Wie’s geht – und was es dabei zu beachten gilt

Reussschwimmen – Trend schwappt nach Luzern über

Abkühlung mit Aussicht: die Reuss im St.-Karli-Quartier mit der Museggmauer im Hintergrund.

 

(Bild: jal)

Was man von Bern kennt, hält in Luzern Einzug: Schwimmen im Fluss. Immer mehr wagen den Sprung in die Reuss und lassen sich im Wasser treiben. Auch zentralplus hat das Badezeug gepackt und zeigt, was es dabei zu beachten gilt.

Wieso im Fluss schwimmen, wenn man einen See hat? Das mag man sich in Luzern fragen, wo der Vierwaldstättersee vor der Haustüre wartet. Doch wer einmal in der Aare geschwommen ist, weiss um die Vorzüge des Flussschwimmens. Man kann sich treiben lassen, kommt vorwärts, ohne sich zu bewegen, und geniesst – da das Wasser nicht steht – eine stärkere Abkühlung als im See.

Wo’s rein geht – und wo wieder raus

Auf den Geschmack kommen jedenfalls auch immer mehr Luzerner. Besonders seit der Eröffnung der Nordpol-Buvette hält der Trend auch in der Leuchtenstadt Einzug. Wir wollen es genauer wissen und haben uns dem Rhythmus des Stadtflusses hingegeben – nicht ohne uns vorher zu erkundigen, worauf man achten muss.

Bereits die erste Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten: Wo geht’s rein? Denn obwohl sich bereits etliche Schwimmer in der Reuss tummeln, fehlt es noch an der Infrastruktur. So hat es in Luzern kaum Treppen und Leitern, um bequem und sicher ins Wasser zu kommen – und insbesondere wieder raus. Bei einem ersten Erkundungsmarsch treffen wir beim Naturmuseum drei junge Frauen, die gerade ihre Strandtücher in einen Schwimmsack stopfen. «Wir gehen meistens hier rein», sagt eine von ihnen. Doch das sei womöglich nicht ideal für Anfänger, räumt sie ein. Denn es wartet die Autobahnbrücke, die man unterschwimmen muss. Zudem zieht sich die Strecke bis zum Reusszopf doch ziemlich.

Der empfohlene Einstieg: Treppe bei der Sentimatt.

Der empfohlene Einstieg: Treppe bei der Sentimatt.

(Bild: jal)

Nun gut, wir fragen besser mal die Experten. Die Luzerner Sektion der Schweizerischen Lebensrettungsgesellschaft (SLRG) empfiehlt uns, via Treppe bei der Sentimatt in den Fluss zu steigen. Das klingt gut, doch als wir vorbeischauen, ist sie mit einem Schloss abgesperrt. In Zukunft sei der Zugang offen, versichert man uns im Nachhinein.

Warm und langsam

Doch das kommt für unseren Versuch zu spät. Kurzerhand spazieren wir ans gegenüberliegende Ufer, wo sich andere Schwimmer bereit machen. Mit gutem Grund: Unterhalb der St.-Karli-Strasse vereinfachen mehrere Leitern den Einstieg. Und auch das Wasser ist genug tief, sodass man nicht Gefahr läuft, die Knie an einem Stein aufzuschlagen.

Bevor es losgeht, packen wir unsere Kleider und Kleinigkeiten in einen wasserdichten Schwimmbeutel. Das ist zwar kein Muss. Aber der Gedanke, in Bikini oder Badehose wieder in die Stadt zurückzuspazieren, ist doch etwas gewöhnungsbedürftig. 

Nun also rein ins kühle Nass! Doch so richtig kalt ist es zurzeit nicht: Mit 22 Grad Wassertemperatur dürfte der Sprung selbst «Gfrörlis» leichtfallen. Ein kurzer Blick flussaufwärts zeigt: Die Bahn ist frei. Nebst einem Paar sind grad nur ein paar verstreute Enten unterwegs.

Über diese Treppe musst du gehn: Unser Einstieg bei der St. Karli-Strasse, direkt nach dem Reussporttunnel.

Über diese Treppe musst du gehn: unser Einstieg bei der St.-Karli-Strasse, direkt nach dem Reussporttunnel.

(Bild: jal)

Nach wenigen Minuten taucht die St.-Karli-Brücke vor uns auf. Wir erinnern uns an den Tipp, den uns Ueli Bärtschi von der SLRG mit auf den Weg gegeben hat: «Halten Sie sich von den Brückenpfeilern fern.» Nicht, dass uns die Betonpfosten anziehen würden: Das Gewässer zischt dort fast bedrohlich – also lassen wir uns brav in der Mitte zwischen dem linken Ufer und dem Pfeiler hindurchtreiben.

In Bern gehört’s zum Kulturerbe

Anders als in Bern oder Basel gibt es in Luzern noch keine Karte, die gefährliche Stellen und ideale Ein- und Ausstiegsstellen markiert. «Bislang hat keine Nachfrage danach bestanden», sagt Philipp Binaghi, Leiter Kommunikation und Marketing bei der SLRG. In Bern und Basel gehöre das Flussschwimmen – anders als in Luzern – eben zur Tradition. Das Aareschwimmen zählt seit Kurzem sogar offiziell zum Kulturerbe der Schweiz. «Aber wir beobachten, wie sich die Lage in Luzern entwickelt. Wenn das Bedürfnis da ist, weil die Zahl der Schwimmenden steigt, werden wir das sicher in Betracht ziehen.»

