Stadt Luzern kämpft weiter mit Finanzproblemen

Schon droht die nächste Steuererhöhung

Haben nichts zu lachen: Kommunikationschef Niklaus Zeier (von links), Stadtpräsident und Finanzchef Stefan Roth und Finanzverwalter Roland Brunner. (Bild: Luca Wolf)

Die Sozialhilfekosten laufen aus dem Ruder und die Steuereinnahmen fliessen spärlicher als erhofft – auf die Stadt Luzern kommen schwierige Zeiten zu. Konkret muss wohl noch mehr gespart werden. Oder: Die Steuern müssen schon wieder rauf.

Stapi und Finanzchef Stefan Roth hat auch schon glücklicher gewirkt. Kein Wunder auch, ob der neusten Finanzzahlen aus dem Stadthaus, die diesen Dienstag den Medien präsentiert wurden. Es ging um die Rechnung 2014. Diese schliesst zwar überraschend sehr viel besser als budgetiert. Doch der Ausblick auf die nächsten Jahre verheisst gar nichts Gutes.

8,5 Millionen besser als budgetiert

Fangen wir mit dem Positiven an. Die Rechnung 2014 schliesst grossartig ab. Konkret: Um 8,5 Millionen Franken besser als budgetiert. Dies bei einem Aufwand von 738 Millionen Franken. Der Stadtrat will davon 6 Millionen der Steuerausgleichsreserve und eine Million dem Energiefonds zuweisen. Folglich resultiert anstatt des budgetierten Minus von einer halben Million Franken immerhin noch ein Plus von 1,5 Millionen Franken.

«Nach vier Jahren mit Aufwandüberschüssen schliesst die laufende Rechnung der Stadt erstmals mit einem Ertragsüberschuss ab», sagt Roth. Somit gelingt es erstmals seit 2009 wieder einen Gewinn zu erzielen und erstmals seit 2007 die Verschuldung etwas abzubauen. «Diese erfreuliche Entwicklung ist unter anderem auf eine hohe Kostendisziplin von Verwaltung und Politik zurück zu führen», hält Roth fest. Damit hat er zweifellos Recht. Doch in erster Linie waren andere Faktoren dafür verantwortlich.

Quelle: Stadt Luzern

Gewinn nur dank einmaliger Einnahmen

Denn die seit Jahren finanziell arg gebeutelte Stadt konnte sich letztes Jahr über nicht budgetierte Einnahmen von sage und schreibe fast 11 Millionen Franken freuen. Etwa 3 Millionen Sonderdividende von EWL, 1 Million mehr Dividende der Tiefgarage Bahnhofplatz AG, 3 Millionen mehr Grundstückgewinnsteuern oder 2,4 Millionen mehr Erbschaftssteuern. Ohne diese einmaligen Gewinne hätte die Stadt ein desaströses Minus hingelegt. Man kann auch sagen: Ohne diese Gewinne wäre die Stadt in noch heftigere Schwierigkeiten gekommen als eh schon: Eigenkapital ganz futsch, Verschuldung noch höher, obwohl das Parlament dies «verboten» hat, und so weiter.

Aber freuen darf man sich natürlich trotzdem darüber. Doch die Freude ist Stefan Roth aus gutem Grund kaum anzusehen. Denn es gibt Entwicklungen in der Stadt, die ihm grosse Probleme und wohl künftig ein paar schlaflose Nächte bereiten werden.

Steuern: Es fehlen Millionen

Hauptsorge sind die Steuern. Sehr optimistisch rechnet die Stadt, wie schon in den Jahren zuvor, für 2015 bis 2019 mit einem jährlichen Wachstum bei den Steuereinnahmen. Und zwar in der Höhe von 3,5 Prozent sowohl bei den natürlichen als auch den juristischen Personen. Doch diesbezüglich siehts mehr als trüb aus. Anlass zur Sorge gibt die Rechnung 2014. Demnach liegen die ordentlichen Einkommens- und Vermögenssteuern mit fast 5 Millionen Franken unter dem Budget. «Und gemäss unseren Szenarien steigen die Steuereinnahmen nicht wie erhofft, sondern stagnieren oder sinken sogar», sagt Finanzverwalter Roland Brunner. Genauer voraussagen lasse sich das aufgrund der labilen Wirtschaftslage und des schwachen Euros nicht.

Neustes Sparpaket schon Makulatur?

Tritt Brunners Befürchtung ein, steigen die Steuereinnahmen nicht wie geplant um jährlich 9 Millionen Franken. Sondern vielleicht nur um die Hälfte. Damit würden jährlich diverse Millionen Einnahmen fehlen. Das könnte sich die Stadt nicht leisten. Denn dann würde das neuste, derzeit geschnürte Entlastungspaket «Haushalt im Gleichgewicht» nicht mehr genügen. Dieses soll im Herbst präsentiert werden und sieht ab 2016 jährliche Einsparungen (Mehreinnahmen und Minderausgaben) von elf Millionen Franken vor. Nur so könnten die ab 2016 drohenden massiven Defizite von zehn bis 16 Millionen Franken jährlich aufgefangen werden.

