Presseschau über Luzerner Männerregierung

Restschweiz schaut besorgt nach Luzern

Die Journalisten stürzten sich am Sonntag auf die Protagonisten. (Bild: cha)

Ein reiner Männerclub, die SP fliegt raus und die SVP holt sich einen Sitz: Eine Presseschau zeigt, wie die Luzerner Regierungsratswahlen schweizweit wahrgenommen werden. Und wie geht es weiter? Ein Experte sieht eine Partei als «neue linke Kraft» in der Pflicht. 

Bei der SP sitzt der Schock noch tief in den Knochen: Felicitas Zopfi hat am Sonntag die Wahl in den Regierungsrat klar verpasst. Die zwei Sitze, die noch offen waren, gingen an Finanzdirektor Marcel Schwerzmann (parteilos) sowie an Paul Winiker von der SVP, die neu in die Regierung einzieht (zentral+ berichtete). 

Reine Männerregierung

Der überraschend deutliche Ausgang der Wahlen hat über die Kantonsgrenzen hinaus hohe Wellen geschlagen und sorgte für unterschiedliche Reaktionen. David Zumbach, Politikforscher an der Univeristät Bern, sagt warum: «Im Kanton Luzern stellte man die Geschlechterfrage, man diskutierte Überlegungen zur Konkordanz und man thematisierte auch eine politische Konfliktlinie zwischen Stadt und Land.» Die Medienlandschaft reagierte stark auf die parteipolitischen Themen und Signale. Und da es ein nationales Wahljahr ist, wurde besonders genau hingeschaut.

«Fünf Herren jenseits der 50 Jahre mit klassischen Berufen wie Bauingenieur, Steuerverwalter oder Unternehmer leiten in Zukunft die Geschicke des Kantons.»

Neue Zürcher Zeitung, NZZ

Zum Beispiel schrieb die sonst eher zurückhaltende «Neue Zürcher Zeitung NZZ», das Bild des neuen Luzerner Regierungsrates wirke etwas «anachronistisch». «Fünf Herren jenseits der 50 Jahre mit klassischen Berufen wie Bauingenieur, Steuerverwalter oder Unternehmer leiten in Zukunft die Geschicke des Kantons.»

 

Der Luzerner Regierungsrat: Robert Küng, Marcel Schwerzmann, Reto Wyss, Guido Graf und Paul Winiker.

Der Luzerner Regierungsrat: Robert Küng, Marcel Schwerzmann, Reto Wyss, Guido Graf und Paul Winiker.

(Bild: Emanuel Ammon)

 

Hingegen sei das Bild der fünfköpfigen Luzerner Stadtregierung um einiges «bunter»: «Eine frühere Krankenschwester, eine Ökonomin, die als Yogalehrerin tätig war, und ein Biologe mit Spezialgebiet Amphibien, Reptilien und Vögel geben unter anderen in der Kantonshauptstadt den Ton an.»

Die NZZ nimmt denn auch die Luzerner Wahlen als Beispiel für eine wachsende Kluft zwischen Stadt und Land. Die politischen Unterschiede kämen in Schweizer Exekutivwahlen immer stärker zum Ausdruck, wie auch bei beiden Kantonen Baselstadt und Baselland. Luzern sei eine weitere Vorlage für die Entfremdung zwischen Städten und ihrem ländlich geprägten Umfeld. 

Der Luzerner Stadtrat: Martin Merki (von links), Stadtschreiber Toni Göpfert, Stadtpräsident Stefan Roth, Manuela Jost, Adrian Borgula und die abtretende Ursula Stämmer.

Der Luzerner Stadtrat: Martin Merki (von links), Stadtschreiber Toni Göpfert, Stadtpräsident Stefan Roth, Manuela Jost, Adrian Borgula und die abtretende Ursula Stämmer.

(Bild: Stadt Luzern)

Schlappe für die SP

Der neue Regierungsrat

Die SP-Kantonsrätin Felicitas Zopfi, die den Sitz der zurücktretenden Yvonne Schärli hätte verteidigen sollen, blieb am Sonntag deutlich hinter ihren Mitbewerbern zurück und kam nur auf 37'154 Stimmen. Die 56-jährige Zopfi zeigte sich für sich selbst und ihre Partei schwer enttäuscht über den Wahlausgang.

Bereits im ersten Wahlgang waren die bisherigen Regierungsräte Guido Graf (CVP), Reto Wyss (CVP) und Robert Küng (FDP) im Amt bestätigt worden. Der Luzerner Regierungsrat setzt sich somit neu wie folgt zusammen: CVP 2, FDP 1, SVP 1, Parteilose 1.    

Der «Tagesanzeiger» titelte: «In Luzern regieren nur noch Männer». Eine Tatsache, die in vielen anderen Medien ebenfalls zu reden gab. Auch dem «Blick» waren die Neuigkeiten aus Luzern eine ähnliche Überschrift wert. «Luzern wählt bürgerlich und männlich». Die Luzerner Regierung besteht als einzige kantonale Exekutive der Schweiz nur noch aus männlichen Bürgerlichen. Zwar wählte der Kanton Tessin Mitte April ebenfalls eine reine männliche Regierung, aber mit Manuele Bertoli (SP) ist die Linke weiterhin vertreten. 

Andere Schweizer Zeitungen fokussierten sich auf die historische Niederlage der SP, wie etwa die «Aargauer Zeitung»: «SP verliert ihren Sitz» oder die «Basler Zeitung» mit «Schlappe für die Luzerner SP – SVP wieder in der Regierung.» Im Kommentar der NZZ las man schliesslich: «Genossin ohne Akzeptanz». Die SP habe es nicht geschafft, eine Kandidatin aufzustellen, die in der breiten Bevölkerung auf die notwendige Akzeptanz gestossen sei. 

Die CVP ist jetzt die Linkspartei

Soweit der Rückblick. Die Konsequenz daraus wie gesagt: Die Linken sind erstmals seit 56 Jahren nicht mehr in der Kantonsregierung vertreten. Aber wie geht es nun mit der neuen Regierung weiter? Laut Politikforscher David Zumbach darf man gespannt sein, wie sich in den kommenden vier Jahren die CVP, die in der Exekutive nun am weitesten Links sitzt, verhalten wird. «Bis anhin war die CVP in der komfortablen Lage, das Zünglein an der Waage spielen zu dürfen, was machtpolitisch äusserst interessant ist.»

Ob die CVP das in Zukunft als «linke» Kraft in der Regierung auch wird tun können, werde sich weisen. «Neue, interessante Optionen hat nun sicherlich der Freisinn. Die angekündigte Opposition der SP und der Grünen dürfte auf kantonaler Ebene und bei den herrschenden Kräfteverhältnissen nur sehr schwer umzusetzen sein.» Das zeigt auch die Vergangenheit: Der SVP ist es in den letzten Jahren, trotz einem erheblichen Mehr an Mitteln im Vergleich zu den Linken, nur beschränkt gelungen, sich als Opposition zu positionieren.

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