Alcosuisse.

Nun hat er auch die Medien am Hals, seit vor einigen Tagen bekannt wurde, dass der Bund vor zwei Jahren das im Pandemielager vorgesehene Pflichtlager an Ethanol auflöste (zentralplus berichtete). Der Entscheid des Bundes fiel entgegen der dringlichen Empfehlung von Alcosuisse, dieses beizubehalten.

«Nach dieser Krise wird das Thema Pflichtlager garantiert wieder auf den Tisch kommen.»

Florian Krebs, Geschäftsführer Alcosuisse

10'000 Tonnen waren bis dahin vorrätig gewesen, um in Krisenzeiten zum Beispiel Desinfektionsmittel herzustellen. «Nach dieser Krise wird das Thema garantiert wieder auf den Tisch kommen,» sagt Krebs, «diesmal hoffentlich mit einem anderen Resultat.»

«Das Virus muss draussenbleiben»

Das Pflichtlager war auf die zwei Betriebsstandorte  von Alcosuisse im jurassischen Delsberg und Schachen bei Malters aufgeteilt gewesen. An beiden Orten unterhält das ehemalige Profitcenter der Eidgenössischen Alkoholverwaltung, welches mittlerweile zur Seeländer Firma Thommen-Furler gehört, moderne Tanklager.  

Zentralplus hätte gern gewusst wie sich der Betrieb in Zeiten der Coronakrise schlägt. Doch ein Augenschein vor Ort ist derzeit unmöglich. «Wir lassen keine externen Personen aufs Werkgelände» sagt Krebs. Das Virus müsse unbedingt draussenbleiben. «Wir sind systemrelevant».

Krebs will den Eindruck zerstreuen, dass nun die Last der bei den gewerblichen Brennereien liegt, die in Zeiten der Coronakrise ebenfalls von der Schnaps- auf die Produktion von Desinfektionsmitteln umgestellt hat (zentralplus berichtete).

Gleiche Belegschaft liefert einen Kraftakt ab

«Die Brennereien können nur einen sehr kleinen Bruchteil des Bedarfs abdecken», sagt  Krebs. «Der grösste Alkohollieferant der Schweiz ist und bleibt die Alcosuisse». Was man früher als Staatsbetrieb tat, erledige man nun einfach als privates Unternehmen.

«Aber Ethanol liefert die Alcosuisse mehr denn je», so Krebs. «Seit Beginn der Coronakrise drücken wir 60 Prozent mehr Ethanol als zuvor in den Markt.» Und dies mit gleich viel Mitarbeitern. Krebs windet den elf Angestellten in Schachen um Betriebsleiter Simon Häfliger und seinen Kollegen im Jura ein Kränzchen: «Sie leisten wirklich Gewaltiges».

Im Alcosuisse-Werk Schachen gibt es 60 Alkoholtanks – viele davon unterirdisch – die 17 Millionen Liter aufnehmen können. (Bild: Alcosuisse)

Der Bedeutung fürs Land bewusst

Seit Wochen würden sie zum Teil 14 Stunden oder länger teils körperlich sehr anstrengende Arbeit verrichten. Tausende von Tonnen würden jede Woche ein- und ausgelagert, sagt Krebs. «Sie machen einen hervorragenden Job». Und die Leute in Schachen seien sich auch der wichtigen Rolle bewusst, die sie derzeit im Dienst des Landes erfüllten.

Als Alcosuisse vor zwei Jahren privatisiert wurde, bestand Ungewissheit, ob in Schachen neben Ethanol in Zukunft zum Beispiel auch Lösungsmittel gelagert würden (zentralplus berichtete). Nein, sagt Krebs, in Schachen sei weiter ausschliesslich Ethanol eingelagert. Als «spezialisierter Standort» sei er für Alcosuisse überaus wichtig. Hier würden auch kleinere Aufträge und Abfüllungen erledigt, aktuell zum Beispiel für Apotheken.

Vollkommen vom Ausland abhängig

Die Alcosuisse kauft auf dem internationalen Markt Rohethanol ein. Sie stellt daraus verschiedene Qualitäten her – mischt den Ethanol und setzt zum Beispiel Denaturierstoffe zu. Der grösste Teil geht seit jeher an die Pharma-Industrie, ein kleinerer Teil wird für Kosmetika gebraucht. Trinkalkohol, der zum Beispiel in der Ginproduktion eingesetzt wird, macht den allerkleinsten Teil aus.

«Ethanol ist derzeit europaweit extrem schwer zu finden.»

Florian Krebs, Geschäftsführer Alcosuisse

«Der zusätzliche Ausstoss von 60 Prozent im Moment geht natürlich ausschliesslich in die Pharmazie für Desinfektionsmittel» sagt Krebs. In der Schweiz gebe leider es keine Anlage mehr, die Ethanol von so grosser Reinheit destillieren könne.

Sorge tragen zu einem knappen Gut

Derzeit sei der internationale Markt für Ethanol sehr angespannt, sagt Krebs. Europaweit sei es extrem schwer zu finden. Als kleine Firma wolle man sich zudem Produktion des knappen Guts Ethanol konzentrieren. «Wir können nicht auch noch Aufklärungsarbeit leisten.» Deswegen bittet Krebs, Desinfektionsmittel jenen zu überlassen, die es am dringensten benötigen. 

Florian Krebs leitet die Geschäfte der Alcosuisse. (Bild: zvg)

Also primär den Spitälern und der Pflege. «In Haushalten, wo man sich gut die Hände waschen kann, hat Desinfektionsmittel nichts verloren», sagt der Alcosuisse-Geschäftsführer. Im privaten Rahmen solle man es allenfalls sparsam einsetzen, wenn man sich nirgends die Hände waschen kann – etwa im Bus. «Aber für den Waldspaziergang muss man sich sicher nicht die Hände desinfizieren, sagt Krebs. Und eilt zum nächsten Medientermin.

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