Museum im Bellpark Kriens

Zwei Künstlerinnen verbinden Kunst mit Gebäude und Raum

Mit Acrylfarbe bringt Kim Gordon kurze Schriftzüge auf verschiedene, gemusterte Stoffe. (Bild: Joke Lustenberger)

Am Freitagabend fand im Museum im Bellpark die Vernissage der Ausstellung «Kim Gordon for Design Office feat. In-House Photography by Josephine Pryde» statt – ein Ausstellungstitel, welcher mit seiner Länge auf vieles hinweisen will, dabei aber genauso vieles offen lässt. Beim Besuch der Ausstellung erschliesst sich dieser schrittweise.

Eine Frau liegt im Bett und liest in einem Buch. Auf ihrem Schoss liegt eine Gitarre, welche bei der Berührung der Saiten Klänge von sich gibt. Über die Beine hat sie eine Decke gelegt. Sie löscht das Licht der Nachttischlampe, die brannte, obwohl das Tageslicht das Zimmer hell beleuchtet. Dann richtet sie ihr Kissen, legt den Kopf darauf und schliesst die Augen.

Zwischen privat und öffentlich

Die Frau, welche etwas später aufsteht, sich die Augen reibt und beginnt, Hausarbeiten zu erledigen, ist Kim Gordon. Im Film «Picture Window», der im Erdgeschoss des Museum im Bellpark auf einem grossen Bildschirm läuft, werfen die Betrachtenden einen Blick in den vermeintlichen Alltag der Künstlerin. Die Frisur und das Makeup sitzen, auch wenn sie im Bett liegt, sie trägt Stöckelschuhe beim Staubsaugen und die Gitarre hängt auch während des Kochens um ihre Schulter. Sie inszeniert sich und ihre Umgebung so, wie sie von der Öffentlichkeit gesehen werden will. Das Private wird zum Öffentlichen.

Das Ineinandergreifen dieser beiden Bereiche ist eines der Themen, mit welchen sich die US-Amerikanerin Kim Gordon für die Ausstellung auseinandergesetzt hat. Sie wurde eingeladen, spezifisch für die Räumlichkeiten des Museum im Bellpark eine Ausstellung zu entwickeln und orientierte sich dazu am selbst gegründeten Konzept des Design Office. Ihren ersten Besuch des Museums, bei dem sie von Ralf Keller durch die Räume geführt wird, hat sie mit dem Handy aufgenommen.

Der Film «Double Agent», in welchem sie das Museum, die darin arbeitenden Menschen und den Charakter des Gebäudes erkundet, ist im Untergeschoss des Museums zu sehen. Kim Gordon betritt das Museum während des Aufbaus einer Ausstellung und damit zu einem Zeitpunkt, zu welchem das öffentliche Gebäude unzugänglich bleibt und zum privaten Raum wird. Auch hier vermischt sich das Private mit dem Öffentlichen.

Fotografien von Hotelzimmern

Neben den Videoarbeiten zeigt Kim Gordon eine Serie von Arbeiten mit dem Titel «Bedroom». Diese besteht aus auf Leinwand gedruckte Fotografien von Hotelzimmern, welche gerade erst von seinen Gästen verlassen worden zu sein scheinen. Über die Fotografien hat sie digital Linien, Kreise und Formen in kontrastreichen Farben gezeichnet. Die Fotografien wecken beim Betrachten das Gefühl, ungefragt und unerwünscht in einen privaten Raum zu blicken, auch wenn die Künstlerin diesen öffentlich gemacht hat.

Die Ausstellung wird mit Fotografien von Josephine Pryde ergänzt, welche in ihre Arbeiten jene von Kim Gordon einbezieht
Die Ausstellung wird mit Fotografien von Josephine Pryde ergänzt, welche in ihre Arbeiten jene von Kim Gordon einbezieht (Bild: Joke Lustenberger)

In einer weiteren Gruppe von Arbeiten hat Kim Gordon unterschiedlich gemusterte Stoffe mit Schriftzügen bepinselt. «The Da Vinci Estates», «Crown Jewel in Irvine Estates» oder «Hidden Valley collection» sind Slogans von US-amerikanischen Immobiliengeschäften.

Die grossen und gestisch aufgetragenen Buchstaben wirken jedoch mehr wie Transparente einer aktivistischen Gruppe als Werbeplakate für zum Kauf stehende Häuser. Ihre Arbeit wird damit zur Trägerin einer Kritik an der Immobilienwirtschaft, welche Unterschiede zwischen Arm und Reich verstärkt und die Gentrifizierung vorantreibt.

Pryde setzt Gordons Arbeiten in einen neuen Kontext

Diesen Leinwänden gibt die Künstlerin Josephine Pryde, welche Kim Gordon in die Gestaltung der Ausstellung miteinbezogen hat, in ihren «In-House»-Fotografien nochmals eine neue Bedeutung. Sie platziert die Arbeiten dazu in leer oder im Umbau stehenden Gebäuden, einem Treppenhaus, privaten Räumen oder anderen Orten, an welchen Kunst nicht der Öffentlichkeit zugänglich ist. Während das Bild dort seine Bedeutung verliert und unpassend und verloren wirkt, gewinnt die Fotografie, auf welcher die entstandene Situation festgehalten wurde, an Spannung und Ästhetik.

Es ist eine komplexe und herausfordernde Ausstellung, welche die Besuchenden des Museum im Bellpark erwartet. Sie erfordert nicht nur genaues Betrachten, sondern auch Weiterdenken, um die Arbeit der Künstlerinnen zu verstehen. Dies macht die Ausstellung umso interessanter und vor allem durch die Zusammenarbeit der beiden Künstlerinnen, bei welcher sie die Funktion und Bedeutung von Kunst in der Öffentlichkeit hinterfragen, ist bereichernd.

An der Vernissage am Freitagabend waren die beiden Künstlerinnen Kim Gordon und Josephine Pryde anwesend
An der Vernissage am Freitagabend waren die beiden Künstlerinnen Kim Gordon und Josephine Pryde anwesend (Bild: Joke Lustenberger)

Ausstellung ist noch bis Dezember offen

Die Ausstellung ist bis zum 18. Dezember 2022 zugänglich. Am 28. September 2022 führt die Kunsthistorikerin Dr. Seraina Renz, am 30. Oktober 2022 Künstler, Kurator und Kritiker John Miller und Ralf Keller durch die Ausstellung. Weitere Informationen sind unter www.bellpark.ch zu finden.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Andrea Hofer
    Andrea Hofer, 29.08.2022, 08:17 Uhr

    Wir hier absichtlich nicht erwähnt, dass Kim Gordon Bassistin der legendären Sonic Youth war?

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