Beim FCL sind einige personelle Fragen offen

Ryder Matos, die FCL-Talente und Schnupperstifte

Beim Versuch, Basels Jasper van der Werff zu überlaufen, fädelt der laufstarke FCL-Brasilianer Ryder Matos ein. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Nach der Meisterschaft ist vor der Meisterschaft – und obwohl Sportchef Remo Meyer schon 23 Kaderspieler unter Vertrag hat, ist die personelle Situation beim FC Luzern eine spannende. Auch deshalb, weil viele Talente in den letzten Wochen an die Garderobentür der Luzerner geklopft haben.

Als hätte er noch einen Beweis erbringen müssen, scheiterte Ryder Matos in aussichtsreicher Position an YB-Goalie David von Ballmoos. Es hätte das frühe 1:0 für die Luzerner in diesem Cup-Viertelfinal sein müssen, stattdessen demonstrierte der Brasilianer einmal mehr, woran es in seinem Spiel mangelt: an der Effizienz.

Ryder Matos ist unter dem Anfang Jahr verpflichteten Trainer Fabio Celestini zum Stammspieler geworden, er begann in 15 von 18 Meisterschaftsspielen. Zwei Spiele verpasste er verletzt, eines gelbgesperrt. Dabei brachte es der Flügelspieler auf einen Treffer und einen Assist.

Für Celestini eine zu geringe Ausbeute

Bei aller Wertschätzung für Matos, die sich in einem weiteren Engagement in Luzern manifestieren soll (zentralplus berichtete) – auch für Celestini ist das eine zu magere Ausbeute. «Ryder Matos muss statistisch mehr herausholen, aber in den letzten Wochen und Monaten hatten wir keine Gelegenheit, im Training an einer Verbesserung zu arbeiten», sagt der Trainer.

Man muss dazu wohl auch festhalten: Ein Knipser vor dem Fussball-Gott war Ryder Matos noch nie. In seiner bisher besten Saison mit Hellas Verona 2018/2019 in der zweithöchsten Liga Italiens kam er in 24 Spielen auf 3 Tore und 5 Assists.

«Der italienische Fussball kommt meiner Spielweise mehr entgegen.»

FCL-Offensivspieler Ryder Matos

Der 27-jährige Brasilianer, der in seiner Karriere schon für neun verschiedene Vereine in Italien, Spanien, Brasilien und der Schweiz spielte, sieht die Sache vielleicht auch deshalb weniger gravierend. Der schnelle Offensivspieler weist selbstbewusst darauf hin, dass «die meisten erfolgreichen Angriffe von uns über mich gelaufen sind».

Noch zwei weitere Jahre ist Ryder Matos vertraglich an den Serie-A-Klub Udine gebunden. Und nächstes Jahr wird er laut eigenem Bekunden den italienischen Pass erhalten, weil er schon länger mit einer Italienerin verheiratet ist.

Matos: Lieber Italien als Luzern?

Zu Fabio Celestini hat er in diesem Jahr zwar ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, aber Ryder Matos scheint sich dennoch nicht ganz sicher zu sein, ob der FC Luzern der ideale Spielplatz ist für seine weitere berufliche Karriere. «Der italienische Fussball kommt meiner Spielweise mehr entgegen», hält er fest und ergänzt: «Aber mir gefällt es hier in Luzern, im Klub wird professionell gearbeitet. Darum werden wir sehen, was bei den Gesprächen zwischen Udine, dem FCL und meinem Berater herauskommen wird.»

«Für junge Spieler ist es oft besser, wenn sie einfach ins kalte Wasser geworfen werden.»

FCL-Trainer Fabio Celestini

Neben Matos ist deshalb einzig noch die berufliche Zukunft von FCL-Arbeitsbiene Simon Grether (28) und Youngster Mark Marleku offen. Bei Grether stehen die Zeichen auf Abschied, weil nicht nur dessen technische Qualitäten engen Limiten ausgesetzt sind.

Und Marleku (20) hat trotz viel Fleiss den Nachweis nicht erbringen können, dass sein Niveau schon jetzt dafür ausreicht, um sich in der Super League durchsetzen zu können.

Begrenzte Anzahl an Kaderplätzen im FCL

Nichts geht über Spielpraxis – erst recht für ein junges Talent. In der für den FCL kürzlich zu Ende gegangenen Saison haben einige Begabungen positiv auf sich aufmerksam machen können. Und nicht einer, der in der durch eine Vielzahl von Verletzungen verursachten personellen Not einspringen durfte, fiel ab (zentralplus berichtete).

