In Zug landen neuerdings andere Anbieter

Rettungshelikopter konkurrenzieren sich in der Luft

Der Rettungshelikopter von Alpine Air Ambulance fliegt immer mehr Einsätze in Zug.

(Bild: zvg)

Neuerdings landen immer mehr Rettungshelikopter der Alpine Air Ambulance in Zug, um Schwerverletzte zu bergen. Wie ist das möglich, kam doch bis anhin immer nur die Rega in solchen Fällen? Offenbar gilt auch bei Rettungshelikoptern mittlerweile: Wer zuerst parat ist, fliegt zuerst.

Neulich. Ein 69-jähriger Fussgänger in Unterägeri, der bei einem Unfall schwere Verletzungen erleidet, wird von einem Helikopter der «Alpine Air Ambulance» – auch «Triple A» genannt – in eine Spezialklinik geflogen (zentralplus berichtete). Wie kann das sein? Spielt jetzt auch unter den Rettungsdiensten in der Luft die Konkurrenz?

«Die Einsatzleitzentrale von Schutz & Rettung Zürich, die auch die Rettungseinsätze im Kanton Zug koordiniert, bietet jeweils den schnellstmöglich verfügbaren Rettungshelikopter auf», erklärt Zugs Gesundheitsdirektor Martin Pfister. Das sei in diesem Fall offenbar ein Helikopter der Triple A gewesen. «Der Rettungsdienst Zug (RDZ) hat keinen Einfluss darauf, welcher Helikopter aufgeboten wird.»

Die AAA ist laut Pfister ein anerkanntes Rettungsunternehmen und kann somit auch Rettungseinsätze im Kanton Zug und in anderen Kantonen fliegen. «Beim RDZ kommt es immer wieder zu Einsätzen mit Triple A und der Rega.»

«Wir stellen fest, dass beide Unternehmungen von Schutz & Rettung Zürich aufgeboten werden und gute Dienstleistungen bieten.»

Martin Pfister, Zuger Gesundheitsdirektor

Aber was ist der Hintergrund für den neuen Anbieter in Sachen Rettung aus der Luft? Ist die Rega etwa zu teuer oder überfordert? Die Rega hat schliesslich 2016 ein Rekordjahr an Einsätzen hinter sich. Alle 35 Minuten hat die Rega im vergangenen Jahr einen Einsatz organisiert, insgesamt 15’093. Das ist ein leichter Anstieg um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr und ein neuer Rekord. Die Zahl der Helikoptereinsätze ging dagegen um 1,2 Prozent leicht zurück auf 11’055.

«Dazu können wir uns nicht äussern», sagt Gesundheitsdirektor Pfister. «Wir stellen fest, dass beide Unternehmungen von Schutz & Rettung Zürich aufgeboten werden und gute Dienstleistungen bieten.» Von einem Billiganbieter in Sachen Rettungsdienst könne man im Fall von Triple A nicht reden. «Die Rettungsstandards sind schliesslich die gleichen. Beide haben entsprechende Qualitätsstandards einzuhalten.»

Triple A hatte 2017 schon 23 Einsätze in Zug

Fakt ist: Die Alpine Air Ambulance hat 2016 bereits 13 Einsätze im Kanton Zug geflogen, im ersten halben Jahr 2017 waren es schon 23 Einsätze.

«Unser Rettungshelikopter wird immer dann aufgeboten, wenn dieser das am schnellsten verfügbare Rettungsmittel ist.»

Petra Seeburger, Kommunikationsverantwortliche AAA

«Der Rettungshelikopter Lions 1 der AAA Alpine Air Ambulance AG wird seit Sommer 2016 von der Einsatzleitzentrale (ELZ) von Schutz & Rettung immer dann aufgeboten, wenn dieser das am schnellsten verfügbare Rettungsmittel ist», sagt Petra Seeburger, Kommunikationsverantwortliche der Triple A.

Bei einem Einsatz in Neuheim: Der AAA-Helikopter fliegt einen schwer verletzten Töff-Fahrer ins Spital.

Bei einem Einsatz in Neuheim: Der AAA-Helikopter fliegt einen schwer verletzten Töff-Fahrer ins Spital.

