Luzerner Lehrer protestieren gegen Zwangsferien

Schöne Ferien? Von wegen!

VLM-Präsident Remo Herbst mit dem T-Shirt, das es ab dem kommenden Montag zu gewinnen gibt.

(Bild: Robert Müller)

Damit hat sich der Kanton Luzern schon seit Monaten schweizweit zur Lachnummer gemacht: mit den Zwangsferien für Mittel- und Berufsschüler. Nächste Woche werden diese unfreiwilligen Ferien nun Realität. Wie sich die Betroffenen darauf vorbereiten.

Ab dem nächsten Montag wird auf dem Theaterplatz in der Stadt Luzern eine Hau-den-Lukas-Maschine stehen. Eine symbolische Geschichte soll das werden: Passanten können mit dem grossen Hammer «auf die Bildungsqualität einschlagen» und so auf den Bildungsverlust an Luzerner Kantons- und Mittelschulen aufmerksam machen.

Standaktion statt Unterricht

Die Hau-den-Lukas-Aktion ist Teil einer Standaktion, die der Verband Luzerner Mittelschullehrerinnen und -lehrer (VLM) und die Gewerkschaft VPOD organisieren. Als Preis gibt es ein T-Shirt mit der Aufschrift «Unterricht weggespart». Wer am Theaterplatz vorbeikommt, wird auch Flyer erhalten und eine satirische Videoproduktion anschauen können. Die Standaktion findet die ganze Woche jeweils von 8 bis 17 Uhr statt.

Die Termine sind bewusst gewählt: Sie entsprechen den regulären Unterrichtszeiten an den Mittelschulen, die nun aber wegen der Zwangsferien ausfallen. Das Aufgebot des VLM und des VPOD ist eindrücklich. Gegen achtzig Mittelschullehrer werden die Standaktion betreuen und so ihren Protest gegen die «skandalöse, bildungsfeindliche und peinliche Zwangsferienwoche» kundtun.

«Das ist eine Katastrophe, und das können wir nicht länger akzeptieren.»
Remo Herbst, Präsident des VLM

«Wir wollen die Bevölkerung darauf aufmerksam machen, dass nächste Woche sämtliche Berufs- und Mittelschulen im Kanton Luzern geschlossen bleiben. Aufgrund der Finanzmisere werden die Lehrpersonen daran gehindert, ihren Auftrag zu erfüllen und guten Unterricht zu leisten», sagt Martin Wyss, Geschäftsleiter des VPOD in Luzern.

Und Remo Herbst, Präsident des VLM, fügt bei: «Wir wollen der Bevölkerung nahebringen, was da eigentlich abgeht. Regierung und Kantonsrat probieren auf allen Ebenen die Bildungsqualität abzubauen. Das ist eine Katastrophe, und das können wir nicht länger akzeptieren.» Gegen die Zwangsferien protestiert auch der Verband der Luzerner Berufsschullehrer und Berufsschullehrerinnen, an der Standaktion beteiligt er sich jedoch nicht.

«Das ist der bisher unwürdigste Höhepunkt in einer endlosen Liste von Sparmassnahmen.»
Remo Herbst

Wir erinnern uns: Die Zwangsferienwoche wurde Ende 2015 vom Kantonsrat für das laufende Jahr beschlossen. Dadurch spart der Kanton bei den Gymnasien, Mittel- und Berufsschulen die Lohnkosten beim Lehrpersonal ein, es sollen rund vier Millionen Franken sein. «Das ist der bisher unwürdigste Höhepunkt in einer endlosen Liste von Sparmassnahmen», sagt Remo Herbst. Die Liste umfasst unter anderem die Streichung von Fächern und Lektionen, die Erhöhung von Elternbeiträgen und die Vergrösserung von Klassen bis ans zulässige Limit.

Auch wenn einzelne Schüler die Extra-Ferienwoche geniessen dürften, glaubt Remo Herbst nicht, dass die Schülerschaft insgesamt daraus einen Nutzen zieht. «Die meisten Schüler haben realisiert, dass das kein Spass ist. Sie müssen den Unterrichtsstoff entweder selbstständig erarbeiten oder sie bekommen ihn unter mehr Druck im Regelunterricht verabreicht.»

