Kinoöffnung nach dem Lockdown

Zuger Filmprojektoren laufen wieder, die neue Popcornmaschine muss ruhen

Vorfreude auf das Filmerlebnis: Familie studiert den Aushang beim Kino Seehof. (Bild: Beat Holdener

Ein Teil der Zuger Kinos ist wieder geöffnet, die geltenden Einschränkungen machen jedoch einen wirtschaftlichen Betrieb unmöglich. Filmfans können sich auf das kommende, wieder attraktiver werdende Angebot freuen.

Im Zuger Kino Seehof liefen am Donnerstagabend nach über vier Monaten Zwangspause wieder die ersten Filme über die Leinwand. Im Gegensatz zu einem Teil der Branche sind die Zuger Kinobetreiber vom Bundesratsentscheid, wieder öffnen zu können, nicht überrascht worden. Trotzdem dauerte es einige Tage, die Kinos wieder hochzufahren.

Von Normalbetrieb kann jedoch keine Rede sein. «Wir haben sehr schnell geschaltet», sagt Geschäftsführer Thomas Ulrich, «aber viele Fragen sind offen, bei denen wir nicht wissen, wie wir genau damit umgehen müssen.» Die Wiederöffnung war mit grossem Aufwand verbunden. Innert Kürze mussten die Säle bereitgestellt, Mitarbeitende aufgeboten, Plakate gedruckt, die Homepage aufdatiert werden. «Die Nerven lagen bis zur ersten Premiere bei uns blank», sagt Thomas Ulrich.

Die Sicherheitsregeln wie Maskenpflicht, Abstand und auf ein Drittel reduzierte Saalbelegung mit maximal 50 Leuten haben für die Kinos zuletzt schon vor dem Lockdown gegolten. Neu kommt jetzt auch ein Konsumationsverbot dazu. Für die Zuger Kinobetreiber ist dies eine zusätzliche gravierende wirtschaftliche Einschränkung und für die viele Besuchende fehlt ein Teil des Erlebnisses. Erfrischungsgetränke und Snacks gehören für sie einfach dazu. Im Kino Seehof wurde deshalb neu eine Popcornmaschine angeschafft, die aber noch nicht in Betrieb genommen werden kann.

Keine Snacks und Getränke

Die Bestimmungen sind einmal mehr ziemlich komplex. So könnte das Kino theoretisch seinen Kiosk öffnen und Getränke und Snacks als Take-away nach aussen abgeben. Wer ein Kinobillett besitzt, dürfte dagegen an der Bar nichts zum Konsumieren kaufen, allenfalls erst beim Weggehen. Der Kiosk bleibt darum komplett geschlossen.

«Von Rentabilität kann unter diesen Umständen niemals die Rede sein», sagt Thomas Ulrich, dem die Öffnung trotzdem am Herzen liegt und der den Aufwand gern auf sich nimmt. «Wir machen das Angebot für alle treuen Cinéastinnen und Cinéasten, die das Bedürfnis haben, endlich wieder einmal ins Kino gehen zu können.»

Eingeschränkte Filmauswahl

Im Moment werden in den beiden Seehof-Sälen täglich sechs Vorstellungen gespielt, am Wochenende acht. Ziel der Betreiber ist es, trotz der beschränkten Möglichkeiten ein breites Spektrum abzudecken. So laufen im Moment ein Superheldencomic fürs breite Publikum, eine Komödie und ein Thriller für weniger actionorientierte Leute, ein Schweizer Dok- und der Essayfilm von Milo Rau «Das neue Evangelium» für Arthouse-Kinogänger.

Filmevents planen weiter


Auch die von Externen organisierten Veranstaltungen in den Zuger Kinos nehmen wieder Fahrt auf. Der Filmclub FLIZ beginnt laut Präsidentin Elke Mangelsdorff seine monatlichen Vorführungen mit einem Spezialgast am 8. Mai mit der Vorpremiere von «Arara – Verbannt in eine fremde Heimat». Auch die Planung des Zuger Genuss-Film-Festivals vom 16. bis 23. September läuft auf Hochtouren. Die Filme und die Köche für die Diners sind bereits ausgewählt. «Wir sind froh über die Kinoöffnung und guter Dinge, unseren Anlass durchführen zu können», sagt Festival-CEO Matthias Luchsinger.

