Grün-weisser Spirit gehört ins neue Stadion

SC Kriens nimmt sich St. Pauli zum Vorbild

Grosser Fussball auf dem Krienser Kleinfeld. Der Präsident lässt die Kugel rollen.

(Bild: les)

Die vermeintlich letzte Saison im alten Kleinfeld hat begonnen. SC-Kriens-Präsident Werner Baumgartner freut sich zwar aufs neue Stadion, outet sich aber auch als Fussballtraditionalist. Freiwilligenarbeit sei das A und O – mit der Kommerzialisierung kann er wenig anfangen. Mit ausländischen Investoren gar nichts. Und auch der Schweizer Fussballverband erhält einen Rüffel.

Diesen Mittwoch begann für den SC Kriens die neue Saison in der 1. Liga Promotion, der dritthöchsten Stärkeklasse im Schweizer Fussball. Am Nachmittag hatte zentralplus die Gelegenheit mit dem Präsidenten des Sportclubs, Werner Baumgartner, über die neue Saison zu sprechen. Zu diesem Zeitpunkt wusste er natürlich noch nichts vom erfolgreichen Saisonstart.

zentralplus: Herr Baumgartner, das erste Saisonspiel gegen den SC Cham steht vor der Tür. Sind Sie nervös?

Werner Baumgartner: Ja, schon ein bisschen. Es ist ein Derby, und beim ersten Match weiss man nie so recht, wo man steht. Gespannt bin ich auch auf den Zuschaueraufmarsch. Ich denke, man ist vor dem Saisonstart immer etwas nervös.

Der Saisonstart ist dem SC Kriens am Abend nach dem Interview gelungen:

 

zentralplus: Was sind die sportlichen Ziele in dieser Saison? Wollen Sie aufsteigen?

Baumgartner: Das Thema Aufstieg nehmen wir, wie’s kommt. Wir haben uns ja mit Nachdruck um die Lizenz für die Challenge League bemüht, aber irgendwann aufgegeben, weil der Aufstieg sportlich sowieso nicht mehr erreicht werden konnte. Wir haben in dieser Saison Ambitionen nach oben, aber das Saisonziel lautet, unter den ersten vier, fünf Teams zu sein.

zentralplus: Wie hat sich der Kader verändert?

Baumgartner: Wir haben einige Neue bekommen, was bei einer so jungen Mannschaft nicht erstaunlich ist. Es ist unsere Strategie, dass sich junge Spieler entwickeln können. Wobei wir schon eine Beständigkeit reinbringen wollen. Ganz wichtig ist für den SC Kriens, dass die Spieler aus der Zentralschweiz kommen. Das ist bei rund 90 Prozent der Spieler der Fall.

Die acht Neuzugänge des SC Kriens. (Bild: sckriens.ch)

Die acht Neuzugänge des SC Kriens. (Bild: sckriens.ch)

zentralplus: Es fällt auf, dass immer wieder Spieler aus der U21 des FCL den Weg nach Kriens finden. Sind das Spieler, die den Durchbruch in einem ersten Schritt nicht geschafft haben, aber weiterhin den Traum haben, Fussballprofis zu werden?

Baumgartner: Ja, das ist ganz sicher so. Die Hürde von der U21 in die Super League ist für viele zu gross. Wir haben bewiesen, dass man sich bei uns entwickeln kann. Vor eineinhalb Jahren ging Ridge Munsy zum FC Thun, dieses Jahr hat Dejan Sorgic ins Berner Oberland gewechselt.

zentralplus: Hat der SCK Ablösesummen für diese Spieler bekommen, oder wie sehen eure Verträge aus?

Baumgartner: Nein, weil alle unsere Spieler Ein-Jahres-Amateurverträge haben. Dies auch, um das Risiko auf unserer Seite gering zu halten. Die grossen Summen verdienen wir mit Spielerverkäufen also nicht, höchstens wenn einer mitten in der Saison wechselt, kann mal ein Betrag fliessen. Gut für uns ist natürlich, dass die Spieler sehen, der SCK ist ein gutes Sprungbrett.

«Es ist mir ein ganz wichtiges Anliegen, dass die Vereinskultur die Gleiche bleibt.»

zentralplus: Was verdient eigentlich ein Spieler in Kriens?

Baumgartner: Arrivierte Spieler erhalten leistungsbezogene Gehälter. Wer neu dabei ist, verdient ganz wenig. Leben vom Fussball kann man bei uns ganz bestimmt nicht. Der Trainer ist in einem 50-Prozent-Pensum angestellt. Wir haben einen Sportchef und einen Staff, der für das Drumherum schaut.

zentralplus: Der Saisonstart ist auch speziell, weil es wohl die letzte Saison im altehrwürdigen Kleinfeld sein wird. Das neue Stadion soll im August 2018 eröffnet werden. Sind Sie mit dem Projekt auf Kurs?

