Luzerner Finanzen nach wie vor wacklig

Schwerzmann krebst bei Steuerprognosen massiv zurück

Regierungsrat Marcel Schwerzmann (links) und Hansjörg Kaufmann, Leiter Dienststelle Finanzen, können eine ausgeglichene Vierjahresplanung präsentieren.

(Bild: zvg)

Die Aussichten waren schon düsterer. Für 2020 prognostiziert der Luzerner Finanzdirektor schwarze Zahlen, obwohl noch vieles unklar ist. Parteien kritisieren dieses Vorgehen. Es ist etwa von «traumtänzerischer Schönfärberei» die Rede.

In Anlehnung an den Hitzesommer kommentierte Marcel Schwerzmann diesen Mittwochmorgen die Prognosen der Luzerner Kantonsfinanzen. «Die Aufhellung ist deutlich sichtbar», erklärte ein freudiger Finanzdirektor. Im kommenden Jahr wird zwar noch ein Verlust von 26,3 Millionen Franken budgetiert, in den Jahren 2020 (17,4 Millionen Gewinn) und 2021 (3,6 Millionen Gewinn) soll der Kanton aber wieder schwarze Zahlen schreiben (zentralplus berichtete).

Die Euphorie Schwerzmanns teilen die Parteien jedoch nicht – es hagelt Kritik. Von «traumtänzerischer Schönfärberei» spricht GLP-Präsident Roland Fischer. Die SP nennt die präsentierten Zahlen «Schönwetterplanung vor den Wahlen». 

Warum diese Diskrepanz? Während in den vergangenen Jahren die Ausgaben des Staatshaushalts jeweils deutlich über den Einnahmen lagen – Luzern litt unter einem strukturellen Defizit –, sind Einnahmen und Ausgaben ab 2020 im Einklang. Dies freut den Finanzdirektor: «Auf diesen Zustand haben wir seit Jahren hingearbeitet.» Erreicht hat man dies insbesondere auch durch die Umsetzung des Finanzleitbilds 2017. Mehrausgaben sind demnach nur noch in den Bereichen Polizei, Volksschulbildung und Gesundheit möglich. 

Es gibt noch viele Wenns und Abers

Diesen Prognosen liegen jedoch Annahmen zu Grunde, die mit erheblichen Risiken verbunden sind. So sind die Steuervorlage 17 auf Bundesebene (Nachfolgeprojekt der gescheiterten Unternehmenssteuerreform III), die Steuergesetzrevision 2020 und die Aufgaben- und Finanzreform 18 (AFR18) des Kantons Luzern bereits einberechnet, obwohl noch nichts im Trockenen ist. Schwerzmann geht durchgehend vom Erfolgsfall aus. So budgetiert er aus diesen drei Punkten positive Effekte von 64,3 Millionen fürs 2020 und 65,2 Millionen fürs 2021.

Neue Investitionen führen zu Schuldenanstieg

Im AFP sind auch die Planungen für die Investitionen enthalten. Während 2017 insbesondere aufgrund des budgetlosen Zustands nur 77 Millionen Franken investiert wurden, sind für die Jahre 2019–2021 Investitionen von rund 160 Millionen vorgesehen, 2022 sollen's nochmals 20 Millionen mehr sein. Diese Investitionen führen auch dazu, dass die Nettoschulden des Kantons Luzern steigen werden. Ende 2017 betrugen diese 283 Millionen – im Jahr 2022 sollen's bereits 449 Millionen Franken sein.

Bei den Investitionen fallen insbesondere zwei Felder ins Auge. So will der Kanton für den Wasserbau und die Naturgefahren rund 97 Millionen in die Hand nehmen. Auch erste Investitionen ins neue zentrale Verwaltungsgebäude am Seetalplatz sind in den Prognosen enthalten. Aktuell geht der Kanton da von Kosten von 148 Millionen Franken aus. 

Die SP kommentiert: «Das ist unrealistisch und wird erneut mit kurzfristigen Abbaumassnahmen bezahlt werden müssen.» Auch die CVP hebt den Mahnfinger und erklärt: «Scheitern verboten.» Die FDP bezeichnet das Vorgehen als «mutig». Der im Risiko stehende Betrag sei aber mit einem Prozent der Budgetsumme eine vertretbare Unschärfe.

Marcel Schwerzmann ist sich der Risiken bewusst. Er sagt: «Wenn der Kantonsrat die Regierung unterstützt, kommt es gut.» Insbesondere bei der Steuervorlage 17 auf Bundesebene zeigt sich der Parteilose sehr zuversichtlich. Dass diese für den Kanton Luzern positive Auswirkungen haben wird, ist eigentlich unbestritten.

