Emmen: Harsche Kritik wegen Verdoppelung der Flüge

«Schweinerei»: Kommunikations-Gau des VBS erzürnt Luzern

Der Flugplatz Emmen aus der Vogelperspektive.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Der Bundesrat bestätigt, dass die Flüge beim Militärflugplatz Emmen beinahe verdoppelt werden. Obwohl das VBS dies erst an einer unter Lobhudeleien angesetzten Medienkonferenz heute Freitag verkünden wollte. In Luzern ist man entsprechend überrumpelt und schiesst gegen die «offene und transparente Informationspolitik», wie die Militärs dies nennen.

Jetzt ist also klar: Beim Militärflugplatz Emmen wird die Anzahl Flugbewegungen von heute 3500 auf 6500 zunehmen. Dies geht aus einer Antwort des Bundesrates auf einen Vorstoss der Luzerner SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo hervor. Grund ist die Schliessung des Militärflugplatzes in Sion auf Ende 2017.

Damit ist eingetreten, was der Schutzverband der Bevölkerung um den Flugplatz Emmen (SFE) Ende November befürchtet hatte. Und genau das Gegenteil dessen, was ein Sprecher des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) damals gegenüber zentralplus sagte. Dieser liess sich zitieren mit: «Emmen wird nicht viel mehr Flugbewegungen erhalten.»

Auch der Kanton und die Stadt Luzern haben sich in die Diskussion eingebracht. Der Stadtrat will keine Übungsflüge der Patrouille Suisse mehr über dem Stadtgebiet. Diesen Donnerstag erhielt er dafür auch Rückendeckung aus dem Stadtparlament. Und der Kanton machte gegen zusätzlichen Fluglärm mobil (zentralplus berichtete).

Künftig werden rund 6500 Flugbewegungen stattfinden. Wie das aussieht und wie das tönt, erfahren Sie im Video:

 

«Absolut inakzeptabel»

Schutzverband-Präsident Luzius Hafen ist dementsprechend empört: «Es ist eine Schweinerei.» Überraschend kommt es für ihn nicht, denn man habe es ja so befürchtet, aber es ärgert ihn masslos. «Das Kommunikationsverhalten des VBS ist absolut inakzeptabel.»

Das VBS nimmt zu den neusten Zahlen keine Stellung und verweist auf eine Medienkonferenz, welche diesen Freitag angesetzt ist. Diese findet «im Sinne einer offenen und transparenten Informationspolitik» statt, wie der Medieneinladung zu entnehmen ist. Wie es um diese steht, zeigt der Informationsstand der Gemeinde Emmen und des Kantons Luzern.

Mängel beim Informationsfluss

Die Gemeinde Emmen könne zu den neusten Entwicklungen keine Stellung abgeben, wie der Kommunikationsbeauftrage Nikola Janevski erklärt. Man scheint vom Bekanntwerden der neusten Zahlen ziemlich überrumpelt und davon ausgegangen zu sein, dass die Öffentlichkeit erst an der Medienkonferenz informiert werde. Die Gemeinde wurde diesen Donnerstagabend informiert. Die Haltung sei deshalb noch immer diesselbe (siehe Box).

Emmer Gemeinderat hin- und hergerissen

Der Gemeinderat vertritt seit Jahren eine sehr ambivalente Haltung gegenüber den Verantwortlichen des Militärflugplatzes. Er steht grundsätzlich hinter dem Militärflugplatz als Instrument der Landesverteidigung und anerkennt dessen wirtschaftliche Bedeutung, vor allem für die Ruag. Dem stehe das Bedürfnis nach möglichst viel Ruhe und möglichst wenig Flugbewegungen gegenüber.

Der Gemeinderat Emmen steht deshalb im Dialog mit dem Bundesrat, dem Kommandanten der Luftwaffe und vor allem dem Kommando des Militärflugplatzes, der Ruag und auch dem Schutzverband und vielen Anwohnern. Die Luftwaffe und das Flugplatzkommando seien bemüht, im Rahmen der Möglichkeiten auf die Bedürfnisse der vom Fluglärm betroffenen Bevölkerung einzugehen.

Und auch der Luzerner Justizdirektor Paul Winiker (SVP) teilt auf Anfrage mit, dass die Informationen noch nicht bis zu ihm durchgedrungen sind. «Wir nehmen zur Kenntnis, dass das VBS in einer Vorstossbeantwortung einzelne Zahlen zu den Flugbewegungen in Emmen nennt. Es ist geplant, dass wir –­ Kanton und betroffene Gemeinden – demnächst von der Luftwaffe umfassend informiert werden», schreibt er. «Anschliessend werden wir die Informationen analysieren, mit den betroffenen Gemeinden sprechen und das weitere Vorgehen planen.»

Juristisches Hickhack programmiert

Luzius Hafen hat das Vertrauen ins VBS definitiv verloren. Er bezweifelt, dass die 6500 Flugbewegungen bereits die Limite darstellen. «Dabei handelt es sich bestimmt nur um eine Zwischenstufe», sagt er. Denn sobald die Armee einen neuen Kampfjet angeschafft habe, werde man die Bewegungen einfach umrechnen. «Die Leidtragenden sind die Anwohner, die unter einer massiven Erhöhung von Fluglärm leiden werden.»

Und Hafen hat in der Betrachtung der neusten Pläne und Zahlen des VBS etwas Weiteres festgestellt. «Nicht einmal diese sind glaubwürdig. Noch immer fehlen darin 2000 Kampfjetbewegungen», sagt er. «Die Salamitaktik geht nahtlos weiter.» Möglicherweise werde der Flugplatz Emmen also nochmals stärker belastet.

Was also hat der SFE nun vor? Hafen erklärt: «Wir müssen den Kanton und die Gemeinden in die Pflicht nehmen, beim Bund Dampf zu machen.» Das sei der politische Weg. Daneben sei man auch gewillt, juristisch aus dem Vollen zu schöpfen. «Wir werden das neue Objektblatt des Flugplatzes Emmen mit Einsprachen bekämpfen und diese wenn nötig weiterziehen», zeigt sich Hafen kampfbereit.

So tickt der Schutzverband

«Der Schutzverband der Bevölkerung um den Flugplatz Emmen hat zum Ziel, die Bevölkerung vor Immissionen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Flugplatzes Emmen zu schützen», heisst es auf der Webseite. Er setze sich ein für:

  • die Begrenzung der Anzahl Flugbewegungen auf den Stand des Jahres 2000
  • die kurzfristige Stabilisierung und mittel- bis längerfristige Senkung der Flugemissionen
  • die Beibehaltung der Flugbetriebszeiten mit Flugpausen in der Nacht, über Mittag und am Wochenende

Dem Vorstand gehören nebst Präsident Luzius Hafen neun weitere Mitglieder an. Darunter Politikgrössen wie SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo oder SVP-Nationalrat Felix Müri. Auch GLP-Präsident und alt Nationalrat Roland Fischer ist dabei. Fischers grösster politischer Erfolg war die Ablehnung des Gripen-Kaufs, wo er als Offizier ausser Dienst das bürgerliche Nein-Komitee anführte.

zentralplus berichtet im Verlauf des Tages nach erfolgter Stellungnahme durch das VBS.

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