Stimmen und Kritiken zur neuen SRF-Late-Night-Show

«Seine Stimme geht mir zwar grausam auf den Sack, aber …»

Zwischen Understatement und Grössenwahn: Dominic Deville. (Bild: SRF/Oscar Alessio) (Bild: SRF/Oscar Alessio)

Der Luzerner Dominic Deville hat seine Fernsehfeuertaufe hinter sich, die erste Late-Night-Sendung «Deville» ist ausgestrahlt. Was meinen die Kritiker und Twitterer im Lande? Sie sind recht gnädig bis begeistert von der neuen SRF-Show.

Freitagabend war es soweit: Die erste SRF-Sendung «Deville» (zentralplus berichtete) war online verfügbar. Und etwas später in der Nacht war sie dann noch im linearen, also klassischen, Fernsehen zu sehen:

 

«Es steht Deville drauf – und es ist Deville drin. Sehr eigenständig. Weiter so», heisst es etwa in den Kommentaren auf Facebook.

Bevor Sie jetzt weiterlesen: Schauen Sie sich doch das Teil zuerst mal in Ruhe an. Dauert gerade mal eine halbe Stunde und dann sind wir alle auf dem gleichen Stand:

 

«Moll, das kommt gut»

Twitter-Kritiker sind jeweils schnell zur Stelle: Kaum ist die Sendung online, fällt das Wort «Gebührengelder» erstmals:


Dieser selbsternannte «Zapper» hingegen will sich keine Folge mehr entgehen lassen:


Sowieso, bis Stand dieses Artikels findet man mehr Lob als Kritik im Netz:


Ja, Dominic Deville hat eine aufdringliche Stimme, an das haben wir uns doch schon längst gewöhnt. Nun merkt das auch die Fernseh- und Twitterschweiz:

Er da fand’s überhaupt nicht lustig:

Deville begrüsst Talkgast Mona Vetsch in der Sendung mit den Worten: «Das letzte Mal als ich Fernsehen schaute, hast du mit ‹Oops› aufgehört …» Dieser User griff das gekonnt auf:


Dieser User dreht die Twitter-Kritik kurzerhand ins Positive:


«Moll, das kommt gut», ist dieser Herr überzeugt:


Und zumindest damit dürften viele einverstanden sein, denn die Sendung «Headhunter» (von Michel Gammenthaler und Anet Corti) hat bei Publikum und Kritikern schlecht abgeschnitten:


Gut zusammengefasst auch hier: mehr Lacher, weniger Fremdscham als erwartet:


«Ich will ihn riechen!»

Auch die Kolleginnen und Kollegen von der Presse haben eine Meinung zu «Deville». Ganz fies etwa der Schriftsteller und TV-Kritiker Gion Mathias Cavelty auf «Bluewin»: «Ich will ihn riechen – den Schweiss der Verzweiflung, der von Devilles Stirn tropft, wenn niemand bei seinen Gags lacht … ha ha ha!»

«Auf einer Humorskala von 1 bis 10 erreicht die erste Folge nichtsdestotrotz eine nicht zu verachtende 8,179666.»

Sein Urteil ist dann aber fast euphorisch und auf die Dezimalstelle genau: «Obwohl an dem Format absolut nichts neu ist, unterhält man sich dabei glänzend. Aber alle Beteiligten müssen noch erheblich mehr aufdrehen. Auf einer Humorskala von 1 bis 10 erreicht die erste Folge nichtsdestotrotz eine nicht zu verachtende 8,179666 – damit ist ‹Deville› für mich der klare Sieger des SRF-Comedyshow-Castings.» (Anmerkung der Redaktion: Neben den zwei anderen Versuchsformaten «Müslüm TV» und «Headhunter».)

Unverständlicherweise fand Cavelty ausgerechnet Stahlberger «komplett überflüssig», der ansonsten gut ankommt: «Der Sidekick Manuel Stahlberger, der ab und zu auch noch auftauchte, ist komplett überflüssig (sein Tunnel-Experten-Nümmerchen hätte Deville besser gebracht.»

Cavelty wünscht sich mehr Punk-Momente: «Die einzigen zwei Momente, an denen ein bisschen Punk-Feeling aufkam, waren, als Dominic ein Faxgerät fallen liess resp. eine Ananas ins Publikum warf. Eindeutig zu wenig für ihn!»

