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Lindenhof Unterägeri: Mit hohen Erwartungen angereist

  • Bewertung★★★★★★★★★★
  • Preiskategorie●●●●●●
  • Küche Schweizerisch
  • Ambiente Traditionell
Das Hotel-Restaurant Lindenhof im Dorfzentrum von Unterägeri. (Bild: hch)

Die Tage, an denen man diesen Sommer abends draussen tafeln kann, sind rar gesät. Auf der Suche nach einer lauschigen Gartenterrasse machten wir Halt in Unterägeri, beim mit 14 Gault-Millau-Punkten prämierten «Lindenhof». Ob das Restaurant mit seiner Kombination aus kreativen und klassischen Gerichten die Erwartungen erfüllen konnte?

Wer regelmässig Gaststätten besucht, hat diesen Funken, der überspringt, sicher auch schon erlebt. Es scheint jeweils alles zu stimmen, man fühlt sich geborgen und die servierten Gerichte lassen relevante Zweifel an den eigenen Kochfähigkeiten aufkommen. Noch Wochen und Monate später erinnert man sich gerne an den Abend und die Details zurück. Dann gibt es aber auch den Klassiker, und zu denen zählen wohl die Mehrheit der Erlebnisse. Eigentlich stimmt vieles, es sind Einzelheiten, die auffallen. Und dennoch reicht es nicht zu einem bleibenden Erlebnis.

Ein solches hatten wir im Lindenhof Unterägeri. Wir freuten uns, kurzfristig noch einen Platz auf der Gartenterrasse zu erhalten. Trotz zentraler Lage im Dorf ist es auch draussen verkehrsruhig, der Ausblick bleibt aber auf Mauern und die umliegenden Gebäude beschränkt. Die grosszügigen Tischabstände hinterlassen nicht nur bei Corona-Ängstlichen ein gutes Gefühl, sie sorgen für viel Privatsphäre.

Kreative Gerichte neben Klassikern

Die mit 14 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnete Küche erscheint uns genau richtig für ein gutes Essen zum Wochenausklang, und auch die Karte mit einigen kreativen und traditionellen Rezepten macht neugierig. Wie es sich für ein Mitglied des «Goldenen Fisch» gehört, nehmen die Wassertiere auf der Karte viel Raum ein. Wir kombinierten uns munter durch.

Den Start machte ein Tafelspitz-Carpaccio mit Meerrettich-Vinaigrette. Tafelspitz oder eben Huftdeckel gehört für mich zu einem der meistunterschätzten Stücke, zumindest in Europa. Nicht ohne Grund zählt dieses Stück vom Rind in Südamerika zu den beliebtesten überhaupt; am Stück gegrillt, zaubert ein saftiges Picanha jedem Gaucho ein Strahlen ins Gesicht. Serviert wurden zwei Tranchen, wie hierzulande üblich etwas lange im Wasser gekocht, überzogen mit sehr viel ganz fein gehacktem Gemüse. Ein leichtes Sommergericht, das noch dazu toll farbig präsentiert wurde. Den Meerrettich konnten wir in der recht öligen Vinaigrette nicht herausspüren.

Wiener Schnitzel enttäuschte

Die «Schweizer Illustrierte» führte den Lindenhof letzten September unter den zehn besten Wiener-Schnitzel-Restaurants: «Hauchdünn, aber superknusprig kommt das Wiener Schnitzel vom Kalb auf den Tisch.» Die Erwartungen waren entsprechend hoch.

Knusprig war das Fleisch auch bei unserem Besuch, was sich vor allem durch den hohen Anteil an Panade erklären lässt. Denn serviert wurde nicht ein Schnitzel, sondern vier unterschiedlich grosse Teile, teilweise mit der Fläche eines Chicken Nuggets. Dazu kamen etwa 20 Pommes frites und etwas Grillgemüse. Auf der Karte wäre auch noch eine kleine Portion bestellbar gewesen, allenfalls kam es hier in der Küche zu einer Verwechslung.

Fisch aus dem Zugersee

Visuell sehr ansprechend fiel dafür der zweite Hauptgang aus, gedämpfte Zugersee-Felchen an einer Safran-Sauce. Vor allem das intensive Gelb mit einzelnen Safran-Fäden war zusammen mit dem Reis und jungem Blattspinat ein Gedicht fürs Auge. Allerdings wollte der Funke von der Gabel nicht ganz überspringen. Die liebliche Sauce war schön harmonisch, den Fisch würde man sich jedoch etwas saftiger wünschen und den sehr zarten Spinat weniger bitter.

Viel Mühe gab sich die Lindenhof-Küche mit den Extras abseits der Speisekarte. Als Amuse-Bouche wurde eine Mini-Focaccia mit Olivenpaste und Landjägertranchen gereicht, der Gruss aus der Küche war ein Crevettenküchlein auf Wakame-Salat. Und da wir wie so oft auf ein Dessert verzichteten, wurde zum Kaffee eine exotische Schnitte serviert. Ein versöhnlicher Abschluss eines nicht ganz perfekten Abends.

Autor: Christian Hug, August 2021

Preis/Leistung
Die Preise sind für 14 Punkte zwar angemessen – die Gerichte konnten diesem Niveau an diesem Abend aber nicht gerecht werden. Wir hätten gerne noch ein Stroganoff probiert, doch die 54 Franken dafür erschienen uns dann doch gar hoch. Das servierte Wiener Schnitzel kostete 44 Franken, das Tafelspitz-Carpaccio 25 Franken. Beim Rotwein fanden wir im Offenausschank fast nur Italiener, so dass wir auf eine perfekt temperierte Halbliterflasche Leutschner aus Schwyz ausgewichen sind. Halbe Flaschen sind keine erhältlich. Ein Halbliter Mineral kostet 6.50, ein Espresso 5.20 Franken. Einen Bonus-Punkt gibt es für die servierten kleinen Extras.
** von *****

Service
Distanziert höflich und aufmerksam. Ein Gespräch will aber nicht aufkommen, dafür reicht wohl die Zeit nicht. Koch und Wirtin haben wir an diesem Abend nicht am Tisch gesehen. Die Wartezeiten sind angemessen. Unter der Rechnung befand sich der Hinweis, dass man eine Bezahlung mit Debitkarte oder Bargeld bevorzuge – wir haben diese auf der dunklen Terrasse jedoch zu spät gesehen. Kreditkarte wurde anstandslos akzeptiert.
*** von *****

Ambiente
Innen funktional mit viel Holz, aussen viel Stein und einige Pflanzen, kaum Tischdekoration und Papiersets auf den Tischen, weisse Teller: Schlichtheit ist Trumpf. Unerwartet: Toiletten mit edlen Handtüchern aus Frottee und Handcreme.
** von *****

Online-Auftritt
Ausreichende Informationen, ein paar Impressionen von Lokal und Gerichten, die Speisekarte ist vorhanden. Die Online-Reservation (mit Mail-Bestätigung innerhalb von 24 Stunden) hat funktioniert. Auf Facebook ging die Aktualisierung vermutlich vergessen (letzter Post ein Wettbericht vom 18. Mai).
*** von *****

Hotel-Restaurant Lindenhof

Adresse:
Höfnerstrasse 13
6314 Unterägeri

Telefon:
041 750 11 88

E-Mailadresse:
Webseite:
https://lindenhof-unteraegeri.ch/

Öffnungszeiten:
Donnerstag bis Montag: 9–14 Uhr und 17–23 Uhr
Sonntag: 10–22 Uhr
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