Nach massiver Kritik aus Deutschland

«Rosa Crème» wird für Zuger Firma zum Stolperstein

Mavena stellt Produkte her, die gegen Neurodermitis helfen sollen – ein ehemaliger Mitarbeiter behauptet, das sei ein leeres Versprechen. (Bild: Adobe Stock)

Die Firma Mavena mit Sitz in Hünenberg vertreibt eine Vitamin-B12-Salbe gegen Neurodermitis. An der Frage, ob die Markteinführung dieses «Wundermittels» von der Pharmaindustrie verhindert werden sollte, hatte sich in Deutschland ein Medienskandal entzündet. Nun bringt ein Urteil des Kantonsgerichts Luzern das Unternehmen erneut in die Kritik.

Die Geschichte bestätigte jedes Klischee über die böse Pharmaindustrie: Im Dokumentarfilm «Heilung unerwünscht – wie Pharmakonzerne ein Medikament verhindern» berichtete der Westdeutsche Rundfunk (WDR) vor zehn Jahren, dass eine einfache Salbe aus Vitamin B12 und Avocadoöl Menschen mit Neurodermitis praktisch heilen könne. Der Aufreger dabei: Jahrelang soll Pharmaindustrie die Markteinführung von «Regividerm» erfolgreich verhindert haben.

Der Bericht löste einen regelrechten Hype um das vermeintliche Wundermittel aus. Kurze Zeit später jedoch entstand der Verdacht, dass es sich bei der nach dem David-gegen-Goliath-Prinzip erzählten Geschichte um einen PR-Coup gehandelt hatte. Für die behauptete Wirksamkeit von «Regividerm» fehlten die Belege. Der zuständige Redakteur des Filmbeitrags wurde freigestellt, wie der WDR damals mitteilte.

In der Zwischenzeit ging der Hersteller von «Regividerm», die Firma Regeneratio Pharma, in Konkurs. Gewisse Rechte wurden von der 2014 in Hünenberg gegründeten Firma Mavena International AG übernommen. Diese entwickelte damit neue Produkte. Jahrelang wurde kaum noch über die Crème berichtet, die aufgrund ihres Inhaltsstoffes Vitamin B12 eine rosa Farbe hat. Doch nun wird die Firma von den damaligen Ereignissen eingeholt. Einem Urteil des Kantonsgerichts Luzern ist zu entnehmen, dass ein ehemaliger Arbeitnehmer erneut schwere Vorwürfe erhebt.

Werden die Patienten getäuscht?

Der Kadermitarbeiter hatte im März 2018 «ins Blaue hinaus» gekündigt. Die Arbeitslosenkasse entschied, die Zahlungen einen Monat lang einzustellen, weil er die Arbeitslosigkeit selber verschuldet habe. Der Mitarbeiter dagegen machte geltend, es wäre für ihn aus ethischen Gründen unzumutbar gewesen, noch länger für diese Firma zu arbeiten. Ob die Kündigung ohne Anschlusslösung gerechtfertigt war, hatte nun das Kantonsgericht Luzern zu prüfen.

Der Kadermitarbeiter war dafür verantwortlich, dass die Firma Mavena die geltenden Gesetze und medizinischen Richtlinien einhält. Anfang 2018 wurde das Unternehmen von der Deutschen Apotheker Zeitung (DAZ) stark kritisiert. Diese berichtete, die B12-Crème sei in der falschen Risikoklasse deklariert. Die anti-entzündliche Wirkung sei zudem nie mit aussagekräftigen Studien untermauert worden. Die Patienten würden über die Wirksamkeit getäuscht.

«Er hatte die Funktion, Kompetenz, Aufgabe und Pflicht sicherzustellen, dass alles regelkonform ist.»

Silvio Inderbitzin, Mavena

Der Kadermann brachte vor Gericht vor, er habe das Management mit den Vorwürfen konfrontiert, darauf aber keine befriedigende Antwort bekommen. Ihm seien Unterlagen vorenthalten worden. Er sei zudem in der Folge wiederholt an der Ausübung seiner Pflichten und der Durchsetzung ethischer Standards gehindert worden. Er habe gekündigt, weil die Firma Mavena mit falschen Versprechungen werbe und er dies nicht mitverantworten wolle.

Das Verfahren zur Neuklassifizierung ist bereits eingeleitet

Bei der Firma Mavena lösen diese Vorwürfe Kopfschütteln aus. «Zu den Aufgaben dieses Mitarbeiters gehörte es ja gerade, dafür zu sorgen, dass die Firma so arbeitet, dass die Produkte den Vorgaben der Behörden entsprechen», sagt Verwaltungsratspräsident und Apotheker Silvio Inderbitzin auf Anfrage. «Er hatte die Funktion, Kompetenz, Aufgabe und Pflicht sicherzustellen, dass alles regelkonform ist. Dazu haben wir ihn eingestellt.» Der Mitarbeiter habe jederzeit die vollste Unterstützung des Managements und Einsicht in alle verlangten Unterlagen gehabt. «Er hat nie Vorschläge zur Einhaltung von Regulierungsvorschriften gemacht, die von uns abgelehnt worden wären», so Inderbitzin.

