10-Millionen-Schaden in Luzern und Zug

Zugerinnen retten verhagelte Bauern-Ernte mit App vor dem Müll

Der Chamer Bauer und Feuerwehrkommandant Felix Hegner erlitt wegen dem Hagel einen massiven Getreide-Ernteausfall. (Bild: zvg)

Die Hagelstürme der letzten Wochen haben bei vielen Bäuerinnen wortwörtlich einen Scherbenhaufen hinterlassen. Auch die Ernte nahm vielerorts gewaltigen Schaden. Nun greifen zwei Zugerinnen den Bauern unter die Arme.

Zerschellte Ziegel, eingeschlagene Autoscheiben und zerdrückte Chriesi. Die Unwetter der letzten Wochen haben vielerorts eine Schneise der Verwüstung hinterlassen (zentralplus berichtete). Und es regnet und gewittert munter weiter.

Die Hagelschäden sind immens. Die Schweizerische Hagel-Versicherungs-Gesellschaft hat in den letzten beiden Juniwochen rund 1400 Schadensmeldungen aus Luzern und Zug erhalten, wie Mediensprecherin Esther Böhler auf Anfrage von zentralplus resümiert.

Die erwartete Schadensumme an den versicherten Kulturen beträgt satte 10 Millionen Franken. Und das sind nur diejenigen, die eine Hagelversicherung abgeschlossen haben. Betroffen seien alle Kulturen: Vom Acker über Tabak, Gemüse, Obst, Beeren, Reben bis hin zu Baumschulen und Gärtnereien.

«Als hätte man mit der Schrotflinte darauf geschossen»

Viele Bäuerinnen sind schlicht ratlos, wie es weitergeht. «Gewisse Bauern haben ihr Feld stehen lassen, um beispielsweise das Stroh zu nutzen, andere haben es vorzeitig geerntet», so Raphael Heini vom Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband. Beschädigte Chriesi, Blumenkohl und Äpfel sind das eine.

«Hinzu kommt auch durch den Hagel beschädigtes Gras, welches massiv an Qualität und Ertrag verloren hat. Nun müssen Bauern teils deutlich Futter zukaufen.» Anderen Bauern hat es das Scheunendach beschädigt, wodurch das darin gelagerte Heu nass und somit unbrauchbar wurde.

«Der Zeitpunkt ist für viele Kulturen nun zu spät, um eine Neuansaat zu tätigen, etwa für Getreide. Auch Mais sät man beispielsweise im Frühling.» Da es nun auch die letzten Tage häufig nass und somit zum Säen ungeeignet war, «verzögert es das Ganze umso mehr».

40 Prozent der Dinkel-Ernte fiel dem Hagel zum Opfer. (Bild: zvg)

Davon betroffen ist auch der Zuger Bauer Felix Hegner, der zugleich als Chamer Feuerwehrkommandant bei den Unwettern im Einsatz stand. «Wir hatten in Cham extrem grosse Hagelsteine, die waren teils grösser als Golfbälle!», so Hegner zu zentralplus. Neben verlöcherten Dächern und kaputten Ziegeln hat es auch in seinem Umfeld so manch eine Ernte beschädigt.

«Am schlimmsten getroffen hat es Chriesi, die sahen aus, als hätte man mit der Schrotflinte darauf geschossen.» Hegner selber baut Getreide und Mais an. «Unsere Gerste wurde nur marginal beschädigt, aber beim Dinkel haben wir 40 Prozent Ernteausfall, das ist schon happig.» Glücklicherweise hat der Zuger eine Hagelversicherung, die den Grossteil vergüten sollte.

Der Hagel hat ganze Streifen der Getreidefelder zu Boden gedrückt. (Bild: zvg)

Während für Hegner gleich ein Teil der Ernte ausfällt, kämpfen andere um ihre beschädigten Zucchetti oder Gurken. Doch noch ist der Müllcontainer nicht die letzte Option.

App aus Zug soll beschädigte Ernte vor Müll retten

Eine neue App aus Zug soll nämlich Obst oder Gemüse vor dem Müllcontainer retten. Hinter «Croppy» stehen zwei Zuger Freundinnen, die bereits vor Monaten mit der Entwicklung der App begonnen hatten. Während der Unwetter war klar: Nun benötigen die Bauern eine solche Hilfe dringender denn je.

Mit Hilfe der «Croppy»-App können Bauern ihr Obst oder Gemüse verkaufen, wenn es vom Grossverteiler abgelehnt wird. (Bild: App «Croppy»)

«Meine Freundin und ich setzen uns schon länger mittels einer Facebookgruppe gegen Foodwaste ein», sagt Regie Bo, eine der beiden App-Initiantinnen, zu zentralplus. Die Zugerin, die wegen ihrer hauptberuflichen Anstellung nicht mit richtigem Namen genannt werden will, hat gemeinsam mit ihrer Freundin Laura Lullo, ebenfalls ein Pseunodym, die App am letzten Freitag lanciert.

Anfänglich nur für den Kanton Zug angedacht, ist die App nun schweizweit verfügbar. Bauern registrieren sich auf «Croppy», stellen ihre zu verkaufenden Salatköpfe oder Gurken online, bestimmen selber den Preis und lassen die Ware direkt auf dem Hof abholen.

Programmiert hat die App Bos Lebenspartner. (Bild: zvg)

Die Idee findet Anklang: «In weniger als einer Woche haben über 1000 Personen die App heruntergeladen», freut sich Bo. Noch sind erst wenige Angebote zu finden, wie ein Augenschein zeigt. Von Snackgurken über Salate bis hin zu Trutenfleisch ploppen allmählich mehr und mehr Angebote in der App auf, die auf IOS und Android verfügbar ist.

Die App soll aber nicht nur bei Unwettern zum Zuge kommen. «Auch sonst haben wir immer wieder mitgekriegt, wie frustriert Bauern waren, wenn etwa ihre Kartoffeln nicht den Normen der Grossverteiler entsprachen und ausgemustert wurden. Wir wollten etwas Gutes tun.»

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