Mitten in den Vorbereitungen sind auch die 7. Zuger Filmtage vom 2. bis 6. November. Bis zum jetztigen Zeitpunkt werden eine physische Ausgabe und ausgebaute hybride Angebote geplant. Die Wiedereröffnung der Kinos ist für das Organisationskomitee sehr wichtig, einerseits weil sich das Zurückbehalten von Filmen auf die Programmation auswirkt, andererseits weil das Festival auf die Infrastruktur und die Zusammenarbeit mit den Kinos angewiesen ist. «Vor allem freuen wir uns, dass man nun endlich wieder Filme auf der grossen Leinwand erleben kann», sagt Festivalleiterin Eveline Stalder, «deshalb haben wir die Aktion ‹Back to cinema› gestartet.» Wer über die Festival-Webseite fünf Kinogutscheine kauft, erhält bis Mitte Mai dazu einen Gutschein für die Zuger Filmtage im November.

Ganz einfach ist es zurzeit nicht ein ansprechendes Programm zusammenzustellen. «Wir sind völlig abhängig von den Verleihern», so Thomas Ulrich. «Wir mussten die Programmation bis zuletzt immer wieder ändern.» Filme, die am Freitag noch versprochen waren, wurden bereits am Montag wieder zurückgezogen. Deutsche Produktionen werden zurückgehalten, bis diese auch in Deutschland Kinopremiere feiern können. Das gleiche gilt für britische und französische Filme. Der Schweizer Markt ist dafür zu klein und zu wenig interessant.

Für Mai zeichnet sich bezüglich Filmangebot ein Silberstreifen am Horizont ab. Dann werden der neue Tom-und-Jerry-Film, die Disney-Produktion «Reya und der grosse Drachen», der Blockbuster «Mortal Kombat» oder Studiofilme wie «Drunk (Another Round)» von Thomas Vinterberg mit Mads Mikkelsen lanciert. «Dann nimmt das Kino wieder richtig Fahrt auf», glaubt Thomas Ulrich.

Das Publikum kehrt zurück

Das Publikum scheint auf jeden Fall auf die Kinoöffnungen gewartet zu haben. Der erste Tag lief für den Zuger Kinobetrieb erfreulich. Die Kinderfilme am Nachmittag waren sehr beliebt. «Wir haben uns so darauf gefreut, wieder ins Kino zu können», sagt eine Grossmutter mit ihrem Enkel, «wir sind einfach in den erstbesten Film gegangen.» Auch für eine Familie mit zwei Kindern war das Kinoerlebnis eine willkommene Abwechslung für die Ferientage.

Auch die ersten Vorstellungen der Erwachsenenfilme waren laut Betreiber gut besucht. Erfreulich für ihn, dass das Stammpublikum zurückkehrt: «Etwa die Hälfte der Leute habe ich gekannt.» Der Vorverkauf läuft in gewohntem Rahmen, viele Leute entscheiden sich spontan für einen Kinobesuch.

Schritt für Schritt weiterplanen

Die Zuger Kinobetriebe beobachten erst wie der Publikumszuspruch jetzt wieder anläuft. Wenn es sinnvoll scheint, werden auch die Kinos Gotthard in Zug und Lux in Baar wieder geöffnet. Sollte das Konsumationsverbot weiter bestehen, wäre eine Öffnung des Gotthard als Arthouse-Cinéma vor dem als Popcorn-Kino geltenden Lux wahrscheinlich. «Wir werden weiterhin tun, was wir gewohnt sind», sagt der Geschäftsführer, «flexibel bleiben.»

Eine Prognose über die weiteren Perspektiven will Thomas Ulrich nicht abgeben: «Ich kann mir vorstellen, dass die Leute streamingmüde sind und Lust haben, wieder in Gesellschaft Filme zu sehen, aber das ist reine Spekulation.» Früher hätte er gesagt, Kino sei Gewohnheitssache wie in den Turnverein gehen. «Heute hoffe ich, dass es nicht mehr so ist.»

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