Stadt Zug: Zwischennutzung durch Coworking Spaces

Schluss mit Wohnbüro – ab zur Arbeit in die alte Hauptpost

Arbeiten am Schreibtisch statt Anstehen am Schalter: Im Hauptpost-Gebäude werden in den nächsten zwei Jahren Arbeitsplätze geteilt.

(Bild: Jasmin Frei)

In der alten Zuger Hauptpost wird ab heute wieder gearbeitet – nur nicht am Schalter. Chic ist angesagt, Vernetzung. Und kulturelle Ambitionen – deren Verwirklichung noch ein wenig auf sich warten lässt.

Das Geschäft mit modularen und öffentlichen Büroräumlichkeiten boomt. Unter Freischaffenden, Kreativen und Arbeitern auf Achse werden sogenannte Coworking Spaces immer beliebter. Neben mehreren Standorten der Firma Regus und dem Businesspark des Zuger Gründerzentrums eröffnete gestern Abend die Firma Office Lab in der alten Postfiliale am Postplatz ihren neuen Coworking Space. Ende September war bekannt geworden, dass die Firma den Zuschlag für die Zwischennutzung im Hauptpost-Gebäude erhält (zentralplus berichtete.)

Moderner Chic im geschichtsträchtigen Altbau. «Unser Mobiliar haben wir bewusst im High-End-Bereich ausgesucht», erklärt der Managing Direktor des Projekts, Timothy Graf, an der Eröffnung. Geladene Gäste nippen Weisswein und stöbern zu elektronischer Loungemusik durch die neuen Räumlichkeiten.

«Das zwischenmenschliche Netzwerk muss man anfangs immer ein wenig anstupsen.»

Timothy Graf, Managing Direktor Office Lab

Die Zwischennutzerin will vor allem Unternehmer aus den Sektoren Block-Chain, Finanztechnologie und internationalen Handel ansprechen. Und wirbt damit, durch ihr Netzwerk den Zugang zu diesen Märkten zu ermöglichen. Obendrauf soll der Raum noch durch kulturelle Veranstaltungen zum «Hotspot für die Zuger Bevölkerung» werden. Grosse Ziele für einen Newcomer in Zug.

Noch etwas unterkühlt

Der Arbeitsraum ist in verschiedene Zonen eingeteilt. Ruhiges Arbeiten am Schreibtisch, entspannter Austausch in der gemütlichen Sofa- und Sessel-Ecke, diverse Sitzungszimmer. In der Mitte der grossen Empfangshalle der ehemaligen Post haben die Bürodesigner einen grossen Platz eingeplant, der sich modular bespielen lässt. Hier sind Vorträge, Talks und kulturelle Ereignisse geplant.

Eröffnungs-Gäste im sogenannten modularen Bereich, wo künftig auch kulturelle Ereignisse geplant sind.

Eröffnungs-Gäste im sogenannten modularen Bereich, wo künftig auch kulturelle Ereignisse geplant sind.

(Bild: Jasmin Frei)

Durch den Austausch mit anderen Coworkern sollen sich interdisziplinäre Synergien ergeben. Und wenn alles nach Werbebroschüre läuft, vibriert bald ein allgemeiner «Packen-wir’s-an-spirit» durch die dynamisch gestalteten Räume des Coworking Space am Postplatz. Arbeiten kann ja so aufregend sein. 

«Die Resonanz ist bisher hervorragend», berichtet Graf. Bereits 30 Prozent der Arbeitsplätze sind in der Anfangsphase ausgebucht. Die kulturelle Agenda sei aber zurzeit leider noch leer. Die Koordination des Umbaus hat bisher alle Aufmerksamkeit des Unternehmens beansprucht. So richtig heiss ist der Hotspot noch nicht.

«In Amerika oder Asien ist der Markt für solche Spaces bereits gesättigt. In der Schweiz und vor allem in Zug noch lange nicht.»

Timothy Graf

Erstbeweger inklusive

Immerhin hängen an der Eröffnung bereits einige Kunstwerke des Künstler und Architekten Jean Herzig an den Wänden, die hier noch bis im März ausgestellt werden. Danach solle eine neue Ausstellung folgen. Das Gemeinschaftsleben will Office Lab durch Community-Lunches und Business-Talks anregen. «Das zwischenmenschliche Netzwerk muss man anfangs immer ein wenig anstupsen, bis es schliesslich zum Selbstläufer wird. Hier haben wir aber mit unseren Arbeitsplätzen in Zürich bereits gute Erfahrungen gemacht» sagt Graf.