Medizinalprodukte würden in verschiedene Risikoklassen eingeteilt, erklärt Inderbitzin. Die Einteilung in die niedrigste Risikoklasse 1 basiere auf einer Selbstbeurteilung und -verantwortung der Unternehmen. Diese könne von den Behörden jederzeit überprüft werden, wie es auch bei Kosmetika der Fall sei.

«Die Vorwürfe, das Management habe ihn an seiner Arbeit gehindert, sind aus unserer Sicht absolut nicht zutreffend!»

Silvio Inderbitzin, Mavena

Die EU-Richtlinien seien diesbezüglich in den letzten Jahren verschärft worden. Der besagte Mitarbeiter sei daher zur Einsicht gelangt, die B12-Crème gehöre nach Inkrafttreten der neuen Regelung in eine höhere Risikoklasse. «Die Zuteilung in entsprechende Risikoklassen hängt unter anderem von der Zweckbestimmung des Produkts, dessen Anwendung und Beschaffenheit ab», sagt Inderbitzin. «Wir sind aber auch zum Schluss gekommen, die besagte B12-Crème von Klasse I auf Klasse IIa hinaufzustufen.»

Deshalb sei das entsprechende Verfahren noch unter der Leitung des Mitarbeiters eingeleitet worden» Bis nächstes Jahr werde es abgeschlossen sein. «Die Vorwürfe, das Management habe ihn an seiner Arbeit gehindert, sind aus unserer Sicht absolut nicht zutreffend! Das Gegenteil war der Fall!», so Inderbitzin.

Die Crème sei durch die Vorgeschichte negativ belastet, räumt Inderbitzin ein, obwohl das Produkt mit dem damaligen Produkt der Firma Regeneratio Pharma nicht vergleichbar sei. Was die Wirksamkeit betrifft, hält er fest, dass diese erwiesen und die Sicherheit der Produkte gewährleistet sei. Dies sei durch unabhängige medizinische Gutachten und durch in wissenschaftlichen Fachzeitschriften publizierte klinische Studien belegt. Der besagte Mitarbeiter habe an diesen teilweise selber mitgearbeitet.

«Von falschen Versprechungen kann keine Rede sein!»

Silvio Inderbitzin. Mavena

Zudem habe Mavena kürzlich eine  Schweizer  Anwendungsbeobachtung  durchgeführt. Vier Wochen lang hätten 52 Patienten die Crème getestet. 81 Prozent seien zufrieden gewesen. «Von falschen Versprechungen kann keine Rede sein! Wir zeigen gerne unsere Daten zu Wirksamkeit, Sicherheit und Kundenzufriedenheit», ergänzt Inderbitzin.

Kündigungsgründe waren legitim

Die Frage, ob die Firma tatsächlich unzulässige Werbung betreibt, hatte das Kantonsgericht nicht zu prüfen. Es kommt in seinem Urteil zum Schluss, dass es keine Beweise dafür gebe, dass sich das Management von Mavena geweigert habe, die verlangte Anpassung der Risikoklasse in die Wege zu leiten. Auch dass dem Compliance-Verantwortlichen bewusst Unterlagen vorenthalten wurden, lasse sich nicht belegen.

Es sei aber klar ersichtlich, dass der Mitarbeiter sich nicht mehr mit der Firma identifizieren konnte und er rechtliche Konsequenzen aufgrund der aus seiner Sicht falschen Registrierung befürchtete. Dies seien legitime Gründe für eine Kündigung, so das Gericht. Der Mann hat deshalb vollen Anspruch auf eine Arbeitslosenentschädigung.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 16.12.2019, 09:05 Uhr

    Wenn Politiker und Justiz dieses Verbrechen noch unterstützt, dann ist gegen der Pharmaindustrie kein Kraut gewachsen. Aber eben Gesetz ist Gesetz und die heutige Justiz und Verwaltung würde selbst die Nürnbergergesetze bedenkenlos anwenden

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  • Profilfoto von Siegfried
    Siegfried, 15.12.2019, 19:51 Uhr

    Ich hatte diese Rosa Creme» mehrere Wochen genommen und sie hat mir absolut geholfen und gut getan. Dann bekam ich sie nicht mehr zu kaufen. Es ist doch immer das gleiche. Wer unter diesen Machenschaften leidet ist der kranke.

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    • Profilfoto von Silvio Inderbitzin
      Silvio Inderbitzin, 15.12.2019, 22:09 Uhr

      Guten Tag Herr Siegfried,
      Unsere Mavena B12 Crème, Mavena B12 Salbe oder auch Mavena B12 Akut Gel können Sie in der Schweiz in der Apotheke beziehen in Deutschland vor allem über Versandhandelsapotheken. Es würde uns freuen, wenn wir Ihnen mit unseren Therapiekonzepten helfen können.
      Wir stehen Ihnen jedenfalls gerne für weitere Fragen zur Verfügung.
      Freundliche Grüsse
      Silvio Inderbitzin, Mavena International AG, Hünenberg

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