Doch bei der Steuergesetzrevision 2020 weht der Regierung von verschiedenen Seiten ein kalter Wind entgegen – auch wenn die Regierung eine Erhöhung der Dividendensteuern nun nicht mehr in Betracht zieht. Die Erhöhung der Gewinnsteuer von 1,5 auf 1,6 Einheiten sowie eine Erhöhung der Vermögenssteuer wird die SVP ablehnen, wie sie mitteilt. Auch die FDP steht Steuererhöhungen weiterhin sehr kritisch gegenüber. Die SP hingegen verlangt Firmensteuern von 1,75 Einheiten. Zudem fordern die Sozialdemokraten neu auch eine Anpassung der Progression bei der Einkommenssteuer für sehr hohe Einkommen. Die CVP beurteilt die Pläne der Regierung bezüglich dieser Feinjustierungen bei der Steuerstrategie als positiv.

Bei der AFR18 wertet das Finanzdepartement gerade die Vernehmlassungsantworten aus. Man sei in positiven Gesprächen. Allerdings ist die Erstversion der Regierung bei den Parteien durchgefallen, und auch der Verband Luzerner Gemeinden (VLG) hat noch grosses Verbesserungspotenzial geortet. Die Verwerfungen unter den Gemeinden sind sehr gross, reiche Gemeinden haben sich bereits auf die Barrikaden gestellt. Die zu überwindenden Hürden sind bestimmt noch gross, auch wenn sich Schwerzmann diesen Mittwoch vor den Medien in Optimismus übte.

Prognosen geben Anlass zu Kritik

Dass die Prognosen aus dem Finanzdepartement zu reden geben, ist nichts Neues. Immer wieder stand Marcel Schwerzmann in der Kritik, insbesondere bei den Steuereinnahmen zu optimistisch zu budgetieren (siehe Bonus-Grafik ganz unten). Nun wurden die Prognosen gegenüber dem Vorjahr massiv nach unten korrigiert. Schwerzmann geht davon aus, dass die Steuereinnahmen in den nächsten drei Jahren gegenüber den Prognosen aus dem Vorjahr um ganze 145 Millionen Franken tiefer ausfallen. 

Die CVP freut’s: «Mit der Korrektur nach unten sind die Entwicklungen realistischer abgebildet.» Die Korrekturen lassen jedoch auch die Effekte der Steuerstrategie in einem neuen Licht erscheinen. Die Frage nach deren Erfolg gehört in der Luzerner Politlandschaft zu den am heftigsten diskutierten.

Fakt ist: Im Jahr 2011, vor der Halbierung der Firmensteuern, lagen die Steuereinnahmen bei juristischen Personen bei 133 Millionen Franken. Im Budget 2019 sind durch Firmensteuern Einnahmen von 124 Millionen vorgesehen. Hinzu kommt jedoch der Effekt der tiefen Firmensteuern beim Anteil an den direkten Bundessteuern. Hier konnte Luzern die Einnahmen von 97 Millionen (Rechnung 2011) auf 130 Millionen (Budget 2019) steigern.

Sehen Sie die Entwicklungen in der Grafik:

 

 

«Klar würde ich mir wünschen, dass die Unternehmen mehr Steuererträge abliefern», sagte Schwerzmann dazu. Er führte jedoch sogleich ins Feld, dass man die Firmensteuern nicht getrennt von den Steuern durch natürliche Personen betrachten dürfe. Neue Arbeitsplätze würden bedeuten, dass mehr Leute ein Einkommen erhielten. Dieses werde besteuert, weshalb die Einnahmen von natürlichen Personen stiegen. Die Einnahmen durch natürliche Personen stiegen von 728 Millionen (Rechnung 2011) auf 968 Millionen (Budget 2019). So argumentiert auch FDP-Kantonsrat Damian Hunkeler: «Der Erfolg ist insofern schwierig zu beurteilen, weil Vergleiche stets hypothetischer Natur sind.»

Das Fazit von Marcel Schwerzmann: «Die finanzielle Lage des Kantons hat sich etwas aufgehellt, befindet sich aber immer noch in engen Schuhen.» Kein Wort verlor der Finanzdirektor über die Sparanstrengungen in den letzten Jahren. Die Betroffenen würden nach wie vor unter den Abbaumassnahmen leiden, erklärt etwa die SP.

Und der Kommentar der Grünen lautet: «Auch in den kommenden Jahren sollen die drastisch abgebauten Leistungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Sicherheit und Kultur nicht wieder auf ein Niveau angehoben werden, welches auch für die wenig Verdienenden einen fairen Zugang zum gesellschaftlichen Leben in Sicherheit und Würde ermöglicht.» Eher abenteuerlich ist hingegen die Kritik der Grünen, der Regierung sei die «strenge technokratische Umsetzung finanzpolitischer Vorgaben» das Wichtigste. Als ob die Regierung hier Spielraum besitzen würde.

Bonus-Grafik: So veränderten sich die Prognosen des Kantons in den letzten Jahren

 

 

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