Immer wieder büxen in der Region exotische Tiere aus

Schildkröten: Die unterschätzten Ausbruchskönige Luzerns

Obacht, Mädchen. Dein gepanzerter Freund ist schneller weg, als du denkst. (Bild: Adobe Stock)

Zwölf Schildkröten wurden in den letzten drei Monaten rund um Luzern gefunden und sind nun auf der Suche nach ihren Besitzer. Seltsam. Wie schaffen es diese gmögigen Reptilien bloss, auszubüxen? Ganz einfach. Indem die Tiere immer wieder unterschätzt werden, sagt eine Expertin.

Wer etwas Glück hat, entdeckt in der hiesigen Natur Wildtiere wie Rehe, Igel und vielleicht sogar einen Dachs. Immer wieder kommt es jedoch auch vor, dass in der Zentralschweiz exotische Tiere gesichtet und gefangen werden. Derzeit etwa wohnt im Tierheim an der Ron die griechische Landschildkröte Topas. Ein Findeltier, das geduldig auf «ein neues Zuhause bei fachkundigen Menschen» wartet.

Es ist bei weitem nicht das einzige gepanzerte Reptil, das in den Gefilden Luzerns in der letzten Zeit gefunden wurde. Gemäss der Schweizerischen Tiermeldezentrale wurden in den letzten drei Monaten elf Schildkröten in der näheren Umgebung gesichtet und eingefangen. So etwa in Rothenburg, Kriens oder Malters.

«Ist eine Schildkröte erst einmal ausgebrochen, dann kann sie nichts mehr halten.»

Angela Roth, Tierpflegerin im Tierheim Allenwinden

«Uns ist im Sommer aufgefallen, dass mehrere Schildkröten hintereinander in Kriens aufgefunden wurden», bestätigt Petra Roos vom Tierheim an der Ron. Dafür könne es mehrere Gründe geben. «Schildkröten können sehr gut ausbüxen.»

Schneller, als man denkt

Tierpflegerin Angela Roth vom Tierheim Allenwinden in Zug bestätigt: «Schildkröten, egal ob Land- oder Wasserschildkröten, werden oft unterschätzt. Haben sie einmal eine Ausbruchsmöglichkeit entdeckt, versuchen sie es so lange, bis es ihnen gelingt.» Das klingt durchaus geschickt. Und auch das Klischee der Langsamkeit scheint nicht zuzutreffen. «Ist eine Schildkröte erst einmal ausgebrochen, dann kann sie nichts mehr halten. Sie können in relativ kurzer Zeit weite Strecken zurücklegen», sagt Roth weiter.

Gemäss Petra Roos vom Tierheim an der Ron sei es jedoch genauso gut möglich, dass die gefundenen Schildkröten von ihren ehemaligen Besitzern ausgesetzt wurden (zentralplus berichtete).

Doch gerade bei gefundenen Landschildkröten sei auffallend, wie häufig sich die Besitzer wieder melden würden und die Tiere zurücknehmen, beteuert Roth. Dies im Gegensatz zu gefundenen Vögeln. «Die meisten Heimvögel werden von uns neu platziert, da sich keine Besitzer auf unsere Ausschreibungen melden», sagt die Zuger Tierpflegerin weiter.

In Zug werden jährlich etwa 10 Exoten abgegeben

Wie Angela Roth erklärt, seien es pro Jahr ungefähr zehn «exotische» Findeltiere, welche beim Zuger Tierheim Allenwinden landen. «Meistens handelt es sich um Wellensittiche, Kanarienvögel oder eben Wasser- und Landschildkröten.»

«Wir hatten schon einen afrikanischen Graupapagei hier.»

Angela Roth, Tierpflegerin

Der exotischste Fall? «Wir hatten schon einen afrikanischen Graupapagei hier. Vor drei Jahren wurden uns ausserdem zwei gefundene Höckerschildkröten abgegeben.» Diese sind nicht in der Schweiz, sondern in den USA heimisch.

Platzmangel bei den Schildkröten-Auffangstationen

Fragt man bei der IG Schildkröten Zentralschweiz per Mail an, ob diese noch Tiere aufnehmen, heisst es in einer automatischen Antwort: «Leider können wir im Moment nur begrenzt Wasserschildkröten aufnehmen, da unsere bewilligte Anzahl erreicht ist.» Der Vereinspräsident Roger Limacher bestätigt: «Nicht nur bei Wasserschildkröten haben wir das Problem, sondern grundsätzlich auch bei Landschildkröten.» Ungefähr 60 Tiere seien aktuell in der Station untergebracht. «Das Gesetz gibt vor, wie hoch die Anzahl Schildkröten ist, die wir unterbringen dürfen. Doch haben weder Bund noch Veterinärämter eine Lösung dafür, wer die Schildkröten aufnimmt, wenn wir keine Plätze mehr haben.» Tierheime seien meist nicht eingerichtet für die Aufnahme von Schildkröten. Limacher fügt an: «Wir sind ein privater Verein und werden weder vom Bund noch vom Kanton finanziell unterstützt. Ausserdem zahlen wir für das Betreiben der Auffangstation eine Betriebsgebühr an den Kanton.»

Wie man der Website der Schweizerischen Tiermeldezentrale entnehmen kann, bleiben viele Schildkröten bei den Findern, bis sich die Besitzer melden. Offenbar ist es nämlich nicht einfach, Heimplätze für die gepanzerten Wesen zu finden. Im Tierheim an der Ron nehme man höchstens Landschildkröten auf, erklärt Petra Roos. Für Wasserschildkröten brauche es eine Haltebewilligung, über die man nicht verfüge.

Kein Platz für Schildkröten-Findlinge

Diese könne man im Prinzip an die Schildkröten-Interessengesellschaft Sektion Zentralschweiz abgeben, erklärt Roos weiter (Siehe Box).

Nicht bei allen Tieren wird empfohlen, diese eigenhändig einzufangen. Tierpflegerin Angela Roth gibt zu bedenken: «Die Polizei oder ein Experte sollte grundsätzlich dann involviert werden, wenn es sich offensichtlich um ein gefährliches Tier handelt. Dies kann bei Schlangen sein, aber auch beispielsweise bei einem Hund, der sehr verängstigt ist und sich dadurch aggressiv verhält.»

Kornnatter in Hildisrieden gefunden

So geschehen in Hildisrieden vergangenen August. Eine Privatperson hatte sich beim Amt für Landwirtschaft und Wald gemeldet, nachdem sie eine Schlange gefunden hatte. Diese entpuppte als nicht einheimische Schlange, weshalb die Luzerner Polizei weisungsgemäss informiert wurde.

Wie diese gegenüber zentralplus erklärt, habe es sich beim Findeltier um eine ungiftige Kornnatter gehandelt, welche laut Mediensprecher Urs Wigger eher als «Anfängerschlangen» gilt, die einfach zu halten sei. «Die Schlange befindet sich derzeit beim Reptilienspezialist», so Wigger abschliessend.

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