Hier sehen Sie den Schwumm im Schnelldurchlauf:

 

Bei den Behörden hat man den Trend bereits erkannt. Die Stadt hat die Luzerner Sektion der Schweizer Lebensrettungsgesellschaft damit beauftragt, die Gefahren zu ermitteln, sagt Ueli Bärtschi, Präsident der SLRG Luzern. «Diese Evaluation läuft bereits, zusammen mit der Stadt Luzern werden Gefährdungen beurteilt und mögliche Massnahmen vorgeschlagen.» Erst letzte Woche sind entlang des Reussufers mehrere Rettungsringe installiert worden.

Das Thema hat auch die politische Ebene erfasst. Die CVP hat kürzlich mittels Postulat gefordert, dass die Reuss sicherer und attraktiver wird (zentralplus berichtete).

Ein Störfaktor

Doch wie gefährlich ist es, in der Reuss zu schwimmen? Nebst der fehlenden Infrastruktur fehlt es in Luzern gemäss SLRG auch an Erfahrung. «Der offene Zugang am Reusszopf ans Fliessgewässer ist neu und die Menschen sind sich der Gefahren in und an einem Fliessgewässer teilweise noch nicht bewusst», sagt Ueli Bärtschi. Er rät ungeübten Schwimmern deshalb vom Bad in der Reuss ab (siehe Box).

Wir haben hingegen schon Erfahrung aus der Aare – und im Vergleich zu Bern ist nun für einmal Luzern langsam. Während es in der Aare relativ schnell bachabgeht, kann man in der Reuss mühelos gegen den Strom schwimmen. Doch wir sind ja nicht hier, um Sport zu treiben, sondern um die Seele baumeln zu lassen. Also klammern wir uns an den Schwimmsack und geniessen das Panorama, das sich beim Rückenschwumm eröffnet. Nach der Rigi und der Museggmauer rückt bald schon der Pilatus ins Blickfeld. Sightseeing der entspannten Art.

Die neu installierten Rettungsringe, hier bei der Treppe, welche ide SLRG zum Aussteigen empfiehlt.

Die neu installierten Rettungsringe, hier bei der Treppe, welche die SLRG zum Aussteigen empfiehlt.

(Bild: jal)

Nur etwas stört die Idylle: Nicht nur die Schwimmer sind nach Feierabend aktiv, sondern auch Insekten. Zu Hunderten sausen sie auf der Wasseroberfläche umher wie Laubblätter an einem windigen Herbsttag. Ein Gratistipp unsererseits: Sonnenbrille auf und Mund zu!

Worauf man achten muss

Den Sprung in die Reuss wagen sollten laut der Schweizerischen Lebensrettungsgesellschaft (SLRG) nur gute und geübte Schwimmer. Denn Strömungen, Walzen und Unterspülungen können für unliebsame Überraschungen sorgen. Ebenfalls ratsam: Den Flussabschnitt im Vorfeld zu Fuss erkundigen. Wo hat es Brückenpfeiler, liegt irgendwo Schwemmholz auf der Strecke oder gibt es untiefe Stellen? Im Zweifelsfall informiert man sich bei Fischern, Kanuten oder anderen Schwimmern. In diesen Tagen zwar kaum vorstellbar: Aber wer lange im Wasser bleibt, könnte den Körper unterkühlen. Das kann zu Muskelkrämpfen und Ermüdung führen, warnt die SLRG.

Schon bald kommt die leichte Rechtskurve, bei der es gilt, das Holzhäuschen der Luzerner Pontoniere zu umschwimmen. Der Adrenalinkick ist auch hier glücklicherweise von kurzer Dauer – ein paar Schwimmzüge reichen, um auf die richtige Linie zu gelangen. Kurz danach erscheint am Horizont die Eisenbahnbrücke, die erneut Konzentration verlangt. Hier quert die Brücke die Reuss schräg – dadurch stehen die zwei Pfeiler versetzt zueinander. Wir schwimmen durch das mittlere «Fenster».

Sowieso: In der Flussmitte schwimmen ist nicht nur bei den Brücken empfohlen. in Ufernähe begegnet man ab und zu einem Baumstamm, Ästen oder Schwemmholz oder prallt auf einen Stein, der weit hinaufragt.

Für Anfänger und Fortgeschrittene

Auf dem letzten Stück merkt man kaum mehr einen Unterschied zum See. Die Reuss steht beinahe still – das hilft beim Ausstieg. Zumindest jenen, die frühzeitig aussteigen. Weiter unten, direkt beim Reusszopf, haben einzelne Schwimmer Mühe, auf Anhieb stehen bleiben zu können. Die Reuss liegt an dieser Stelle nicht mehr so ruhig, sondern zieht stärker Richtung Emmen. Wer sich also vor all den Sonnenanbetern auf dem Rasen nicht blamieren will, beendet seinen Schwumm besser vor dem Nordpol.

Das Ufer beim Reusszopf: Aussteigen nur für Trittsichere mit Stehvermögen.

Das Ufer beim Reusszopf: Aussteigen nur für Trittsichere mit Stehvermögen.

(Bild: jal)

Die SLRG empfiehlt denn auch die neue Treppe rund 50 Meter vor dem Reusszopf – und diesmal befolgen wir den Tipp. Dank dem glasklaren Wasser erkennt man schnell, wo man stehen kann (und auch, wo sich die Fische tummeln). Der Ausstieg wird so zum gemütlichen Spaziergang. Nach einer knappen Viertelstunde endet unser Abenteuer: Wir entsteigen der Reuss – erfrischt und wohlbehalten.

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