Baumgartner: Ja, wir wollen jetzt eine Baueingabe machen. Das müssen wir, weil die Sportschule in zwei Jahren einziehen will. Im Januar wollen wir mit dem Bau loslegen, für diesen benötigen wir etwa anderthalb Jahre.

Hier sollen ab Januar 2017 Bagger auffahren. Das Stadion Kleinfeld soll einem Neubau weichen.

Hier sollen ab Januar 2017 Bagger auffahren. Das Stadion Kleinfeld soll einem Neubau weichen.

 

zentralplus: Die Luzerner Pensionskasse ist bekanntlich Hauptinvestor. Sucht der Club noch zusätzliches Geld fürs Stadion, oder haben Sie genügend zusammen?

Baumgartner: Das wird sich noch zeigen. Mit der Baueingabe können wir nun auch eine genauere Kostenberechnung machen. Aber wir wissen, was wir zur Verfügung haben, und das muss genügen. Ich kann sagen, wir sind auf Kurs.

zentralplus: Freuen Sie sich auf das neue Stadion?

Baumgartner: Ja, da steckt sehr viel Arbeit dahinter. Man hat immer Hochs und Tiefs, aber glücklicherweise mehr Hochs. Es ist schön zu sehen, dass das Ganze langsam Formen annimmt. Richtig freuen können wir uns dann beim Spatenstich – und noch mehr bei der Schlüsselübergabe.

So soll das neue Sportstadion im Kleinfeld einmal aussehen. (Bild: sckriens.ch)

So soll das neue Sportstadion im Kleinfeld einmal aussehen. (Bild: sckriens.ch)

zentralplus: Gleichzeitig stirbt auch ein Stück Kultur mit dem alten Kleinfeld. Es ist eine Entwicklung hin zu einem immer mehr kommerzialisierten Fussball. Schwingt auch Wehmut mit?

Baumgartner: Ja. Ich will unbedingt betonen: Es ist mir ein ganz wichtiges Anliegen, dass die Vereinskultur die Gleiche bleibt. Wir versuchen bereits baulich diese Kultur im neuen Stadion zu implementieren. Diese beruht auf Freiwilligkeit und ganz viel Fronarbeit. Die Leute sollen gerne zu uns kommen und bei uns zu Hause sein. Das müssen wir unbedingt aufrechterhalten und weiterleben. Vielleicht ist dies sogar das wichtigste Anliegen überhaupt beim neuen Sportzentrum.

zentralplus: Gibt es so was wie ein grün-weisses Gen?

Baumgartner: Das ist schon die Idee. Ich habe ein Video für Sie:

 

Dieses Virus soll das neue Stadion infizieren. Mir ist der Hamburger Kult-Club St. Pauli sehr sympathisch. Eine solche Kultur möchte ich beim SC Kriens auch. Es wäre eine Ehre, das St. Pauli der Schweiz zu sein.

zentralplus: Wie geht’s dem Club finanziell, vom Stadion-Projekt einmal abgesehen?

Baumgartner: Die Finanzen sind unter Kontrolle, wir bezahlen jede Rechnung pünktlich. Es läuft so, wie wir es uns erhoffen. Allerdings suchen wir nach wie vor einen Hauptsponsor. Das ist eine Sorge, mit der wir uns schwertun. Je nach Leistungen müsste dieser zwischen 50’000 und 100’000 Franken beisteuern. So jemanden zu finden, ist nicht einfach. Es braucht dazu Emotionen für den Fussball, aber besonders für den SC Kriens und das Bodenständige, welches ihn auszeichnet.

«Der Fussballverband ist irgendwie in einem Elfenbeinturm unterwegs.»

zentralplus: Wir haben das Thema Challenge League bereits kurz angeschnitten. Dazu gehören auch finanzielle Hürden betreffend Lizenz. Sie haben sich darum bemüht und schreckten auch vor Kritik an den Kriterien des Verbandes nicht zurück. Wie waren die Reaktionen?

Baumgartner: Ich glaube, das nächste Mal muss ich etwas schärfer schiessen. (Lacht.) Die Geschichte zeigt ein grosses Problem im Schweizer Fussball, und deshalb werden wir das Thema ganz bestimmt wieder aufnehmen. Dass wir von Seiten des Verbandes keine Antwort auf unsere Kritik erhalten haben, ist wirklich symptomatisch. Der Fussballverband ist irgendwie in einem Elfenbeinturm unterwegs. Und man hat das Gefühl, nur grosse Vereine interessieren ihn.

zentralplus: Mit dem Ergebnis, dass immer wieder Teams finanziell kollabieren, wie etwa Xamax, Servette, Bellinzona oder Biel?