(Bild: FFZ)

Das Unternehmen, das in Zürich ansässig ist, verfügt mittlerweile über Rettungsbewilligungen in den Kantonen Aargau, Zürich, Schaffhausen und Bern. Diese gelten im Rahmen des Binnenmarktgesetzes in der gesamten Schweiz, so auch im Kanton Zug. «Basis für die Disposition von Schutz & Rettung ist die Strategie», so Seeburger, «jeweils über das nächste geeignete verfügbare Rettungsmittel zu verfügen.» Und zwar unabhängig von der Organisation, die das Rettungsmittel betreibt.

«System rescuetrack»

Seeburger: «Als Grundlage für die Disposition in der Luftrettung dient das System rescuetrack, in dem Standort und Position der Rettungshelikopter für alle 144-Zentralen sichtbar ist und über das die Einsatzzentrale von Schutz & Rettung den Lions 1 auch direkt alarmieren kann – ohne noch eine andere Zentrale anrufen und die Einsatzdaten mündlich übermitteln zu müssen.»

In der Schweiz gibt es mehrere Luftrettungsunternehmen – auch Anbieter wie die AAA, Air Glacier oder die Air Zermatt. Ein Teil der Organisationen ist sehr regional tätig und daher nicht in der ganzen Schweiz bekannt. «Diese Organisationen stehen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern bilden gesamtheitlich eines der besten Luftrettungsnetze weltweit», versichert Seeburger.

«Wir verfügen über 17 Helikopter an 12 Standorten in der Schweiz und wir sind prinzipiell in der Lage, alle Rettungseinsätze zu fliegen.»

Adrian Schindler, Rega-Mediensprecher

Doch wenn man mit der Rega über dieses Thema redet, hört sich das ganz anders an. Dort sagt Rega-Mediensprecher Adrian Schindler, dass es sich bei der AAA doch um eine Art Konkurrenz handle. «Wir verfügen über 17 Helikopter an 12 Standorten in der Schweiz und wir sind prinzipiell in der Lage, alle Rettungseinsätze zu fliegen.» Man habe bei der Rega immer wieder betont, dass es keinen Sinn mache, in der Luftrettung Parallelstrukturen aufzubauen.

Schindler: «Die Rega ist auch heute noch dieser Meinung und setzt sich im Sinne des Patienten gegen eine Kommerzialisierung der Luftrettung ein.» Der Kanton Zug sei durch die umliegenden Rega-Basen Dübendorf, Erstfeld und Mollis optimal versorgt. «Innerhalb von 15 Minuten erreichen diese drei Rettungshelikopter jeden Einsatzort», versichert der Rega-Sprecher.

Die Rega finanziert sich übrigens zu rund 60 Prozent aus einer Gönner-Stiftung. Rund 40 Prozent der Kosten werden von Unfall- und Krankenversicherungen getragen. Diese bezahlen Rega-Einsätze, wenn sie kostenpflichtig sind, pro Flugminute. 

Früher Streit wegen TCS/AAA-Flügen im Aargau

Tatsache ist, dass sich vor einigen Jahren die Rega und der Touring Club Schweiz (TCS) im Kanton Aargau wegen Helikopterflügen in den Haaren lagen. Der TCS wollte nämlich mit seinem gelben Helikopter vermehrt in der Luftrettung Primäreinsätze fliegen. Die Rega wollte eben das nicht und noch viel weniger mit dem neuen Marktteilnehmer zusammenarbeiten.

Der Schweizerische Interverband für Rettungswesen stellte damals klar, dass man im Notfallwesen die Zahl der Einsätze und damit den Markt nicht stimulieren solle – dies würde letztendlich zu einer Verteuerung des gesamten Rettungswesens führen. Einer der Hauptgründe: Eine Rettungszentrale aufzubauen, koste viel Geld. Auch die Konkurrenz bei Verlegungsflügen von Spital zu Spital sorge für Mehrkosten. Der Kanton Aargau beharrte damals schliesslich auf seinem Recht, TCS/AAA-Flüge auch weiterhin neben der Rega einsetzen zu dürfen.

Die Rega im Einsatz auf der Schrattenfluh.

Die Rega im Einsatz auf der Schrattenfluh.

(Bild: zvg)

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