Nur zur Untermiete

Wegen Denkmalschutzauflagen gestaltete sich der Umbau des Gebäudes eher aufwändig. Die Rückwand der alten Post war früher an einen späten Anbau angeschlossen. Im neuen Konzept sind die beiden Volumen wieder voneinander getrennt und in die Bögen der wiederhergestellten Rückwand mussten hohe Bogenfenster eingebaut werden, die dem alten Stil gerecht werden. Das Resultat wirkt stimmig. Der Bauherr war die Post selber: In zwei Jahren will sie hier wieder einziehen und die Filiale wieder eröffnen.

»Am Coworking Space gefällt mir vor allem, dass ich für meine Schreibtischarbeit aus dem Haus komme.»

Jasmin Frei, Fotografin

Das Projekt mit den geteilten Arbeitsplätzen läuft während der Zwischennutzung zur Untermiete. «Den Grossteil der Investitionen, die wir hier gemacht haben, werden wir am Ende dieser Periode in einen neuen Standort in Zug überführen», plant Graf. Zug sei ein wachsender Marktstandort für Coworking Spaces und die Firma werde ihre Produkte hier auch über die zwei Jahre hinaus anbieten.

Der Künstler Jean Herzig (Mitte) schlendert durch die Ausstellung – einige seiner Kunstwerke hängen an den Wänden.

Der Künstler Jean Herzig (Mitte) schlendert durch die Ausstellung – einige seiner Kunstwerke hängen an den Wänden.

(Bild: Jasmin Frei)

«In Amerika oder Asien ist der Markt für solche Spaces bereits gesättigt. In der Schweiz und vor allem in Zug noch lange nicht», prognostiziert Graf. Hier sieht er trotz Konkurrenz noch viel Potential für zukünftige Investitionen. Gegenüber den anderen Anbietern wolle man sich durch seine gemeinschaftlich strukturierten Büroräume hervortun.

Leute treffen bei der Arbeit

Jasmin Frei ist eine der Besucherinnen an der Eröffnung. Sie ist selbstständige Fotografin und arbeitet gerne an den Zürcher Arbeitsplätzen des Impact Hubs. «Früher habe ich viel Homeoffice gemacht. Am Coworking Space gefällt mir vor allem, dass ich für meine Schreibtischarbeit aus dem Haus komme und Leute treffe», sagt Frei.

Office Lab Projekleiter Timothy Graf posiert in einem der Sessel.

Office Lab Projekleiter Timothy Graf posiert in einem der Sessel.

(Bild: Jasmin Frei)

Verständlich, denn das schärft die Trennlinie zwischen Beruf und Zuhause und verhindert, dass Ersteres zu sehr auch noch im Feierabend präsent bleibt. Für viele Freischaffende ein bekanntes Problem: Eigentlich ist Freizeit angesagt, aber die eine oder andere Mail könnte man ja theoretisch noch beantworten. Die Work-Life-Balance diffundiert an der räumlichen Schnittstelle und wer sich auf Homeoffice gefreut hat, ärgert sich im Wohnbüro.

Negatives Feedback auf Knopfdruck

Hier schafft das flexible Coworking-Büro Abhilfe. Für 550 Franken monatlich darf man ab heute in der alten Post arbeiten – wann immer man will. 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Für nochmals 50 Franken extra kann man sogar seinen Firmensitz hierhin verlegen. Das gesamte Angebot soll mit «IoT Sensoren» ausgestattet werden. IoT steht für «Internet of Things» und bezeichnet die Internet ähnliche Vernetzung von physischen Geräten mit virtuellen Werten. Konkret soll in der alten Postfiliale die Nutzung jedes Arbeitsplatzes analysiert werden.

Die Sofa-Ecke des Coworking Spaces.

Die Sofa-Ecke des Coworking Spaces.

(Bild: Jasmin Frei)

Wann wird welches Angebot wie oft genutzt? Mit diesen Daten will die Office Lab AG ihr Angebot der Zuger Nachfrage anpassen. Ausserdem sollen etwa defekte Kaffeemaschinen oder vermüllte Räumlichkeiten per Knopfdruck gemeldet werden können. Das System bietet dann den entsprechenden Techniker oder einen Mitarbeiter des Reinigungsinstituts auf, der das Problem beheben soll.

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