Internationale Stars in der Altstadt

Zentralschweizer Filmcrew verwandelt Luzern in ein Hollywood-Set

Sind zufrieden mit der Szene: Regisseur Joan-Marc Zapata (Mitte) und Produzent Ivan Geisser (rechts, mit rotem Bändel). (Bild: «Color of Heaven» / zvg)

Hollywood made in Switzerland? Derzeit wird in der Zentralschweiz ein ambitioniertes Spielfilmprojekt realisiert. Hinter der Kamera steht ein junges Schweizer Team, als Darsteller wurden einige internationale Namen verpflichtet. Für mehrere Szenen stellte die Crew in Luzern die Kamera auf.

Das Richard-Wagner-Museum bietet viel Geschichte und eine beeindruckende Szenerie. Von Bäumen umschlossen, thront das rund 200-jährige Landhaus auf einem grasbewachsenen Hügel. Der Geist längst vergangener Tage ist zu spüren. Diese Atmosphäre macht sich im Juni eine Zentralschweizer Filmcrew zunutze. Sie stellte die Kamera, Scheinwerfer und Reflektoren auf – und verwandelte die Tribschen für einen Tag in ein regelrechtes Hollywood-Set.

Hinter dem Projekt, das unter dem Banner «Hollywood-Brunnen» läuft, stehen zwei Produktionsfirmen. Aus besagter Schwyzer Ortschaft stammt «89 Productions». Die Firma besteht aus Produzent Ivan Geisser (31) und dem gebürtigen Spanier Joan-Marc Zapata (31), der für die Drehbücher und die Regie verantwortlich ist. Unterstützt werden sie von der Luzerner Kreativ-Agentur und Co-Produktionsfirma Orisono.

Inspiration aus dem klassischen Hollywood

Zum Filmprojekt «Color of Heaven» kamen Geisser und Zapata über Umwege. Eigentlich wollten die beiden Freunde, die sich während eines Sprachkurses kennengelernt hatten, 2017 einen spanischen Bestseller verfilmen. Das Projekt fiel jedoch aus verschiedenen Gründen durch. Schliesslich entschieden sich die beiden Filmfreaks, selbst etwas auf die Beine zu stellen. Nach einem Kurzfilm, den sie 2018 quasi als Testlauf für das grosse Projekt drehten, verfasste Zapata das Drehbuch zu «Color of Heaven».

«Joan-Marc liebt das alte, klassische Hollywood», erklärt Produzent Geisser gegenüber zentralplus. Darum soll «Color of Heaven» kein Action-geladenes Effektgewitter werden, sondern ein klassisches und intimes Drama, das durch ruhige Bilder und präzises Schauspiel begeistert.

Prominente Besetzung

Für präzises Schauspiel braucht es passende Schauspieler. Und von denen konnte Regisseur Zapata gemäss Ivan Geisser einige überzeugen. Hiesigen Filmfans dürfte vor allem Carlos Leal ein Begriff sein. Er war in Schweizer Filmen wie «Sennentuntschi» zu sehen. Aber auch in internationalen Produktionen wie der Netflix-Serie «Better Call Saul». Und jüngst an der Seite von Al Pacino in «American Traitor».

Weitere Schweizer Darsteller wie Daniel Rohr, Werner Biermeier und Jörg Reichlin finden sich auf der Cast-Liste. Bei den Hauptrollen fiel die Wahl auf spanische Darsteller wie Marta Etura und Francesc Garrido. Sie waren bereits in mehreren spanischen Kinoproduktionen zu sehen und geniessen in ihrem Heimatland einen gewissen Star-Status.

«Einige Schauspieler haben gesagt, das seien die besten Dreharbeiten gewesen, die sie je gehabt hätten.»

Ivan Geisser, Produzent

Gedreht wurde auch in Luzern. Nicht nur hatte die Crew mit dem Richard-Wagner-Museum eine beeindruckende Szenerie. Sie wagte sich auch mitten in die Luzerner Altstadt. Das sei eine ziemliche Herausforderung gewesen, sagt Regisseur Joan-Marc Zapata in einem Produktionsvideo. Weil man um die neugierigen Passanten herumfilmen musste. Für die Schauspieler seien die Dreharbeiten in Luzern und Brunnen ein Erlebnis gewesen. «Einige haben gesagt, das seien die besten Dreharbeiten gewesen, die sie je gehabt hätten», sagt Geisser stolz. «Und das kommt von Leuten, die schon seit 30 Jahren im Geschäft sind!»

