Der EVZ-Sportchef über das Playoff-Desaster

Reto Kläy: «Es ist deprimierend und frustrierend»

Lässt nach dem verpassten Titelgewinn offen, wie es mit dem Trainerduo und den Ausländern weiter geht: EVZ-Sportchef Reto Kläy.

(Bild: EVZ / Montage zentralplus)

Tag 1 nach dem enttäuschenden und abrupten Saisonende des EV Zug. Sportchef Reto Kläy hadert sichtbar mit dem frühen Aus. Über Konsequenzen mag er noch nicht reden, über personelle Konsequenzen schon gar nicht. Aus seiner Enttäuschung aber macht er keinen Hehl.

Die Niederlage gegen den ZSC in der Overtime ist noch nicht verdaut. Reto Schäppis Treffer in der Verlängerung war ein Stich in jedes Zuger Herz (zentralplus berichtete). EVZ-Sportchef Reto Kläy wagt eine erste Bilanz und sagt, wo’s den Zugern fehlt.

zentralplus: Wie ist Ihre Gefühlslage am Tag 1 nach dem Playoff-Out?

Reto Kläy: Es ist deprimierend und frustrierend. Ich schaue aus dem Fenster, es schneit und die Saison ist vorbei. Das fühlt sich ganz bitter an. Aber irgendwann wird man merken, dass das Leben weitergeht. Dann müssen wir wissen, wie es so weit kommen konnte. Der Frust ist besonders gross, weil wir wissen, dass wir den ZSC hätten schlagen können. Wir sind gut gestartet und haben das Momentum aus der Hand gegeben.

zentralplus: Sie erwähnen den guten Zuger Start in die Serie. Noch vor zehn Tagen konnte man davon ausgehen, dass der EVZ die Viertelfinals durchlaufen würde. Weshalb ist es anders gekommen?

Kläy: Vielleicht haben wir uns zu sicher gefühlt. Aber wir wussten, dass es nicht locker werden würde. Die Playoffs sind immer knallhart, egal, gegen wen man antritt. Der ZSC hat die Qualifikation sicher nicht in Bestform abgeschlossen, aber wir wussten, dass sie ein gutes Team haben. Letztlich waren es verschiedene Faktoren. Ein Schlüsselmoment könnte das Ende der zweiten Partie gewesen sein, als wir nach dem Ausgleich zum 4:4 auf den Siegtreffer gedrückt haben, uns ein Goal aberkannt wurde und wir im Gegenzug das Gegentor erhalten haben.

zentralplus: Was hätte ein Sieg geändert?

Kläy: Hätten wir gewonnen, wäre es in der Serie 2:0 gestanden und wir hätten noch mehr Selbstvertrauen getankt. Stattdessen konnte der ZSC ausgleichen und an Selbstvertrauen zulegen. Klar stand es nach dieser Partie erst 1:1 und wir hätten genügend Möglichkeiten gehabt, um die Serie zu gewinnen. Aber diese Szene illustriert, wie schmal der Grat zwischen Erfolg und Misserfolg in den Playoffs sein kann. Zudem haben wir zu viele schlechte Entscheidungen getroffen, vor allem im Powerplay. Das hat am Selbstvertrauen genagt.

zentralplus: Hat es an der Routine oder Coolness gefehlt, um die Serie zu wenden?

Kläy: Nein, an der Routine nicht. Fast alle Spieler haben sich schon in solchen Situationen befunden, die meisten waren letztes Jahr dabei. Es war eher eine Frage vom Flow. Wenn man in eine Negativspirale gerät oder der Druck zu gross wird, verliert man die Lockerheit. Der Wille, unbedingt zu gewinnen, kann sich dann in einer kontraproduktiven Verkrampfung entladen.

Traurig und enttäuscht über die EVZ-Niederlage: Fan in der Nordkurve am Dienstagabend.

Traurig und enttäuscht über die EVZ-Niederlage: Fan in der Nordkurve am Dienstagabend.

(Bild: woz)

zentralplus: Mit dem frühzeitigen Saisonende hat der EVZ seine Ziele verpasst. Welches sind die Konsequenzen?

Kläy: Es ist definitiv noch zu früh, sich dazu zu äussern. Zunächst müssen wir das intern sorgfältig analysieren. Momentan ist die Enttäuschung zu frisch und man tendiert dazu, in solchen Momenten übereifrig zu handeln. Das wollen wir nicht, sondern selbstkritisch und überlegt unsere Leistung hinterfragen. Das braucht jedoch Zeit.

zentralplus: Sie werden also nicht alles infrage stellen?

Kläy: Nein, das werde ich sicher nicht tun. Vieles ist gut gelaufen. Als Hockeyverein müssen wir uns fragen, von welcher Ebene wir sprechen. Grundsätzlich sind wir gut aufgestellt. Wenn wir die erste Mannschaft beurteilen, können wir bilanzieren, dass wir eine gute «Regular Season» gespielt haben, aber in den Playoffs nicht weitergekommen sind. Weshalb uns dies nicht gelungen ist, müssen wir analysieren, um danach die richtigen Schlüsse zu ziehen.

