Gewalt gegen Polizei endet mit Verurteilung

Schubkarren-Attacke auf Luzerner Polizisten kostet Tierfreundin 4’000 Franken

Symbolbild: Die Luzerner Polizei musste zu Unfällen mit Radfahrern in Hohenrain und Sempach ausrücken. (Bild: bic)

Nach einem Streit mit ihrem Vermieter ist eine 51-Jährige Frau ausgerastet: Sie hat zwei Mitarbeitenden der Luzerner Polizei eine Schubkarre entgegen geschleudert und sie damit verletzt. Das kommt sie nun teuer zu stehen.

Ihr Ausraster im Oktober 2018 wird die Tierfreundin insgesamt fast 10'000 Franken kosten. Viel Geld für eine Sachbearbeiterin, die netto rund 3'000 Franken verdient. Trotz der eher knappen finanziellen Verhältnisse der 51-Jährigen, hat das Bezirksgericht Kriens entschieden, dass die Geldstrafe von 80 Tagessätzen à je 50 Franken unbedingt vollzogen werden muss.

4'000 Franken muss die Frau also zahlen, weil sie sich der Gewalt und Drohung gegen Behörden schuldig gemacht hat. Hinzu kommen Gerichts- und Anwaltskosten von über 4'500 Franken.

Die Ponys hatten Hunger

Wie konnte es so weit kommen, dass eine gestandene Frau eine Polizistin und einen Polizisten mit einer Schubkarre attackiert? Einblick in die Gemütslage der Frau bot die Gerichtsverhandlung, die vor gut einem Monat am Bezirksgericht Kriens stattgefunden hat (zentralplus berichtete).

An jenem Sonntagabend eskalierte ein Streit zwischen der Frau und ihrem Vermieter. Die beiden hatten einen Vertrag für die Benutzung eines Pferdestalls abgeschlossen, in welchem die Frau ihre Ponys untergebracht hatte.

Schriftlich abgemacht war auch, dass der Vermieter das Heu für die Tiere bereitstellen würde. An jenem Oktobertag jedoch stellte die Frau fest, dass dieses verdorben war. Sie konnte die Tiere nicht füttern und wurde deshalb zunehmend unruhig.

Ponys sind Daueresser. Bekommen sie nicht genügend Futter, sammelt sich die Magensäure und sie bekommen Koliken. Dauert der Zustand länger an, können die Tiere sterben.

Polizei konnte ihr nicht helfen, an Futter zu kommen

Ein solches Schicksal wollte die Frau ihren Tieren ersparen. Sie rief die Polizei an, um den Vermieter mit deren Hilfe dazu zu veranlassen, sauberes Futter zu beschaffen.

Eine Polizistin und ein Polizist kamen vor Ort, sahen sich aber nicht in der Lage, etwas zu unternehmen. Die Einhaltung eines Mietvertrags sei eine privatrechtliche Angelegenheit und kein Fall für die Polizei, erklärten sie der Frau. Sie müsse das Heu auf zivilrechtlichem Weg einfordern.

Die Polizeipatrouille zog sich daraufhin zurück. Das Problem der Frau war damit aber nicht gelöst. Ihre Tiere wurden zunehmend nervös. Es war ein Sonntagabend, weshalb die Ponybesitzerin keine andere Möglichkeit sah, als ins Heulager des Vermieters einzudringen und dort das Futter zu beschaffen.

Sie schnappte sich eine Schubkarre und machte sich ans Werk. Als der Vermieter ihr Eindringen bemerkte, rief er nun seinerseits die Polizei.

Sie geriet ausser Rand und Band

Jeden zweiten Tag kommt es zu Gewalt und Drohungen gegen die Luzerner Polizei
Der Mangel an Respekt und eine latente Gewaltbereitschaft gegenüber Polizistinnen und Polizisten ist «ein grosses Thema», schreibt der zuständige Regierungsrat Paul Winiker im Jahresbericht der Luzerner Polizei. 2018 gab es bei der Luzerner Polizei 177 von Drohungen oder Gewalt betroffene Polizisten, im Vorjahr waren es 162. 45 Mitarbeitende wurden im Zusammenhang mit ihrer Arbeit verletzt. «Leider ist das eine Erfahrung, die wir nicht nur in Luzern oder der Schweiz machen, es scheint sich als gesellschaftliches Phänomen in allen westlichen Ländern breitzumachen», schreibt Winiker weiter. Insgesamt wurden letztes Jahr 207 Fälle von Gewalt und Drohung gegen Behörden registriert. Die Aufklärungsquote liegt bei 98,1 Prozent.

Es war die gleiche Patrouille, die vor Ort kam und die Frau im Heulager ansprach, als diese gerade das Futter auflud.

Als die Polizei sie aufforderte, das Heu stehen zu lassen, sah die Frau rot. Sie schnappte sich das Heu, zerzauste es in der Luft und schleuderte den Polizeimitarbeitenden die Schubkarre entgegen. Beide wurden dabei leicht verletzt. Sie brachten die Frau daraufhin zu Boden, um sie festzunehmen. Dabei soll die 51-Jährige die Polizistin auch noch in die Hand gebissen haben.  

Dass sich die Frau mit ihrem Verhalten der Gewalt und Drohung gegen Behörden schuldig gemacht hat, war für das Bezirksgericht Kriens klar. Es entschied jedoch, sie nicht auch noch wegen Nötigung zu verurteilen.

Die Staatsanwaltschaft hatte noch die Auffassung, dass sie durch ihr Verhalten den Vermieter genötigt habe, das Heu herauszurücken. Die Geldstrafe wurde deshalb von ursprünglich angedrohten 4'500 Franken auf 4'000 Franken reduziert.

Ob die resolute Frau das Urteil akzeptieren wird, ist noch offen. Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Simon Luegisland
    Simon Luegisland, 08.07.2019, 13:18 Uhr

    Haben die Ponys überlebt?

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    • Profilfoto von Lena Berger
      Lena Berger, 08.07.2019, 14:51 Uhr

      Lieber Simon, guter Hinweis, das hätte ich im Artikel natürlich auch noch schreiben können. Es ist dem Sohn der Beschuldigten gelungen, noch in der besagten Nacht bei einem benachbarten Bauernbetrieb Heu aufzutreiben. Die Tiere konnten also doch noch gefüttert werden. Sie leben heute auf einem anderen Hof, die Beschuldigte ist mit ihren Tieren dort ausgezogen.

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