Schutz für weibliche Gewaltopfer gewährleistet?

Es hat nicht genug Platz: Eine Analyse der kantonalen Sozialdirektoren (SODK) zeigte im Juni 2015, dass der Schutz von gewaltbetroffenen Frauen (und ihren Kindern) in der Schweiz nicht ausreichend gewährleistet sei. 2013 mussten demnach 300 gewaltbetroffene Frauen abgewiesen werden. Doch wie sieht es in der Region Luzern aus? Die Fraktion der Luzerner Grünen beauftragte den Luzerner Regierungsrat aufgrund des SODK-Berichtes mit einer Analyse. Die Antwort liegt nun vor.

1. Zu den Zahlen in Bezug auf schutzbedürftige Personen

Im Kanton Luzern werden pro Jahr durchschnittlich 80 – 90 Erwachsene und 80 – 85 Kinder in Schutzeinrichtungen eingewiesen oder melden sich selber. Sie konnten in den vergangenen zwei Jahren wie folgt untergebracht werden:

  • 50 – 55 Frauen und 45 – 50 Kinder sind ins Frauenhaus eingetreten,

  • 16 erwachsene Schutzbedürftige mit zehn Kindern (diese Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2014, Daten zu früheren Jahren liegen nicht vor) konnten im Haus Hagar oder einer anderen Unterkunft – z.B. Hotel, Personalzimmer – untergebracht werden,

  • 14 Erwachsene mit 16 Kindern mussten an ausserkantonale Institutionen verwiesen werden,

  • sieben Mädchen und zwei Buben wurden ausserkantonal platziert (Mädchenhäuser, Schlupfhuus).

    Die ausserkantonalen Platzierungen erfolgen aus unterschiedlichen Gründen, schreibt der Regierungsrat: Zum einen aufgrund der hohen Gefährdung, zum anderen infolge Platzmangels im Frauenhaus oder im Haus Hagar oder weil ein entsprechendes Angebot im Kanton Luzern nicht vorhanden ist (z.B. Mädchenhaus).

 

2. Zum Angebot an Schutzeinrichtungen im Kanton Luzern und in der Zentralschweiz

  • a) Frauenhaus Luzern: Das Frauenhaus Luzern bietet sieben Plätze für physisch, psychisch und sexuell misshandelte Frauen ab 18 Jahren, mit oder ohne Kinder an. Das Angebot beinhaltet Schutz, Unterkunft und Beratung für die betroffenen Frauen an nicht öffentlicher Adresse. Die Beratung umfasst die Begleitung in der Krisensituation, die Unterstützung bei der Verarbeitung von Gewalterlebnissen, Rechtsberatung, Vernetzung mit der Opferhilfe und den Sozialdiensten, Zukunftsplanung. Zusätzlich führt das Frauenhaus Luzern eine 24h-Hotline für Gewaltbetroffene, Angehörige und Fachstellen.

 

  • Das Frauenhaus Luzern ist die einzige Institution in der Zentralschweiz mit einem spezialisierten Schutz- und Beratungsangebot für gewaltbetroffene Frauen mit und ohne Kinder. Zudem ist das Frauenhaus die einzige Institution, die in der im Postulat erwähnten Statistik der Dachorganisation der Frauenhäuser der Schweiz (DAO) erfasst ist. In der Zentralschweiz betreuen jedoch weitere Einrichtungen gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder. Sie ergänzen somit das Angebot der in der Statistik aufgeführten Frauenhäuser.

 

  • b) Haus Hagar, Luzern: Diese Institution bietet ebenfalls sieben Plätze an und richtet sich an Frauen mit oder ohne Kinder, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden. Sie werden begleitet und beraten in Bezug auf Lebensfragen und vernetzt mit Fachpersonen und Ämtern. Das Haus Hagar bietet sich als Anschlusslösung für nicht mehr akut gefährdete Frauen aus dem Frauenhaus oder für gewaltbetroffene Frauen ohne akute Gefährdung an.

 

  • c) Herberge für Frauen, Zug: Die Herberge für Frauen in Zug ist eine privat geführte, begleitete Wohnmöglichkeit für Frauen, die sich in einer Not- und Übergangssituation befinden. Es handelt sich um eine Schutzunterkunft an nicht öffentlicher Adresse. Sie bietet Aufnahme für acht Frauen und ihre Kinder. Fachfrauen aus dem Sozialbereich informieren, beraten und begleiten die Frauen und ihre Kinder während des Aufenthaltes in der Herberge. Sie sind den Frauen und Kindern in Fragen des alltäglichen Lebens behilflich und vermitteln bei Bedarf Kontakte zu spezialisierten Beratungs- und Fachstellen. Durch die Platzierung von gewaltbetroffenen Frauen in der Herberge für Frauen in Zug können Engpässe beim Frauenhaus Luzern oder beim Haus Hagar aufgefangen werden.

 

  • d) Haus für Mutter und Kind, Hergiswil NW: Das Haus für Mutter und Kind in Hergiswil NW bietet sieben Müttern mit ihren Kindern bis zum Vorschulter eine Unterkunft auf Zeit in einem geschützten Umfeld. Das Angebot richtet sich nicht an gewaltbetroffene Frauen, kann aber eine Option im Anschluss an den Aufenthalt im Frauenhaus darstellen. In allen aufgeführten Institutionen werden keine drogen- oder alkoholabhängigen sowie psychisch kranken Frauen, welche von häuslicher Gewalt betroffen sind, aufgenommen.

 

Der Regierungsrat kommt in seiner Analyse zum Schluss: «Die angefragten, zuweisenden Stellen (Luzerner Polizei, Opferberatung, KESB) bestätigen übereinstimmend, dass zwar Weiterweisungen in ausserkantonale Einrichtungen aufgrund von Platzmangel vorkommen, dass bis jetzt jedoch für alle Personen jeweils eine adäquate Alternative gefunden werden konnte.»

«Die ausserkantonalen Weiterweisungen von gefährdeten oder hoch gefährdeten Frauen erfolgen in andere Frauenhäuser oder in spezialisierte Einrichtungen wie die Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) in Zürich. Die FIZ betreut Opfer von Frauenhandel.
Für gewaltbetroffene Männer und ihre Kinder steht die Schutzunterkunft «Zwüschehalt» im Kanton Aargau zur Verfügung. Minderjährige Schutzbedürftige werden je nach Ausmass oder Form der Gefährdung in der Notaufnahme Utenberg (NAU) oder in ausserkantonalen Schut- zunterkünften wie dem Mädchenhaus in Zürich oder dem Schlupfhuus in Zürich (Jugendliche in Krisensituationen) untergebracht.

Insgesamt wird das bestehende Platzangebot im Frauenhaus Luzern als ausreichend erachtet (die Auslastung liegt in den letzten Jahren durchschnittlich bei rund 90 Prozent). Das Angebot im Haus Hagar bietet eine gute Lösung im Anschluss an den Aufenthalt im Frauenhaus an, wenn die Gefährdung nicht mehr als akut eingestuft wird, jedoch trotzdem eine Unterstützung notwendig ist. Das Platzangebot im Haus Hagar wird gemäss Umfrage bei den zuweisenden Stellen ebenfalls als ausreichend bezeichnet.

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