Umstrittene Unterrichtsmethode

Schreiben nach Gehör – Stadtrat lehnt Verbot ab

Die Freude am Schreiben scheint in den letzten Jahren verloren gegangen zu sein. (Bild: Mirjam Oertli)

Mit der Rechtschreibung hapert es bei so manchem Schulabgänger. Die bürgerlichen Parteien orten das Problem bei den Schulen, die erst ab der dritten Klasse Fehler korrigieren würden. Der Stadtrat sieht es anders.

Eltern, Lehrbetriebe, Professoren: Die Zahl derer, die sich über die Rechtschreibqualität von Schulabgängern beschweren, ist gross. FDP, SVP, GLP und CVP glauben zu wissen, woran das liegt: an der Unterrichtsmethode «Schreiben nach Gehör».

Wird diese Methode angewandt, dürfen Kinder in den ersten Schuljahren Wörter so schreiben, wie sie es aufgrund des Klanges der Silben für richtig halten. Erst danach werden sie zur korrekten Schriftsprache angehalten.

Die Bildungsdirektionen der Kantone Nidwalden und Aargau haben die Methode verboten. Nun fordern auch Luzerner Stadtparlamentarier, dass der «Rotstift» schon vor der dritten Klasse konsequent angewendet werden soll, um Fehler zu korrigieren.

Es herrscht Methodenfreiheit

Der Stadtrat lehnt dies ab, wie aus seiner nun veröffentlichten Antwort auf das Postulat hervorgeht. Von 64 befragten Lehrpersonen würden nur 16 die Methode anwenden. 11 gaben an, sie gar nicht zu kennen und 34 wenden sie explizit nicht an. Mehr als die Hälfte gab zudem an, Rechtschreibnormen bereits im ersten Schuljahr zu vermitteln.

«Lehrpersonen haben sich im Verlaufe ihrer Ausbildung mit dem gesamten Methodenrepertoire auseinandergesetzt und sind befugt, dieses situativ und passend zum Unterrichtsinhalt und der Altersgruppe einzusetzen», schreibt der Stadtrat. Weder die eingesetzten Lehrmittel noch der Aufbau des Lehrplans gäben Anlass, um von politischer Ebene her neue Vorgaben zu machen.

Deutlich weniger Deutschunterricht

Aus der Antwort geht zudem hervor, dass der Stadtrat Zweifel hegt, dass die nachlassenden Rechtschreibfähigkeiten einen Zusammenhang mit der Methode haben. Zumindest führt er weitere mögliche Ursachen auf. Jugendliche würden heute nur noch wenig Zeit für private Lektüre aufwenden, Schreiben aber erfordere viel Übung und Training. Auch das Briefeschreiben sei durch SMS und kurze Mails ersetzt worden.

Kommt hinzu: Für Deutsch standen noch vor 20 Jahren fünf bis sechs Lektionen pro Unterrichtswoche zur Verfügung. Heute ist das Fach auf durchschnittlich vier Lektionen beschränkt.

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