«Keine sandgestrahlte Dutzendware»

Die «Aargauer Zeitung» urteilt mit einem Listicle: mit 10 Gründen, wieso «Deville» funktioniert. Autor Benno Tuchschmid findet im Gegensatz zu Cavelty: «Stahlberger hat Kultpotenzial.» Auch von Dominic Deville hält er viel: «Deville, ist eine Wohltat im Vergleich zur sandgestrahlten Dutzendware im TV.»

«Sonst gibt es bei SRF nicht einmal theoretisch etwas zu lachen.»

Sein Fazit: «Einen grossen Vorteil hat ‹Deville› jetzt schon: Konkurrenzlosigkeit. ‹Müslüm-TV› spielt in einem nicht vergleichbaren Genre, ‹Headhunter› funktioniert nicht, ‹Giacobbo/Müller› treten Ende Jahr ab. Und sonst gibt es bei SRF nicht einmal theoretisch etwas zu lachen. Das sind mal gute Voraussetzungen.»

«Lustig, aber eigentlich nie grenzwertig»

Der «Tages-Anzeiger» berichtete im Vorfeld der Sendung in einem Porträt über Dominic Deville. «Die Show ist als klassisches Late-Night-Format konzipiert, und der Moderator trägt nicht mehr sein altes Fan-Shirt der Misfits, sondern einen dunklen Anzug, der so gut sitzt wie das ironische Spiel mit den Lachern, wenn eine Pointe mal absackt», schreibt Christoph Fellmann.

«Der dunkle Anzug sitzt so gut wie das ironische Spiel mit den Lachern, wenn eine Pointe mal absackt.»

Und weiter: «Und doch bleibt ein Stich in den Trash, ein Hang zum Vulgären und zur fröhlichen Selbsterniedrigung. Einmal torkelt ein Betrunkener durch die Szene, eine Ananas fliegt durch den Saal, und immer wieder holt Deville die Handkamera ganz nah zu sich heran, um mit dem ‹einfachen Zuschauer› zu Hause ein paar ernste Worte zu wechseln. Eine Band spielt aus dem Genre des unverständlichen Mundartlieds, und Sidekick Manuel Stahlberger mahnt bei aller Vorfreude auf den Basistunnel am Gotthard auch Verständnis ein für die randständigen Tunnelbauten in diesem Land. Das ist oft lustig, aber eigentlich nie grenzwertig.»

«Der Kopf ist bei der nächsten Sendung»

Die «Neue Luzerner Zeitung» schliesslich ist nicht sehr angetan von «Deville» und urteilte (noch vor Ausstrahlung): «Richtig böse bis richtig banal». Deville sei nervös gewesen, zwischendurch zwar «richtig böse und richtig lustig», aber auch harmlos und insgesamt habe die Sendung noch Längen (aber das war doch noch vor dem endgültigen Schnitt?).

«Late-Night-Shows sind Wegwerfmaterial, mit der Aufzeichnung hat sich das für mich erledigt.»

Und was sagte eigentlich Dominic Deville selbst? Gegenüber «20 Minuten» gab der 41-Jährige zu Protokoll: «Gleich nach der Show war ich ziemlich leer, es war ein rechter Blindflug für mich. Aber ich bin sehr zufrieden, und auch SRF hat mir bereits mitgeteilt, dass sie zufrieden sind.»

Deville dürfte ohnehin nicht zu viel Zeit mit seinen Kritikern verschwenden, sondern einfach noch vorne schauen: «Late-Night-Shows sind Wegwerfmaterial, mit der Aufzeichnung hat sich das für mich erledigt. Ich werde die Folge auch nicht mehr schauen, denke ich. Der Kopf ist bereits bei der nächsten Sendung.»

Insgesamt sind von «Deville» vorerst 10 Folgen à 30 Minuten geplant, jeweils aus dem Zürcher Club Mascotte. Nächste Folge: Freitag, 3. Juni, 23:45 Uhr, SRF 1.

Hier geht’s zu unserem Vorabbericht von der Aufzeichnung im Zürcher Mascotte: Premiere von «Deville»: «Make SRF great again!»

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