Luzerner koksen immer mehr

Schmuggler hatte ein Kilo Koks im Bauch

Ein Drogenkurier brachte rund ein Kilo Kokain nach Luzern – auch hier wird die Droge immer häufiger konsumiert. (Bild: Symbolbild/Fotolia)

Er witterte das schnelle Geld, doch die Polizei machte ihm einen Strich durch die Rechnung: Ein 35-jähriger Mann schluckte ein Kilo Koks, um es von Spanien nach Luzern zu transportieren. Hier hätte der Stoff guten Absatz gefunden, denn auch in Luzern wird die Droge immer häufiger konsumiert.

Der 35-Jährige schien verzweifelt gewesen zu sein und hat sich deshalb auf ein Geschäft eingelassen, für das er nun vom Luzerner Kriminalgericht zu einer bedingten zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde: Gemäss dem Gerichtsurteil konnte der in Spanien wohnhafte Nigerianer seine Miete nicht mehr bezahlen und liess sich deshalb als «Bodypacker» anheuern.

Ein sogenannter «Bodypacker» ist ein Kurier, der die Drogen – in jeweils rund zehn Gramm schweren Fingerlingen – verschluckt, um diese über die Landesgrenzen zu schmuggeln (siehe Bild). Im Fall des verurteilten Nigerianers waren es 92 Päckchen, die insgesamt 913 Gramm Kokain enthielten. Gemäss der Luzerner Polizei liegt der Strassenpreis für ein Gramm Kokain bei ungefähr 80 Franken. Der Wert der Ware, welche der Mann in seinem Magen-Darm-Trakt in die Schweiz transportierte, liegt somit bei rund 73’000 Franken.

In einen Fingerling werden rund 10 Gramm Kokain gepackt, bevor diese von den Schmugglern verschluckt werden. (Bild: Symbolbild/SRF)

In einen Fingerling werden rund 10 Gramm Kokain gepackt, bevor diese von den Schmugglern verschluckt werden. (Bild: Symbolbild/SRF)

«Bis das Kokain beim Konsumenten ist, geht es ungefähr durch vier bis fünf Händler, die den Stoff jeweils strecken.»
Franziska Reist vom Verein Kirchliche Gassenarbeit Luzern

Gemäss dem «Beobachter» gelangt das Kokain meist per Schiff nach Europa, wo der Stoff in Madrid oder Amsterdam in Fingerlinge verpackt, von Kurieren geschluckt und in die Schweiz gebracht wird. Das Bundesamt für Polizei spricht in Bezug auf «Bodypacker» allgemein von Kokain­schmugglern aus Westafrika und der Dominikanischen Republik. Meh­rere Polizeiermittler aus verschiedenen Kantonen berichten gemäss dem «Beobachter» übereinstimmend, dass dieses Schmuggel-Geschäft zu 99 Prozent unter der Kontrolle von Nigerianern sei.

Mildes Gerichtsurteil

Die Drogen hätte der 35-jährige Nigerianer in Luzern abliefern sollen. Doch so weit kam es nicht: Noch bevor der Mann alle Fingerlinge ausgeschieden hatte, wurde er von der Luzerner Polizei verhaftet. Nach 81 Tagen in Untersuchungshaft wurde er nach Spanien ausgeschafft.

Das mittlerweile rechtskräftige Urteil ist angesichts der beträchtlichen Menge an Kokain, die der Nigerianer nach Luzern transportierte, milde ausgefallen. Im Urteil wird berücksichtigt, dass der 35-Jährige als «Bodypacker» auf einer unteren Hierarchiestufe des Drogenhandels gestanden habe. Zudem habe er nur einmal gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen.

Konsum relativ verbreitet

Üblicherweise werden «Bodypacker» an ihrer Zieldestination angewiesen, den Stoff einer Vertrauensperson zu übergeben. Das heisst also, dass nicht dieselben Personen auf der Strasse mit Drogen dealen. «Bis das Kokain beim Konsumenten ist, geht es ungefähr durch vier bis fünf Händler, die den Stoff jeweils strecken», erklärt Franziska Reist vom Verein Kirchliche Gassenarbeit Luzern. Das bedeute, dass die Qualität schlecht sei. Zudem werde das Kokain, das hier konsumiert wird, meist synthetisch hergestellt.

«Kokain putscht auf, steigert zumindest subjektiv die Leistung und das Selbstwertgefühl – alles Dinge, die unsere Gesellschaft als wünschenswert empfindet.»
Rebekka Röllin, Akzent Prävention und Suchttherapie 

Ein Gramm gutes Kokain kostet zwischen 150 und 200 Franken», informiert Reist. «Bei uns in der Kontakt- und Anlaufstelle beziehen die Klientinnen und Klienten Briefchen à 20 Franken, und darin sind ca. 0,1 Gramm Kokain enthalten. Der Rest besteht aus Streckungsmittel.» Man habe zwar nach wie vor am häufigsten mit Heroinabhängigen zu tun, gleich danach aber folgten die Kokainsüchtigen. «Häufig wird auch querbeet durcheinander konsumiert», erklärt Reist. «Der Konsum von Kokain ist relativ verbreitet, weil es nach wie vor noch keine Lösung gibt, wie das Kokain zu substituieren wäre, so wie das beim Heroin möglich ist.»

Beliebt bei Managern und Partygängern

Gemäss der Schweizerischen Gesundheitsbefragung scheint der Anteil der Personen, die Kokain konsumieren, relativ gering zu sein, allerdings liegt er deutlich höher als der Anteil der Personen, die Heroin nehmen. «Man geht davon aus, dass in der Schweiz etwa 0,1 Prozent der Bevölkerung regelmässig Kokain konsumieren», erklärt Rebekka Röllin von Akzent, der Luzerner Stelle für Prävention und Suchttherapie. Die Tendenz sei im Allgemeinen jedoch steigend, sagt Röllin weiter (siehe Tabelle).

 

Unregelmässiger Kokainkonsum
in der Deutschschweiz in Prozent

Gesamte Schweiz in Prozent
19971,51,6
20021,51,7
20072,42,8
20123,33,4

(Quelle: Schweizerische Gesundheitsbefragung 2014)

Dass immer häufiger Kokain konsumiert werde, dürfte auch in Luzern nicht anders sein. Die Gründe dafür sieht sie im modernen Lebensstil: «Die Leistung steht im Vordergrund, und alles muss schnell gehen. Kokain putscht auf, steigert zumindest subjektiv die Leistung und das Selbstwertgefühl – alles Dinge, die unsere Gesellschaft als wünschenswert empfindet.» Insofern werde die Droge auch vor allem in der Partyszene oder in Managerkreisen konsumiert.

Doch bei regelmässigem Konsum ändert sich die Wirkung schnell. «Es ist eine hektische Form von Drogenkonsum», erklärt Reist von der Kontakt- und Anlaufstelle. «Ich erlebe unsere Klienten hektisch, oftmals leicht aggressiv und sehr gestresst.» Im Extremfall kämen auch auffällige Verhaltensweisen zutage, die auf psychische Schäden zurückzuführen seien.

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