«Es ist schon alarmierend, dass immer wieder dieselben Teams gewinnen.»

zentralplus: Als der EVZ vor zwei Jahren in der ersten Runde gegen Lugano ausgeschieden ist, hat man sich wenige Tage später trotz weiterlaufender Verträge von Daniel Sondell und Dario Bürgler getrennt. Sind ähnliche Mutationen auch dieses Jahr denkbar?

Kläy: Da wir noch keine Analyse gemacht haben, wäre es falsch, sich jetzt dazu zu äussern.

zentralplus: Der EVZ ist in den vier Saisons unter Coach Harold Kreis dreimal im Viertelfinal ausgeschieden und hat einmal den Final erreicht. Wo liegt die Wahrheit für den EVZ?

Kläy: Es ist schwierig, diese vier Saisons miteinander zu vergleichen. Allerdings fällt auf, dass wir immer eine gute, relativ konstante Vorrunde gespielt haben. Davon kann man sich zwar nichts kaufen, aber es ist eine Leistung. Es stellt sich die Frage, weshalb wir diese Leistungen nicht in die Playoffs übertragen konnten. Es kann sein, dass gewisse Spieler, statt einen Gang zuzulegen, eher zurückgeschaltet haben. Ist dies Kopfsache? Gut möglich. Liegt es an der Qualität? Eher nicht.

Ein symbolisches Bild: EVZ-Captain Raphael Diaz liegt am Boden.

Ein symbolisches Bild: EVZ-Captain Raphael Diaz liegt am Boden.

zentralplus: Was muss der EVZ tun, um auf die Stufe eines Meisterteams zu gelangen?

Kläy: Unser Ziel muss es sein, dass wir vorne mitspielen und unsere Strategie umsetzen, indem wir Junge nachziehen und mit ihnen vorwärtskommen. Wenn wir es jedes Jahr probieren und uns stetig verbessern, werden wir mit diesem Ansatz irgendwann belohnt werden. Aber es ist schon etwas alarmierend, dass immer wieder dieselben Teams gewinnen.

zentralplus: Sie haben die Dominanz von Bern, Davos und den ZSC Lions angesprochen, die in den letzten elf Saisons den Meistertitel unter sich aufgeteilt haben. Was ist das Erfolgsrezept dieser Teams?

Kläy: Sie verfügen sicher über eine grosse Breite, Qualität sowie die nötige Erfahrung. Gewisse finanzielle Mittel spielen sicher eine Rolle. Der ZSC hat es dieses Jahr zwar auch geschafft, uns mit einigen Jungen, die aufgrund von Verletzungen eingesetzt wurden, zu schlagen. Diese Qualität besitzen wir auch, aber vielleicht fehlt uns die Tiefe.

zentralplus: Bei den ZSC Lions haben die jungen Spieler der vierten Linie einen entscheidenden Beitrag für das Weiterkommen geleistet. Hat beim EVZ nicht einfach das Vertrauen in die jungen Spieler gefehlt?

Kläy: Wir haben mit Tobias Geisser, Thomas Thiry und Yannick Zehnder auch Junge eingesetzt. Wir haben die Jungen bewusst in die erste Mannschaft eingebaut. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass wir das Konzept mit dem Academy-Team erst seit zwei Jahren haben, während der ZSC dies mit den GCK Lions schon seit über 15 Jahren tut. Aber ich sehe auch, dass man den Mut haben muss und in gewissen Situationen einen Jungen einem Routinier vorziehen darf.

zentralplus: Hätten Sie diesen Mut von Harold Kreis öfters gewünscht?

Kläy: Der Coach hat die Strategie umzusetzen. Er muss Junge einbauen, macht aber die Aufstellung selbst. Wir müssen den Jungen Vertrauen geben, aber diese müssen es mit Leistung und Fortschritten zurückgeben. Das ist ein Nehmen und Geben. Drei Junioren haben diese Saison den nächsten Schritt gemacht, was gut ist.

«Die Qualität besitzen wir, aber vielleicht fehlt uns die Tiefe.»

zentralplus: Bei der Lancierung des Academy-Teams wurde angekündigt, dass man zunächst vier Saisons bestreiten möchte, um dann zu beurteilen, ob es weitergeführt wird. Können Sie nach der Halbzeit bereits sagen, ob es weitergehen wird?

Kläy: Das ist noch zu früh. Es gibt sicher unterschiedliche Parameter zu beurteilen, der Einbau von jungen Spielern in die erste Mannschaft ist einer davon.

zentralplus: Wie sieht die Zukunft von Josh Holden aus? Wird ihm nochmals ein Vertrag als Spieler offeriert?

Kläy: Das ist noch offen, wir werden das kommunizieren, sobald wir eine Entscheidung getroffen haben. Wir haben vereinbart, dass wir während der Playoffs keine Gespräche über die Zukunft führen.

zentralplus: Wie bleibt von der abgelaufenen Saison?

Kläy: Wir haben eine weitgehend positive Saison mit negativem Ende erlebt. Wir werden an den Playoffs gemessen, deshalb bleibt ein sehr fader Beigeschmack hängen.

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