Kuriose Odyssee durch den Zuger Parktower

Wo, bitte, geht es hier zu Viktor Yuschtschenko?

Die Stadt Zug sucht einen geeigneten Namen für den öffentlichen Raum in der obersten Park-Tower-Etage. (Bild: zvg)

Ein Interview mit dem ukrainischen Ex-Ministerpräsidenten Viktor Yuschtschenko: Welcher Journalist würde da nicht sofort seine Feder zücken und auf die Pirsch gehen? Doch das Ganze endet mit einem gespenstischen Irrweg durch das höchste Gebäude in Zug. Und einem Rätsel.

«V. Yuschtschenko» steht auf dem Namensschildchen des schwarzen Briefkastens an der Gubelstrasse 24. Sprich: am Parktower, jener Nobeladresse und gleichzeitig höchstem Gebäude Zugs. V. Yuschtschenko? Das kann ja bloss der frühere ukrainische Ministerpräsident Viktor Yuschtschenko sein, der nach der «Orangenen Revolution» in Kiew vor Jahren irgendwann den Hut nehmen musste. Und jetzt wohl Asyl in Zug geniesst. Das ist doch die Story!

Da klingelt man doch am besten gleich mal, um zu sehen, ob Herr Yuschtschenko auch zu Hause ist. Aber halt! Am Zuger Parktower gibt es ja ein Besucherkontaktsystem, mit Hilfe dessen man den gewünschten Adressaten erst mal anwählen kann.

Okay, «Deutsch» gedrückt für die gewünschte Sprache. Und «Y» eingegeben für den Namen Yuschtschenko. Doch auf dem Display erscheint immer nur die Firma Ynstad. Schade. Was tun? Auf dem Smartphone kurz gegoogelt, findet sich auch kein Telefoneintrag auf den Namen Yuschtschenko.

Simsalabim – öffnet sich die Fahrstuhltür

Vielleicht gibt es ja im Foyer des Parktowers noch weitere Klingeln. Als sich die Schiebetür des Eingangportals öffnet, ist man drin. Durch eine weitere elektronische Schiebetür gelangt der Besucher zu den drei Aufzügen im Foyer. Von Klingeln keine Spur in diesem etwas schummrig wirkenden Raum. Ebensowenig von Herrn Yuschtschenko. Wo ist er bloss?

Nur drei Lifte gibt es. Auf einen gedrückt, öffnet sich plötzlich – Simsalabim! – die Fahrstuhltür. Man kann bis in den 23. und 24. Stock hochfahren: Ist Herr Yuschtschenko, womöglich dotiert mit Schweige-Ölmillionen irgendwelcher ukrainischer Oligarchen, jener ominöse Reiche, der sich in das Penthouse oder in den 23. Stock eingekauft hat (siehe Box am Ende)?

Hier brauchts noch ein Weilchen, bis das Penthouse im Parktower so richtig wohnlich wird.

Hier brauchts noch ein Weilchen, bis das Penthouse im Parktower so richtig wohnlich wird.

(Bild: woz)

Nach wenigen Sekunden hievt der schnelle Lift einen in die lichten Höhen des Parktowers. Als man im 23. Stock respektive im Penthouse aussteigt, überrascht einen erst mal gespenstische Stille. Kein Mucks ist zu hören. Ausser dem Lift, der wieder runterfährt. Man hört auch die anderen beiden Lifte ständig durch die Schächte summen. Eigentlich ist es hier sehr hellhörig.

In den beiden Stöcken wird offensichtlich kräftig gewerkelt. Die Bauarbeiter sind gerade dran, die beiden Stockwerke für ihre künftigen Besitzer herzurichten. Da gibt es aber noch eine Menge zu tun. Beide Stockwerke sind noch im Rohbau. Die kahlen Betonwände starren einen an. Zig Rollen von Isoliermaterial liegen herum. Werkzeuge. Klapptische für die Bauarbeiter zum Hinsetzen fürs Znüni.

Die Aussicht vom Penthouse ist wirklich beeindruckend.

Die Aussicht vom Penthouse ist wirklich beeindruckend.