Wenig Budget und viel Freiwilligenarbeit

Rund 800'000 Franken kostet der Film. Geld, das hauptsächlich über Sponsoring, Gönner und Stiftungsgelder zusammenkam. «Filmförderung haben wir keine erhalten», so Geisser. Das für Filmverhältnisse eher knappe Budget hat dazu geführt, dass man in vielerlei Hinsicht kreativ werden musste. Fürs Catering schloss man Deals mit lokalen Brauereien ab. Das Equipment fuhr man mit einem alten Lastwagen von Spanien über die Schweizer Grenze – wo die Karre prompt wegen Altersschwäche ihren Dienst quittierte. «Schweizer Mietpreise für die Ausrüstung hätten wir uns nicht leisten können», begründet Geisser die wahnwitzige Odyssee.

Mit den spanischen Filmstars wurden Szenen in der Luzerner Altstadt gedreht. (Bild: «Color of Heaven» / Facebook)

Geschichten wie diese gibt es viele, sie gehören zu Filmdrehs dazu, auch bei «Color of Heaven». Von spontanen Helikopterlandungen bis hin zu Gastauftritten von Promis wie der deutschen Schauspielerin Angelika Milster oder dem Krienser Sänger Damian Lynn. Die Neugierde war der Filmcrew zu jeder Zeit sicher. «In der Zentralschweiz gibt es im Gegenzug zu Zürich zwar keine wirkliche Filmindustrie, das Interesse an Filmproduktionen ist aber enorm gross. Viele wollen mithelfen.» Zum Glück. Grosse Teile der jungen Schweizer Crew – kaum jemand war über 30 Jahre alt – arbeiteten ehrenamtlich an dem Film. Auch die Stars verzichteten auf ihre üblichen Gagen und stellten ihr Talent für einen «symbolischen Lohn» zur Verfügung.

Social-Media-Offensive gestartet

Im Gegensatz zu anderen Grossproduktionen, bei welchen viel hinter verschlossenen Türen gearbeitet wird und Produzenten mit NDAs (Verschwiegenheitserklärungen) herumwedeln, wählte man hier einen anderen Ansatz: Die gesamte Produktion wird eifrig und aktiv auf Social Media geteilt. Interviews mit Cast und Crew, Einblicke hinter die Kulissen und eine Flut von Bildern und kurzen Clips sollen das Filmemachen nahbar und erlebbar machen. «Ein Filmdreh ist ein Event», so Geisser. «Und das wollten wir auch zeigen.» Und werden sie auch weiterhin.

Am Samstag gingen die 17-tägigen Dreharbeiten in Brunnen zu Ende. Derzeit befindet sich der Film in der Postproduktion, wo er geschnitten, farbbearbeitet und mit Musik und Geräuschen versehen wird. Im Herbst ist ein grosser Making-of-Event geplant, zu dem auch Musiker und lokale Prominenz eingeladen wird.

Und obschon die Weltpremiere im Juli 2022 in Brunnen stattfinden wird, erhoffen sich die Macher ein grosses Publikum im spanischen Raum. Der Film wurde deswegen in Spanisch und Englisch gedreht. «Wir werden den Film später noch auf Deutsch synchronisieren», sagt Geisser und erklärt auch gleich, was sie sich für ihren Film erhoffen: «Ziel wäre es, den Film an renommierten Festivals in der Schweiz, aber auch in Spanien zeigen zu können – beispielsweise beim San-Sebastian-Festival.»

«Color of Heaven»

Das Drama beschreibt die Geschichte des Akademikers Tristán Del Val (Francesc Garrido) und der gefeierten Schauspielerin Olivia Bronte (Marta Etura). Die beiden begegnen sich 17 Jahre nach einer stürmischen Affäre zufällig in einem Hotel wieder.

17 Jahre hatten die Erinnerungen an die stürmische Liebesromanze, die an Brontes ehrgeizigen Karriereplänen zerbrochen war, überdauert. Vor der Kulisse des Vierwaldstättersees entfaltet sich nun ein Dialog zwischen Tristán und Olivia.

Weitere Informationen zum Film gibt es hier.

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