Das Sparen geht munter weiter

Die Fronten sind verhärtet

Am 24. Oktober findet ein letztes Treffen zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Luzerner Personalverbände und Finanzdirektor Marcel Schwerzmann statt. «Hier entscheidet sich, wie es mit der Sozialpartnerschaft zwischen dem Kanton und den Staatsangestellten weitergehen soll und ob die Gespräche mit Schwerzmann überhaupt weitergeführt werden», sagt Remo Herbst vom VLM. «Denn es gab bisher keine Verhandlungen, die diesen Namen auch verdienen.» Mit anderen Worten: Die Fronten sind verhärtet. Ob es zu einer Aufkündigung der Sozialpartnerschaft kommt, ist offen.

Dabei geht das Sparen in der Mittelschulen und in der Berufsbildung munter weiter. Gemäss dem «Konsolidierungsprogramm 2017», über das der Kantonsrat Anfang Dezember debattiert, sollen das Staatspersonal und die Lehrer länger arbeiten – bei gleichem Lohn. Das Lehrpersonal an den Mittelschulen trifft es mit rund 80 Stunden Mehrarbeit pro Jahr, wobei diese Zahl auch die Vorbereitungszeiten ausserhalb der Lektionen einschliesst.

«Es wird mehr Arbeit auf weniger Köpfe verteilt. Darum geht es: Um Entlassungen und Stellenstreichungen. Die Regierung muss endlich so ehrlich sein und dies auch so benennen», sagt Martin Wyss. Zur Debatte steht ausserdem die Abschaffung des Langzeitgymnasiums. Die Qualität der Schulen seien gefährdet, kritisieren die Personalorganisationen, und dieser «massive Bildungsabbau schädigt die Standortattraktivität des Kantons Luzern».

Mit wie viel Zuspruch aus der Bevölkerung die Lehrervertreter und Gewerkschafter nächste Woche rechnen können, ist offen. Martin Wyss ist zuversichtlich. Er verweist auf die Erfahrungen, die er beim Sammeln von Unterschriften für die drei Initiativen der «Allianz für Lebensqualität» machte. «Wir spüren deutlich, dass viele Menschen vom Sparen und vom ewigen Abbau die Schnauze voll haben.» Ähnlich ist die Erfahrung von Remo Herbst: «Man merkt, dass sich die Leute Sorgen um die Qualität unserer Schulen machen und dass wir gegenüber anderen Kantonen ins Hintertreffen geraten könnten.»

Unterstützung für den Protest

Eine Organisation unterstützt die Mittelschullehrer beim Protest gegen die Zwangsferien bereits: Der Verband der Luzerner Schülerorganisationen (VLSO). Der VLSO teilte am Donnerstag in einer Medienmitteilung mit: Aufgrund von falschen finanzpolitischen Vorhersagen und Versprechungen seien die Schülerinnen und Schüler jetzt gezwungen, Fehler zu beheben, indem sie auf Bildung verzichten müssten.

«Das ist ein unwürdiger Höhepunkt in der Luzerner Sparpolitik.»
Serafin Curti, VLSO-Präsident

Wenn die politischen Verantwortlichen den Unterricht verweigern, werde das Recht auf Bildung verletzt. «Das ist ein unwürdiger Höhepunkt in der Luzerner Sparpolitik», sagt VLSO-Präsident Serafin Curti. Er betont, die finanzpolitischen Wunschszenarien der Regierung hätten sich in den letzten Jahren nie erfüllt. «Wir können die Versprechungen der Regierung nicht mehr ernst nehmen.»

Serafin Curti fragt sich, wieso die Regierung nicht ebenfalls eine Woche unbezahlt arbeiten könne. Denn letztlich sei sie für das finanzielle Debakel verantwortlich. Er fügt bei, die Schülerorganisationen hätten in der Vergangenheit die Sparmassnahmen bekämpft, und sie würden auch vehement gegen die künftigen Sparübungen in der Bildung opponieren.

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