«Für junge Spieler ist es oft besser, wenn sie einfach ins kalte Wasser geworfen werden. So bleibt keine Zeit zum Nachdenken», sagt Trainer Fabio Celestini. Gleichzeitig darf man sich aber auch nicht der Illusion hingeben, dass alle Talente eine berufliche Zukunft in der ersten Mannschaft der Luzerner haben.

Sinngemäss hat sich Celestini jüngst so ausgedrückt: Man müsse unterscheiden zwischen Talenten und Schnupperstiften.

Und letztlich macht ein Kader mit mehr als 25 Spielern selten Sinn – erst recht nicht für den FCL, der in der nächsten Spielzeit ausschliesslich auf nationaler Ebene engagiert ist.

Die Mehrheit sind echte Talente

Zu den Hochbegabungen im FC Luzern gehören:

  • Lorik Emini (20): Der defensive Mittelfeldspieler sei der beste FCL-Spieler in diesem Jahr, mit «seiner Persönlichkeit und Lust am Fussball ist er eine grosse Bereicherung für uns», urteilt Celestini. Eminis Vertrag läuft noch ein Jahr.
  • Darian Males (19): Der zentrale Offensivspieler ist das Talent mit laut Celestini «grössten Potenzial». Sein bislang letztes Spiel für den FCL machte er Ende Juni beim 2:2 gegen Servette. Die Frage ist: Setzt er mit einem unüberlegten Transfer seine Karriere aufs Spiel (zentralplus berichtete)?
  • Marco Burch (19): Der Innenverteidiger musste sich erst einer Knieverletzung geschlagen geben. Zuvor machte er einen tollen Job. «Er hat mich mit seiner Technik und Mentalität überzeugt», so Celestini.
  • David Mistrafovic (19): Das Experiment, den Mittelfeldspieler zu einem Aussenverteidiger umzufunktionieren, ist aus der Not geboren. Aber es bringt weder ihm noch dem FCL etwas. «David musste aushelfen, wo Not am Mann war. Keine einfache Sache», weiss Celestini.
  • Ashvin Balaruban (19): Der Aussenverteidiger wird an diesem Samstag 19 Jahre alt und gab bei Celestinis Trainer-Debüt in Zürich (3:2-Sieg) seinen FCL-Einstand (zentralplus berichtete). Seither kam Balaruban aber nicht mehr zum Einsatz. Wird er, um zu reifen, ausgeliehen?
  • Tyron Owusu (17): Sein erster Abschluss eines Profi-Vertrags bis 2023 zeigt, dass sie im FCL grosse Stücke auf den zentralen Mittelfeldspieler halten. Die Frage ist: Bekommt er bei der Vielzahl von Luzerner Akteuren genügend Auslauf, um sich unter Wettkampfbedingungen entwickeln zu können?
  • Ardon Jasari (18): Auch er eine nachrückende Hochbegabung im FCL-Mittelfeld. Kann sich der Zuger aber auch zeigen und den nächsten Karriereschritt machen?
  • Simon Enzler (22): Hinter dem Rücken des mächtigen FCL-Stammkeepers Marius Müller hat es ihm zum Debüt gegen Basel gereicht. Jetzt wird er für das nächste Jahr an den Challenge Ligisten FC Aarau ausgeliehen, um Spielpraxis zu sammeln (zentralplus berichtete).

FCL-Sportchef schürt bei Ugrinic Hoffnung

Die Mark Marlekus (20), Lino Langs (20), Julian Hermanns (19), Nenad Zivkovics (18) und Aziz Binous' (19) wegen der Ungewissheit, wie er seine zweite schwere Knieverletzung in jungen Jahren verkraften wird, zählen vorerst in die Kategorie der Schnupperstifte. Sie werden wohl einen Umweg gehen müssen, um dereinst ihre nächste Chance in der Super League packen zu können.

Schliesslich ist da ja auch noch Filip Ugrinic (21). Die ehemalige Hochbegabung hat noch einen ein Jahr gültigen Vertrag mit dem FCL, nachdem er letzte Saison nach Holland ausgeliehen worden ist. Sportchef Remo Meyer schürte jüngst Hoffnung: «Filip ist gereift und hinterliess im Training einen guten Eindruck.»

Für alle FCL-Talente gilt: Wenn sie es sich in der täglichen Arbeit verdienen, werden sie die Chance von Fabio Celestini bekommen. Diese Qualität gehört zu dessen Handschrift.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon