Innovative junge Geschäftsideen

Schüler werden zu Mini-Unternehmern

Ein Schüler der Kanti Sursee stanzt eine «Wiggle-Pic»-Karte. (Bild: ben)

Noch bis Samstagabend präsentieren und verkaufen Kantischüler aus der ganzen Schweiz im Bahnhof Luzern Produkte oder Dienstleistungen, die sie selber entwickelt haben. zentral+ hat die heutige Ausstellung besucht und besonders die Geschäftsideen aus der Kanti Sursee, der Kanti Alpenquai und dem Gymnasium St. Klemens unter die Lupe genommen.

Die einen schlachten alte Autos aus und stellen aus den Airbags modische Turnbeutel her. Andere produzieren biologische und koschere Lippenpomadenstifte, Ketchup oder einen mit Stevia gesüssten Himbeerdrink.

Die kleine Ausstellung im Untergeschoss des Bahnhofs ist noch bis morgen zu Gast in Luzern. 50 Teams haben sich als Top-Miniunternehmen der Schweiz qualifiziert. Sie wurden aus 170 Teams aus der ganzen Schweiz ausgesucht, die Businesspläne eingereicht hatten, in denen sie innovative Produkte oder Dienstleistungen präsentierten. Die besten Teams stellen sich seit Donnerstag der breiten Öffentlichkeit vor und üben sich in Verkauf und Marketing.  

Testweise für ein Jahr betätigten sich diese Schüler und Schülerinnen als Jungunternehmer. Gleichzeitig nehmen sie an einem Wettbewerb teil. Organisiert wird der Event von der Young Enterprise Switzerland (siehe Box). Der Surseer Patrick Kiener studiert Volkswirtschaft und ist teilzeitlich Programm-Manager bei YES. Er organisierte den Event in Luzern mit einer Kollegin. «Im August haben Mittelschüler ein reales Miniunternehmen gegründet. Es sind zumeist Schüler aus Wirtschaftsmittelschulen», erklärt er. Vor vier Jahren seien es knapp 100 Teams gewesen, jetzt über 170. «Wir wachsen stetig», sagt Kiener.

Kanti Sursee ist sehr aktiv

Wer dahinter steht

Hinter dem Projekt steht Young Enterprise Switzerland (YES). YES ist ein gemeinnütziger Verein, der Wirtschaftsbildungsprogramme für Schüler entwickelt. Ziel ist, die Wirtschaft mit der Schule zu vernetzen. Im Rahmen des Company Programmes gründen und betreiben Schüler der Mittelschule im Alter zwischen 16 und 20 Jahren während eines Schuljahres ein reales Miniunternehmen und sammeln erste Erfahrungen als Unternehmer.
Mithilfe von Partizipationsscheinen sammeln sie ein Startkapital von maximal 3000 Franken, das sie später mit ihren Gewinnen zurück zahlen. Ende Jahr werden die Startsup wieder aufgelöst. Wenn eine Firma die Idee aber aufnimmt, können daraus durchaus reale Unternehmen werden.
www.y-e.ch

Besonders gut vertreten ist die Kantonssschule Sursee. Gleich drei Jungunternehmer-Gruppen aus den Klassen 4d und 4k stellten an diesem Freitag aus. Das eine Team heisst «Wiggle Pic». Ein Wiggle Pic oder Wackelbild sind zwei Fotos in einem, die sich abwechseln. So entsteht der Eindruck einer Bewegung. In Papeterien oder in den Poststellen kann man solche Karten kaufen, oft mit Tiermotiven. «Die Motive auf den Karten im Handel sind fix», erklärt der Schüler Idriz Ajrulli, «bei uns kann man ein Wiggle Pic von sich selber machen lassen.» Die Schüler machen zwei Fotos von der Person. Mit einer speziellen Software am Computer und einer Stanzmaschine produzieren sie in fünf Minuten eine Wiggle-Pic-Karte im Kreditkartenformat.

Abgesehen von der Ausstellung im Bahnhof boten die Schüler ihre Dienstleistung seit August auch vor Geschäften oder an bestimmten Events an und verkauften bisher rund 400 Wiggle Pics zum Stückpreis von 5.95 Franken. Mit einer Bank haben sie ebenfalls zusammen gearbeitet. Die Bank gab dem Team 200 Franken, im Gegenzug durfte sie ihr Logo hinten auf der Karte aufdrucken, der Kunde erhielt die Karte gratis – eine Win-Win-Situation.

«Unser Produkt ist einiges besser.»

Stefano Pfleiderer von Alays

 

Duftende Handreinigungsmittel

Das zweite Team aus Sursee heisst Cleaning Agent. «Wir haben ein Handreinigungmittel entwickelt», erklärt die Schülerin Annalena Kneubühler. Sie steht mit ihren Kolleginnen in hygienisch cleaner weisser Kleidung am Stand. Kneubühler erklärt, dass man für die Produktion des Reinigungsmittels ein Desinfektionsmittel verwende. «Mit Lebensmittelaromen wie Orange oder Zitrone haben wir dem Mittel einen feinen Geruch verpasst.»

Biologische und pflanzliche Lippenpomade

Ein anderes Unternehmen heisst «Alays». Es besteht aus Schülern des Gymnasiums St. Klemens in Ebikon. Ihr Produkt ist ein Lippenbalsam aus pflanzlichen Inhaltsstoffen, den sie in Handarbeit herstellen. Stefano Pfleiderer: «Wir haben in einer Reportage gesehen, dass oft Schlachtabfälle von Schweinen in Kosmetika enthalten sind und fanden das eklig. Wir haben uns deshalb überlegt, ob man nicht Lippenbalsam ohne diese Stoffe und auch ohne Chemie herstellen könnte.» Man kann.

Das Resultat heisst «Alays». Es gibt den Stift in vegetarischer Ausführung – mit Bienenwachs. In der veganen Variante wurde das Bienenwachs durch Candelliawachs ersetzt. Die Stifte sind zudem mit natürlichen Düften wie Zitronengras aromatisiert. Die Schüler verkaufen sie zu fünf Franken pro Stück. Pfleiderer merkt noch an, dass ihre Produkte überdies koscher und halal seien.

Für einen guten Zweck in Afrika

Gleich daneben bietet eine weitere Gruppe namens «Liplu» ebenfalls pflanzliche Lippenbalsamstifte an. Dieses Produkt sei für Frauen wie Männer geeignet, betonen die jungen Unternehmer. Diese Gruppe von der Kanti Alpenquai in Luzern stiftet einen Teil des Erlöses an eine Institution in Afrika.

Zufällig waren am Freitag die beiden Lippenpomadenstift-Anbieter gleich nebeneinander angesiedelt. «Unser Produkt ist einiges besser», sagt Stefano Pfleiderer von Alays – schon ganz Geschäftsmann.

ConSol aus Zug produziert die Taschen

Doch auch Kantischüler aus anderen Regionen haben tolle Ideen entwickelt. Aufgefallen ist uns der Stand von «air Bag». Der Name ist Programm: Aus ausgeschlachteten Autowracks holen sich die Jugendlichen ihre Rohstoffe. «Der Vater meines Kollegen hat einen Autoschrottplatz», erklärt Luc Reinert. Aus den Airbags der Wracks produzieren die Schüler dann modische Turn- oder Freizeittaschen. Aus Autogurten entsteht ein Ornament auf den Taschen. «Für die Produktion haben wir auch an den sozialen Aspekt gedacht», sagt Hendrik Fischer.

Die soziale Institution ConSol aus Zug stellt die Taschen her. ConSol bietet Arbeits- und Ausbildungsplätze für Menschen mit psychischer oder physischen Einschränkung an. Die Taschen kosteten 29.90 Franken, erklärt Fischer. «Wir haben relativ hohe Produktionskosten von 19 Franken pro Tasche.» Man sei aber damit gegenüber anderen Anbietern wie Adidas konkurrenzfähig.

Weitere Aussteller am letzten Tag

An diesem Samstag stellen sich 17 weitere Miniunternehmen vor. Um 11 Uhr beginnt und um 19 Uhr endet die kleine Jungunternehmer-Messe in Luzern. Dann werden aus den 50 Angeboten die 25 besten ausgewählt, welche am Finale vom 29. und 30. Mai im Zürcher Hauptbahnhof ausstellen dürfen. Schliesslich werden die Sieger in verschiedenen Kategorien gekürt.

Mehr Bilder finden Sie hier in unserer Slideshow:

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon