Zug: Dubioser Altgoldhändler treibt Geschäfte in Altersheim
Ein fragwürdiger Händler hat in einem Zuger Altersheim eine Ankaufsaktion für alten Schmuck durchgeführt. Die Polizei schritt ein – die Zentrumsleitung bleibt derweil zurückhaltend.
Anfang Oktober fand sich in vielen Briefkästen der Stadt Zug ein Flugblatt des «Felix Auktionshaus». Auf dem Flyer wirbt es damit, dass es eine Ankaufsaktion für Schmuck, Uhren, Goldbarren «… und vieles mehr» zu «besten Konditionen» durchführe.
Bereits die Werbung lässt Zweifel über die Vertrauenswürdigkeit des Altgoldhändlers aufkommen. Die Gestaltung wirkt billig und reisserisch. Als Kontaktdaten sind eine Handynummer und eine E-Mail-Adresse angegeben. Eine Postadresse fehlt. Wer im Internet nach dem Auktionshaus sucht, findet nichts.
Die beworbene Veranstaltung fand am 15. und 16. Oktober statt. Was das ganze brisant macht, ist der Ort, an welchem der suspekte Händler seine Dienste anbot. Es war ein Sitzungszimmer des Altersheims Frauensteinmatt. Gerade ältere Menschen sind oft Opfer von Betrug oder dubiosen Geschäftsmaschen.
Polizei ermittelt gegen Goldhändler
Diese Sorge schien auch die Zuger Strafverfolgungsbehörden zu beschäftigen. Und der Golddealer scheint tatsächlich nicht nur dem Anschein nach dubios zu sein. Wie sie auf Anfrage bestätigt, hätte die Zuger Polizei dem Händler an der Veranstaltung im Frauensteinmatt am 15. Oktober einen Besuch abgestattet.
Gestützt auf ihre Feststellungen vor Ort habe sie den Händler bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug angezeigt, schreibt die Polizei. Es gehe dabei um mehrere verschiedene Straftatbestände. Welche genau, wollen die Behörden mit Hinweis auf die laufende Untersuchung nicht sagen.
Händler hat keine Bewilligung
Zusätzliche Informationen zum betreffenden Ankäufer liefert das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit. Wer in der Schweiz gewerblich Altgold kaufen und handeln will, braucht von der eidgenössischen Edelmetallkontrolle, welche dem betreffenden Bundesamt untersteht, eine Bewilligung.
Wie das Bundesamt auf Anfrage mitteilt, kenne es kein Unternehmen mit dem Namen «Felix Auktionshaus». Weder habe ein solches eine Bewilligung noch sei ein solches im Handelsregister eingetragen.
Seriöser Goldschmied interveniert
Für Ärger sorgte das «Felix Auktionshaus» auch in der Altstadt von Zug, gute 200 Meter vom Frauensteinmatt entfernt. Dort hat der diplomierte Goldschmied Raphael Meyer seit 18 Jahren sein Geschäft. Er bietet nebst Schmiedearbeiten gleichfalls den Ankauf von Altgold an. Lange schon ärgert er sich über unseriöse Konkurrenz, die den Ruf seiner Branche untergräbt.
Als er den Flyer im Briefkasten gesehen habe, so Meyer, sei er sofort zum Altersheim gegangen, um die Verantwortlichen zur Rede zu stellen. «So etwas kann ich nicht ohne Reaktion durchgehen lassen, vor allem wenn es in einem Altersheim geschieht», erzählt er.
Altersheimmitarbeiter überrascht
Alte Personen seien besonders gefährdet bei solchen fadenscheinigen Angeboten, sagt Meyer. «Viele haben keine Angehörigen, denen sie ihren Schmuck oder ihre Uhr vermachen könnten. Sie sind allein und froh, wenn sie solche Wertsachen nicht mehr hüten müssen. Ein Verkauf gibt ihnen Geld, mit welchem sie etwas machen können», erklärt der Fachmann.
Am Samstag vor der Veranstaltung sei Meyer deshalb ins Frauensteinmatt gegangen. «Sie waren sehr verwundert im Altersheim. Das Personal wusste nichts von der Veranstaltung», sagt Meyer. Die Wochenendleitung habe ihm versichert, die Zentrumsleitung am Montag darauf anzusprechen. «Auch sie hatten grosse Bedenken», fügt er an.
Eigentlich gelten klare Regeln für Vermietung
Auf die Veranstaltung angesprochen, sagt Manuel Vogt, Leiter der Zentralen Dienste der Alterszentren Zug, dass das Frauensteinmatt unabhängig vom Heimbetrieb gelegentlich Räumlichkeiten an externe Benutzer wie Vereine oder Unternehmen vermiete. Die Stiftung Alterszentren Zug betreibt das Frauensteinmatt und zwei weitere Altersheime in Zug.
Er führt aus, dass bei einer Vermietung klare Richtlinien gälten. Wenn sich Veranstaltungen nicht mit den Interessen und Werten der Alterszentren vereinbaren liessen, lehnten sie ein Nutzungsgesuch im Zweifelsfall ab. Bezüglich der Aussage von Meyer sagt Manuel Vogt, dass ihnen keine Informationen dazu vorliegen würden.
Bewohner hätten nicht an Veranstaltung teilgenommen
Hinsichtlich der Informationen des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit, dass ein Händler mit dem Namen «Felix Auktionshaus» keine Bewilligung zum Ankauf von Altgold hat und nicht im Handelsregister eingetragen ist, schreibt Vogt gleichfalls, den Alterszentren lägen keine Informationen dazu vor.
Dass ein Altgoldhändler, der in einem Altersheim seiner Arbeit nachgeht, aber eine heikle Sache ist, ist wohl auch der Zentrumsleitung bewusst. «Wir möchten festhalten, dass weder Bewohner noch Mitarbeitende an der besagten Veranstaltung teilgenommen haben», sagt Vogt abschliessend.
Unbekannt bleibt, wieso der Händler das Sitzungszimmer überhaupt mieten durfte. In Anbetracht der verhängten Strafanzeige und der fehlenden eidgenössischen Bewilligung ist fraglich, wie eindringlich das Frauensteinmatt das Mietgesuch überprüfte.
War dubioser Händler schon mal im Altersheim?
Weiter bleibt offen, ob bereits früher fragwürdige Altgoldhändler im Frauensteinmatt zu Besuch waren. Die Zentrumsleitung gab auf die Frage, ob die Veranstaltung im Oktober die erste ihrer Art im Zuger Altersheim war, keine Antwort.
Ein Zuger Leserreporter, der zentralplus das Flugblatt des «Felix Auktionshaus» zukommen liess, hat laut eigenen Angaben schon früher einen ähnlichen Flyer erhalten. Dem betreffenden Reklamezettel gemäss führte das Unternehmen «Rares zu Bares» am 18. und 19. Mai 2023 eine gleich geartete Ankaufsaktion von Altgold im Frauensteinmatt durch.
Nebst dem Ankauf von Schmuck und Uhren wirbt «Rares zu Bares» damit, auch Geigen, Celli oder Autos aus den 70er-Jahren für beste Preise entgegenzunehmen. Der Hinweis auf dem Flugblatt, dass Geschäfte schnell abgewickelt werden können, und dass unvollständige Kontaktangaben auf den Flyern stehen, lassen vermuten, dass es sich hierbei gleichfalls um einen Ankäufer von fragwürdiger Vertrauenswürdigkeit handelt. Eine Suche nach ihm im Internet bleibt ergebnislos.
«Geschäft für Betrüger äusserst lukrativ»
Zwielichtige Altgoldhändler sind gemäss Goldschmied Meyer ein weitverbreitetes Ärgernis. «Es ist ein grossflächiges Problem, ganz Europa ist betroffen», sagt er. 2009 habe es in der Schweiz eine Gesetzesänderung gegeben, danach seien solche Händler wie Pilze aus dem Boden geschossen.
Teil des Problems sei, dass die meisten Personen keine Ahnung hätten, was ein angemessener Preis für ihre Wertsachen sei, so Meyer. Dadurch könne das Geschäft für Betrüger äusserst lukrativ sein. «Mit einem Kunden können solche Leute in einer Viertelstunde 2000 bis 5000 Franken verdienen», erzählt er.
Neues Gesetz, neue Probleme
Seit dem 1. Januar dieses Jahres müssen Händler, die gewerblich mit Altgold handeln, eine Bewilligung haben. Laut Meyer löst diese Regelung die Situation nicht. «Es braucht null fachliche Qualifikation, um die Bewilligung zu bekommen», führt er aus.
Unternehmen müssten einzig im Handelsregister eingetragen sein und 2000 Franken Gebühr zahlen, dann hätten sie die Bescheinigung vom Bund. «Auch dubiose Händler können sich dadurch eine Bewilligung auf die Fahne schreiben», sagt der Goldschmied.
Zwielichtiger Händler schweigt
Ein Händler, der jährlich weniger als 50’000 Franken Umsatz macht, braucht überdies gar keine Bewilligung. «Viele lügen dann einfach», sagt Meyer. Und rechtlich gibt es bei einem Verkauf unter Wert oft nichts zu beanstanden. «Händler sagen der Polizei einfach, dass der Kunde ja einverstanden gewesen sei mit dem angebotenen Preis», erklärt der Goldschmied.
Das «Felix Auktionshaus» wollte auf Anfrage keine Stellung nehmen. Bei einem Anruf von zentralplus meldete sich ein Mann. Auf dem Flugblatt der Firma «Rares zu Bares» ist als Kontaktperson ebenfalls ein Mann mit demselben Nachnamen aufgeführt. Ob es sich dabei tatsächlich um denselben Mann handelt, ist nicht bekannt. Am Telefon wollte er nichts zu den Vorwürfen sagen.
Nathan Affentranger ist seit März 2024 Praktikant bei zentralplus. Er hat einen Entlebucher Dialekt, eine Antipathie für Beamtensprache und ein Masterdiplom in Philosophie. Am liebsten schreibt er über die kleinen Absurditäten des Alltags.