Luzernerin verlor während Corona ihren Job

«Sich jetzt zu bewerben, ist sehr frustrierend und sehr, sehr trostlos»

Die 28-jährige Emilia verlor mitten in der Corona-Krise ihren Job. (Symbolbild: Niklas Hamann/Unsplash)

Den Job verloren – schuld ist die Corona-Krise. So geht es derzeit Tausenden. Wir haben mit einer 28-jährigen Luzernerin gesprochen, die über Nacht ihre Stelle und ihr Einkommen verloren hat.

Tausende verloren in der Schweiz während der Corona-Krise ihren Job. Eine davon ist die Luzernerin, nennen wir sie Emilia, die anonym bleiben will.

Emilia arbeitete in einem Reisebüro. Eine Festanstellung, im Dezember dieses Jahres wären es drei Jahre gewesen. Anfang September flatterte bei der 28-Jährigen ein Schreiben des Konkursamtes ins Haus: Die Firma ist Konkurs, Emilia ihren Job los. Kurz davor gab es eine Videokonferenz des Unternehmens, in welcher alle informiert wurden, dass das Reisebüro die Krise nicht überstanden hat.

«Auch wenn es schräg klingt: Ich war auf eine gewisse Art froh, dass diese Arbeit ein Ende nahm.»

«Wir wussten ja schon zuvor, dass das Geschäft harzig ist», sagt Emilia. Dennoch traf der Entscheid die Mitarbeitenden wie einen Hammer auf den Kopf. «Denn wir blieben immer positiv und pushten uns gegenseitig, dass wir das gemeinsam schaffen werden.»

Ihr Job bereitete ihr schon länger keine Freude mehr

Die Kündigung löste in Emilia gemischte Gefühle aus. Einerseits ein Gefühl der Ungewissheit, Angst, was auf sie zukommen würde. Wie sie das finanziell durchstehen, ob sie so schnell wieder einen Job finden würde. «Zugleich fühlte ich mich erlöst, weil der Job das letzte halbe Jahr fürchterlich war», so Emilia.

«Der grösste Teil meiner Arbeit im letzten halben Jahr bestand aus Diskussionen mit Airlines: Flüge stornieren, Geld zurückfordern. Und dann noch Kunden zu vertrösten.» Emilia ist ehrlich: «Auch wenn es schräg klingt: Ich war auf eine gewisse Art froh, dass diese Arbeit ein Ende nahm. Auch wenn das bedeutete, dass ich ohne Job hierstehe.»

Bereits vorher hatte die junge Frau einen Dämpfer zu verkraften. Eigentlich hatte sie die mündliche Zusage für einen anderen Job. Doch dieser wurde kurzerhand dann doch intern besetzt. «Das wäre der erste Lichtblick gewesen, wenn ich diese Stelle hätte antreten können.» Doch dann folgte der nächste Hammer.

«Rabenschwarze» Aussichten in der Reisebranche

Die Reisebranche wird von der Corona-Krise mit voller Wucht getroffen. «Alarmstufe Rot», meinte der Präsident des Schweizer Reise-Verbands kürzlich. «Rabenschwarze Aussichten.» 3'000 Vollzeitstellen seien akut bedroht, wenn Bundesrat und Parlament nicht in die Bresche sprängen.

Emilia ist eine von derzeit rund 150'000 Arbeitslosen in der Schweiz. Ende September zählte das Bundesamt für Wirtschaft SECO schweizweit 148'560 Arbeitslose in der Schweiz. Im Kanton Luzern sind rund 9'000 Personen auf Stellensuche – das sind über 2'800 Personen mehr als im Vorjahr (zentralplus berichtete).

Wenig Stellen, viele Bewerberinnen

Anfänglich war die 28-Jährige optimistisch, hatte Vertrauen in sich selbst und in die Situation. «Es kommt, wie es kommt, und es kommt gut», schildert sie ihre damalige Einstellung. Und schiebt nach: «Dieses Vertrauen verschwindet mittlerweile aber auch ein wenig.»

Emilia bewirbt sich auf offene Stellen. Temporär hat sie für diesen Monat eine Beschäftigung durch einen Freund gefunden. Wenn auch nur drei Tage die Woche, einen Monat lang. Doch das bedeutet: Aufatmen, wieder ein wenig Stück Struktur zurück. Und ein Einkommen. Denn «sich jetzt zu bewerben, ist sehr, sehr trostlos», erzählt sie. Es gebe wenig offene Stellen, dafür umso mehr Stellensuchende. «Ich wäre für die Jobs qualifiziert. Dennoch habe ich bis jetzt nur Absagen bekommen, weil die Firmen aus Dutzenden von Dossiers auswählen können. Das ist echt sehr frustrierend, es ist schwierig trotz allem positiv zu bleiben.»

«Und wenn sie mich dann fragen, weshalb ich noch zu keinem Bewerbungsgespräch vorgeladen wurde, muss ich mich auch noch rechtfertigen.»

Emilia, Stellensuchende

Ob sie sich auch wieder für eine Stelle in einem Reisebüro bewerben würde? «Ui nein», winkt Emilia ab. «Gerade gestern habe ich eine solche Stelle gesehen. Aber das macht wenig Sinn momentan.» Sie wolle mehr in Richtung Sachbearbeiterin gehen, administrative Tätigkeiten. Manchmal fragt sich Emilia, ob sie es sich erlauben könnte, in der jetzigen Situation Anforderungen an einen neuen Job zu haben. «Aber von einem Seich in den nächsten zu stolpern, wird mich auch nicht glücklich machen.»

Auch beim RAV, dem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum, spüre sie, wie die Beraterinnen alle Hände voll zu tun haben und ausgelastet sind. «Und wenn sie mich dann fragen, weshalb ich noch zu keinem Bewerbungsgespräch vorgeladen wurde, muss ich mich auch noch rechtfertigen.»

Ob es einfacher wird? Wohl kaum

Deswegen gelte jetzt: Kraft tanken. Halt geben Emilia ihre Freunde. Ihr tue es gut, sich mit ihnen zu treffen, die Unterstützung zu spüren, wenn es hart auf hart kommt. Mitleid aber möchte sie keines. «Das Schlimmste ist, wenn mich Freunde zum Getränk einladen möchten. Da fühle ich mich wie eine Versagerin, Mitleid möchte ich keines und schon gar nicht auf Almosen angewiesen sein.»

Emilia bleibt trotz allem positiv. Mit ihren Sorgen ist sie derzeit nicht alleine, so geht es vielen. «Da müssen wir alle gemeinsam durch», sagt sie. Auch wenn sie aufgrund der steigenden Corona-Fallzahlen und den Unsicherheiten in der Wirtschaft derzeit nicht glaubt, dass es bei der Stellensuche einfacher wird. «Wahrscheinlich wird es noch schwerer.»

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon