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Brasserie Bodu in Luzern: Essen wie Gott in Frankreich

  • Bewertung★★★★★★★★★★
  • Preiskategorie●●●●●●
  • Küche Französisch
  • Ambiente Modern, Traditionell

Die Brasserie Bodu gilt in Luzern schon längst als Institution. Dieser kleine Tempel französischer Gastronomie in der Altstadt überzeugt durch den Charme des Lokals, die wechselnde Saisonkarte und die ausgezeichnete Weinauswahl.

Als wir den erst halb gefüllten Speisesaal betreten, werden wir von der nasalen Stimme Edith Piafs empfangen: «Non, rien de rien, non je ne regrette rien …» Klischeehafter hätte der Abend kaum beginnen können. Trotzdem verfällt die Brasserie Bodu nicht unnötigem Kitsch, sondern erschafft eine französische Atmosphäre mit viel «bon ton».

Geschmacksvoll ist hier nicht nur die Einrichtung. Auch die Freundlichkeit des Chefs und die Auswahl der Speisen können sich sehen lassen. Überzeugt haben uns aber vor allem zwei grosse Stärken des Lokals: die wechselnde Saisonkarte und die gepflegte Weinauswahl mit Fokus auf die Bordeaux-Region und deren Appellationen.

Beliebtheit geniesst das Bodu (in Anlehnung an den früheren Besitzer, Monsieur Beaudoux, lautet die korrekte Aussprache wohl «bodu»; nicht etwa «bodü») auch aufgrund des grossen Fumoirs im vorderen Bereich des Hauses. In der stilvollen Stube kann man an den Esstischen oder an der Bar Platz nehmen und so in die Zeit vor 2010 reisen, als Auswärtsessen und (Passiv-)Rauchen noch untrennbar zusammengehörten.

Kriecher, Schwimmer, Flieger – alles schmeckt

Nun aber zum Wesentlichen: Speis und Trank. Wir entschieden uns bewusst, die Klassiker der Brasserie auszulassen, denn ihre Beliebtheit spricht für sich. Fast alle Gäste um uns bestellen das Haus-Entrecôte, die Moules et Frites oder das Cordon bleu – die Dauerrenner des Restaurants. Ein Signal für uns, dass die Küche Braten und Frittieren beherrscht und dass wir uns nicht selbst davon überzeugen müssen.

Unsere Wahl fällt daher auf eine Rarität der Saisonkarte: Sautierte Taubenbrüstchen an Holundersauce, fein geschnittener Rosenkohl mit Speck, Kräuter-Spätzli, Birne an Preiselbeersauce, Rotkraut und karamellisierte Maroni. Als Vorspeise, aus der fixen Karte ausgesucht, nehmen wir die traditionelle Fischsuppe und «Les Escargots de Bourgogne» – dem Deutschschweizer allgemein als «Schnägge» bekannt.

Beide Vorspeisen sind klein gehalten, schmecken aber vorzüglich. Die dickflüssige Suppe ist ein Geschmackskondensat, angenehm erwärmend und besticht mit einer dezenten Anis-Note. Ganz traditionell wird sie von Croutons, Knoblauchcreme und Reibkäse begleitet. Hingegen wirken die Schnecken geschmacklich sehr gezähmt und sind somit ideal für eine erste kulinarische Begegnung mit diesen Weichtieren.

Jede Komponente ein Genuss

Unsere hohen Erwartungen an den Hauptgang wurden nicht enttäuscht. Auf den Punkt gegart («comme il faut!»), waren die blassrosaroten Taubenbrüstchen zart und saftig, deren Haut weich und buttrig. Eine zusätzliche Prise Salz hätte dem Fleisch einen gewissen Extrakick gegeben, der leider selbst in Kombination mit der Sauce ausblieb.

Bei den Beilagen ist das Bodu nicht mehr ganz Brasserie, aber dafür bekommt der Gast Vertrautes auf den Tisch. Jede Komponente der Wildgarnitur war unglaublich schmackhaft. Besonders die sonst eher mehligen glacierten Maroni überraschten mit ihrer Textur und die ausgezeichnete Balance zwischen Süsse und Säure wirkte erfrischend und appetitlich.

Das Highlight: Taubenbrust mit herbstlichen Beilagen (Bild: Michi & Simi)
Das Highlight: Taubenbrust mit herbstlichen Beilagen (Bild: Michi & Simi)

Beim Dessertsortiment bleibt das Bodu dem Brasserie-Stil treu. Unsere Wahl fällt auf zwei Speisen, die es in der Umgebung nur selten gibt: Tarte Tatin und Profiteroles, beide ordentlich im Geschmack. Soll der Teig einer Tatin weich oder substanziell sein? Darüber liess es sich ein Glaubenskrieg führen. Im Bodu gehört man zur weichen Observanz.