Baumgartner: Ja, indirekt hängt das damit zusammen. Klar, kann der Verband nicht alles kontrollieren, aber man könnte sich anders um die Vereine kümmern. Der SC Kriens hat dem Schweizer Fussball einiges gebracht in den letzten 40 Jahren. Es wäre doch schön, wenn ein gesunder, breit abgestützter Verein wieder mal in der Challenge League mitspielen könnte. Ich bin auch der Meinung, dass wir uns darauf vorbereiten müssen. Und nicht darauf warten, dass ein ausländischer Investor den Club in zwei, drei Jahren potent macht, einen sportlichen Aufstieg ermöglicht und kurz darauf wieder verschwindet und einen Scherbenhaufen hinterlässt.

Der SC Kriens gewährte auch schon Einblick in die Kabine. (Bild: Roger Keller)

Der SC Kriens gewährte auch schon Einblick in die Kabine. (Bild: Roger Keller)

 

zentralplus: Das betrifft den Spitzensport. Kriens mit der grössten Juniorenabteilung der Zentralschweiz macht aber auch sehr viel für den Breitensport. Macht das den SCK auch aus?

Baumgartner: Ich habe sehr stark das Gefühl und finde, dieser Aspekt kommt oft zu kurz. Manchmal wird gar nicht wahrgenommen, was wir alles leisten. Ich betrachte das auch relativ zum FC Luzern. Wir haben viermal mehr Mannschaften mit 15-mal kleinerem Budget. Wir sind ein enorm grosser Verein, und es ist äusserst bemerkenswert, was wir mit ganz viel ehrenamtlichem Engagement leisten.

zentralplus: Untalentierte Junioren finden beim SCK also auch noch Platz?

Baumgartner: Absolut, es kann jeder kommen. Krienser geniessen Priorität, weil wir von der Gemeinde auch Unterstützung geniessen. Aber ja, auch Junioren mit zwei linken Beinen haben Platz bei uns. Und darf ich zum Vorherigen noch etwas anmerken?

zentralplus: Nur zu.

Baumgartner: Im zentralplus-Interview hat Andy Egli gesagt: «Die Zeit des Ehrenamtes ist vorbei». Mit einer solchen Aussage bin ich überhaupt nicht einverstanden. Vielleicht sind wir unterdessen eine Ausnahme, aber bei uns schaffen ganz viele gratis und franko. Und es ist uns ein grosses Anliegen, dies so weiterzuführen. Die Arbeit der Freiwilligen ist für den SCK unbezahlbar.

SCK-Präsident Werner Baumgartner hält die Freiwilligenarbeit nach wie vor für essentiell.

SCK-Präsident Werner Baumgartner hält die Freiwilligenarbeit nach wie vor für essentiell.

zentralplus: Zurück zu den Junioren. Sie fördern auch Talente. Kickt ein neuer Messi auf dem Kleinfeld?

Baumgartner: (Lacht.) Ja, wir haben einige sehr talentierte Junioren in unseren Reihen.

zentralplus: Erhält der Club regelmässig Besuch von Scouts? Valentin Stocker etwa lernte das Fussballspielen ja auch in Kriens.

Baumgartner: Ja, die kommen schon. Aber es ist so, dass wir eng mit dem FCL zusammenarbeiten. Dies ist für uns nicht immer ganz einfach. Ab einem bestimmten Alter gehen die Besten zum FCL. Auf der einen Seite macht das Sinn und funktioniert gut, auf der anderen Seite besteht die Gefahr, als Nummer 2 zu gelten. Hier muss man geschickt kommunizieren. Ich kann aber mit Stolz sagen, dass Kriens dem FCL im Herausbringen von Talenten überhaupt nicht nachsteht. Vali Stocker, Fabio Coltorti oder ein Claudio Lustenberger haben bei uns angefangen.

Drei der bekanntesten SCK-Mitglieder: Stefan Marini, ehemaliger Trainer, Profi-Fussballerin Lara Dickenmann und Fussballprofi Valentin Stocker.

Drei der bekanntesten SCK-Mitglieder: Stefan Marini, ehemaliger Trainer, Profi-Fussballerin Lara Dickenmann und Fussballprofi Valentin Stocker.

zentralplus: Der SCK engagiert sich auch sozial, etwa indem unbegleitete minderjährige Asylsuchende am Training teilnehmen dürfen (zentralplus berichtete). Wie läuft’s?

Baumgartner: Ende letzte Saison waren fünf Kinder dabei. Die Breitensportmannschaften werden erst jetzt im August zusammengestellt. Die genauen Zahlen kenne ich noch nicht.

zentralplus: Aber es zeigt, dass der SCK eine soziale Verantwortung wahrnimmt.

Baumgartner: Ich denke schon, solche Dinge sind uns ein Anliegen. Bei uns zählt jeder genau gleich viel, egal ob Spitzen- oder Breitensportler.

Der SC Kriens hat eine treue Fangemeinde. (Bild: sckriens.ch)

Der SC Kriens hat eine treue Fangemeinde. (Bild: sckriens.ch)

 

 

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