Wenn nun aber die Steuereinnahmen nicht steigen, muss die Stadt entweder noch mehr sparen, was extrem schwierig werden dürfte, oder ­– die Steuern erhöhen. Einer Steuererhöhung vor 2018 hat das Stadtparlament jedoch den Riegel geschoben. Finanzverwalter Roland Brunner räumt auf Nachfrage von zentral+ ein: «Wenn wir die nun bekannten Zahlen schon letztes Jahr gewusst hätten, als wir die Sparsumme von 11 Millionen Franken für das Projekt ‹Haushalt im Gleichgewicht› festgelegt haben, hätten wir den Betrag höher ansetzen müssen.»

Sozialhilfe: Kosten steigen enorm

Ein weiteres Problemkind bezüglich Finanzen ist die Soziale Wohlfahrt. Dort steigen die Ausgaben Jahr für Jahr mordsmässig, satte 3,6 Millionen Franken lagen sie letztes Jahr über dem Budget. Und gemäss Gesamtplanung 2015 bis 2019 ist weiterhin mit happigen Steigerungen zu rechnen. Laut Brunner hat das unter anderem mit der IV-Revision zu tun. Weil die IV weniger Sozialhilfebezügern eine Rente gibt, bleiben diese Leute länger in der Sozialhilfe. Auch die vorläufig aufgenommenen Asylsuchenden verursachen laut Brunner immer höhere Kosten.

Fazit: Die Stadt muss noch mehr sparen oder die Steuern erhöhen. Und so schnell wird sich die Laune von Stefan Roth nicht verbessern.

 

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Parteien freuen sich, mahnen aber auch

zentral+ hat bei den Parteien, die sich allerdings erst grob ein Bild über die Lage machen konnten, nachgefragt, was sie von der Rechnung 2014 und der finanziellen Lage der Stadt halten.

«Die Grünen sind erfreut über den positiven Rechnungsabschluss 2014», sagt Grossstadträtin Katharina Hubacher. Der positive Rechnungsabschluss sei jedoch auch das Resultat von einschneidenden Sparmassnahmen in der Verwaltung, beim Personal und bei den Investitionen. Für die Grünen ist nun genug gespart, entsprechend müsse das Sparprojekt «Haushalt im Gleichgewicht» angepasst werden. So brauche das städtische Personal wieder Lohnperspektiven und die Investitionen etwa bei den Schulhäusern müssten vorangetrieben werden. «Diese Sparpolitik verursacht und verursachte Belastungen, die wie Schulden der nächsten Generation übertragen werden. Diese kurzfristige Finanz- und Investitionspolitik muss angepasst werden», so Hubacher.  

Ähnlich sieht es die SP, wie Grossstadtrat Simon Roth mitteilt: «Das Ergebnis ist zweifelslos erfreulich, wirft aber gleichzeitig auch Fragen auf. Offenbar fiel das Budget für 2014 deutlich zu pessimistisch aus.» Es stelle sich daher die Frage, inwiefern den düsteren Prognosen seitens der städtischen Verwaltung für die kommenden Jahre zu trauen sei. Im Hinblick auf das andiskutierte Sparpaket müsse man sich dies im Hinterkopf behalten und «nicht auf Vorrat die hohe Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Luzern gefährden».

Es sei aber dringend geboten, die Einnahmeseite der Stadt Luzern  zu stärken. «Der positive Jahresabschluss 2014 gibt der Stadt die Zeit, die Abstimmung zur sehr moderaten Erhöhung der Unternehmensgewinnsteuer im Kanton Luzern abzuwarten», rührt Roth die Werbetrommeln. «Nimmt die Bevölkerung die Initiative der SP an, sind Sparpakete in der Stadt Luzern überflüssig und die Einnahmenprobleme der Stadt Luzern wären gelöst.»

Auch für GLP-Grossstadtrat András Özvegyi ist der unerwartet gute Abschluss Grund zur Freude. «Er bietet uns eine kleine Verschnaufpause.» Trotzdem müsse man weiterhin vorsichtig bleiben, insbesondere auch betreffend des schwachen Euros.

Seitens der CVP sagt Grossstadträtin Franziska Bitzi Staub: «Auch wir sind erfreut über den sehr postiven Abschluss. Doch Grund zum Jubeln gibt es nicht.» Denn ohne die vielen nicht budgetierten Sondereffekte sähe es ganz anders aus. Bitzi sieht denn auch, anders als die Linken, überhaupt keinen Grund, schon jetzt die Sparbemühungen zu lockern. Vielmehr werde man sich wohl auf noch härtere Zeiten einstellen müssen.

Auch FDP-Fraktionschefin Sonja Döbeli Stirnemann warnt vor Euphorie. «Natürlich freut auch uns das Ergebnis. Allerdings ist durch die vielen Sondereinnahmen ein geschöntes Resultat entstanden, das als solches nicht nachhaltig ist.» Döbeli kritisiert zudem die ihrer Meinung nach zu optimistischen Wachstumsprognosen der Stadt. Nun müsse man weiterhin ganz genau schauen, wie sich die Situation entwickle.

Seitens der SVP konnte sich Marcel Lingg aus zeitlichen Gründen noch nicht mit der Rechnung 2014 auseinander setzen. Das positive Ergebnis sei aber sicherlich schon mal erfreulich.


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