Geschmacklich taucht man mit jedem Happen in ein Meer aus karamellisierten Äpfeln. Entsprechend passt der Sauerrahm hervorragend zur massiven Süsse und den säuerlichen Noten dieses Klassikers. Die Profiteroles bestechen vor allem durch die luftig-leichte vanillierte Schlagrahmwolke und die angenehm herbe Schokoladensauce.

Wein ist Chefsache

In Sachen Wein verdient das Bodu ansonsten alle Hochachtung. Wie die Webseite verrät, kümmert sich Luca Eichmann, also der Chef höchstpersönlich, um die Verköstigung und die Auswahl der Bordeaux-Weine. Er ist am Abend auch für die Weinempfehlung zuständig und wie wir in Erfahrung bringen konnten, kennt er seinen Weinkeller durch und durch.

Die Wahl, die wir dank seiner Hilfe treffen, ist stimmig: Der durch die Jahre noch nicht ganz gezähmte «Fleur de Clinet» (2010) aus dem Pomerol erwies sich als geeigneter «Begleiter». Mit seiner ledrig-wilden Note passt er zu unseren Speisen und entwickelt sich durch den Abend hindurch.

Service: freundlich und bemüht

Im Bodu wird man sehr freundlich und professionell bedient: angereicht wird stets von rechts, abgeräumt von links und das auf engsten Verhältnissen. Jedoch mischen so viele Servicekräfte mit, dass selbst wir den Überblick verloren haben, wer für uns zuständig war.

Zugegeben: Es war kein leichter Abend. Im randvollen Lokal haben die Gäste mehrmals Glas zu Bruch gehen lassen, was dem Service Zusatzaufgaben bescherte. Diese meisterte er auch wirklich sehr diskret und speditiv.

So wurden wir von vier verschiedenen Personen bedient, mussten mehrmals den Wein selber nachschenken und erhielten erst auf Nachfrage Auskunft über die uns aufgetischten Käsesorten. Geduld mussten wir auch bei der Weinbestellung aufbringen, da der Chef auf sich warten liess.

Alles halb so schlimm, wenn auch die Küche Geduld gezeigt hätte. Noch bevor der Wein kredenzt wurde, brachte man uns die Vorspeise. Als wir endlich anstossen konnten, war die Vorspeise glücklicherweise noch genügend warm, der Wein hingegen ungenügend belüftet. Kleine Ecken und Kanten sind okay in einer Brasserie, aber im Bodu zahlt man den Preis eines Restaurants.

Auf den ersten Blick scheint die Rechnung letztlich etwas hoch zu sein. Doch man muss bedenken, dass wir es dezent krachen lassen wollten. Ausgelassen haben wir nur den Kaffee – aus Angst, er könnte wie in Frankreich schmecken. Am Ende kamen aber pro Person dreieinhalb Gänge, drei unterschiedliche Weine und ein Digestiv zusammen.

Im Preis inbegriffen sind drei wichtige Ingredienzien: hervorragende Qualität der regionalen Produkte, gekonnte Zubereitung und eine Weinberatung, die diese Bezeichnung verdient. Essen wie Gott in Frankreich hat eben seinen Preis, erst recht in der Luzerner Altstadt. Und wie Piaf singen würde: «Non, rien de rien…» – wir bereuen nichts

Preis/Leistung
Die Preise sind der hohen Qualität der Produkte, dem Niveau der Zubereitung und der Grösse der Portionen angemessen und fair. Weinliebhaber haben verschiedene Preissegmente zur Auswahl. Auch die günstigeren Angebote sind beachtenswert. Bei der Empfehlung hält sich das Personal an die Preisvorstellung der Kundschaft.
**** von *****

Ambiente
Anspielungen auf Frankreich gibt es zur Genüge, vielleicht sogar zu viele. Man hält die Balance zwischen Kitsch und typischer Einrichtung. Authentische und ungezwungen elegante Säle sind das Ergebnis. Leider auch mit einer authentisch schlechten Akustik. Da man weder die anderen Gäste hört, noch gehört wird, ist es auf diese Art ein persönlicher Rahmen.
**** von *****

Online-Auftritt
Wenn man durch das französischsprachige Menü navigieren kann, erhält man viele nützliche Hintergrundinformationen über die Brasserie, ihre Küche und ihren Weinkeller. Bilder und Layout wirken einladend. Leider ist die Saisonkarte nicht immer aktuell.
**** von *****

Brasserie Bodu

Adresse:
Kornmarkt 5
6004 Luzern

Telefon:
041 410 01 77

E-Mailadresse:
[email protected]Webseite:
https://www.brasseriebodu.ch

Öffnungszeiten:

Sonntag bis Freitag von 11.00 bis 24.00 Uhr Samstag von 9.00 bis 24.00 Uhr

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