(Bild: woz)

Wobei es im 23. Stock nach deutlich mehr Arbeit und Dringlichkeit aussieht als im Penthouse – das mit seinen 340 Quadratmetern Wohnfläche eigentlich sehr klein wirkt für die vielen Millionen, die dieses luxuriöse Domizil kostet. Nur die Aussicht ist wirklich berauschend aus 80 Metern Höhe. Aber Herr Yuschtschenko wird sich das schon leisten können. Apropos. Wo ist bloss Herr Yuschtschenko? «Hallo, Herr Yuschtschenko, sind Sie vielleicht hier irgendwo?» Keine Antwort. Wieder kein Laut. Eine bedrückende Atmosphäre.

Auf dem Weg nach unten – dieses Mal durchs Treppenhaus – auch keine Spur von Herrn Yuschtschenko. Kurz in ein tieferes Stockwerk gelinst: Zwei Regenschirme und ein paar Schuhe stehen vor der Tür. Ein «Bitte-eintreten!»-Schild hängt an der Wand. Auch im Nobelhochhaus mögens manche Bewohner offensichtlich behaglich bürgerlich. Und wieder kein Hinweis auf den Verbleib von Herrn Yuschtschenko. Hoffentlich ist ihm nichts passiert.

Vom 23. Stock geniessen wohl derzeit vor allem die Bauarbeiter am Picknick-Tisch beim Znüni die faszinierende Aussicht im Parktower.

Vom 23. Stock geniessen wohl derzeit vor allem die Bauarbeiter am Picknick-Tisch beim Znüni die faszinierende Aussicht im Parktower.

(Bild: woz)

Endlich wieder draussen auf der Gubelstrasse angelangt, reift der Entschluss, einfach kurz bei der Einwohnerkontrolle der Stadt Zug anzurufen. Um zu fragen, ob Herrn Yuschtschenko auch wirklich im Parktower wohnt.

«Ich finde keinen Namen, der auf diese Adresse passt», gibt die städtische Mitarbeiterin höflich Auskunft. Auch das etwaige Geburtsdatum des ukrainischen Ex-Ministerpräsidents wird nicht bestätigt. Gibt es Herrn Yuschtschenko in Zug womöglich gar nicht? Und schon gar nicht im Parktower? Eigentlich schade.

23. und 24. Stock im Parktower sind endlich verkauft

Wie siehts denn eigentlich nun konkret im Zugs Skyscraper aus? Sind die nicht ganz günstigen Nobelapartments ganz oben endlich vermietet?  «Ja, die beiden Stockwerke sind verkauft», teilt Anna Miller von der Peikert Immobilien Projekte AG zentralplus mit. Wer die stolzen Besitzer sind, verrät sie nicht. «Dazu können wir leider keine Auskunft geben.» Und was ist mit dem umstrittenen öffentlichen Raum, den die Stadt Zug ja nach wie vor haben will? «Dazu müssen Sie sich mit den Vertretern der Stadt Zug in Verbindung zu setzen», so Miller.

Im Herbst wird Motion beantwortet

Doch die Stadt Zug gibt sich zu diesem Thema ebenfalls sehr wortkarg. «Es gibt momentan nicht Neues zu diesem Thema», sagt André Wicki, Stadtzuger Bauchef, auf Anfrage von zentralplus. «Und es ist ja vor geraumer Zeit diesbezüglich eine Motion eingereicht worden, die der Stadtrat im Herbst beantworten wird.»

Besagte Motion stammt vom August 2016. Verfasser war die FDP der Stadt Zug. Die Freisinnigen fordern darin die Rückgabe des Nutzungsrechts für den Gesellschaftsraum im Parktower sowie eine Änderung des Bebauungplans. Grund: Nach dem Spruch eines Schiedsgerichts sei die Verwendung des 88 Quadratmeter grossen Raums derart eingeschränkt in Sachen Nutzungsberechtigte und Lärmpegel, dass ein öffentlicher Gebrauch keinen Sinn mehr mache. Langfristig würden auch die Kosten für die Nutzung des Raums an der Stadt Zug hängenbleiben.

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