Bauer Hans Wey setzt auf seltene Geissen

Wieso in Horw Bündner Ziegen Luzerner Kastanien hüten

Hans Wey mit seinen Steinziegen (Bild: Chris Bucher)

Auf der Horwer Halbinsel bewirtschaftet Bauer Hans Wey einen Kastanienhain. Tatkräftige Unterstützung erhält er dabei von einer Herde seltener Steinziegen. Das Projekt ist ein Gemeinschaftswerk von Wey, der Stadt Luzern und des Vereins Pro Kastanie Zentralschweiz.

Hans Wey ist seit 2014 Pächter des Biohofs Hinterberg in Kastanienbaum. Bei seiner Übernahme fand er weite Teile des waldnahen Nutzungsgebiets von dornigem Gestrüpp überwuchert vor. Ein Problem, für das Wey zusammen mit zwei Freunden eine gewitzte Lösung gefunden hat: Die Capra Grigia. Oder vereinfacht gesagt: Steinziege.

Wertvolle Zusammenarbeit

20 Ziegen hält Hans Wey auf dem Gelände. Zehn davon sind noch Jungtiere. Wey hat sich aus mehreren Gründen für die Capra Grigia entschieden. Die Tiere gelten als äusserst robust und kräftig und sind dank ihren harten Hufen in steilem Gelände besonders trittsicher.

Zudem fressen sie mit Vorliebe Brombeersträucher und andere Gewächse, die den Waldboden zuwuchern – ideal für das Gebiet im und um den Dickiwald. Die Ziegen nehmen dem Pächter Wey eine ganze Menge mühselige Arbeit ab.

Ganz ohne Aufsicht geht es dann aber doch nicht: Ein Zaun steckt das zu pflegende Gebiet ab, weil die neugierigen Tiere nämlich gerne die Umgebung erkunden. Umliegende Bäume sind mit schützenden Gittern umdrahtet – zum Schutz der Ziegen und der Bäume gleichermassen. Die Rinde der ansässigen Eibe ist nämlich giftig.

Idealer Kastanienstandort

Das hangseitige Gebiet mit Seeblick gefällt nicht nur den Ziegen. Der Verein Pro Kastanie Zentralschweiz hat darin eine passende Stelle für eine Kastanienzucht gefunden.

Mit Erlaubnis der Stadt Luzern wurde im Frühjahr 2019 ein 0,7 Hektar grosses Gebiet gerodet und mit 30 Edelkastanien bepflanzt. Hans Wey hat sich dann dazu bereit erklärt, den frisch gerodeten und eingezäunten Hain mit seinen Ziegen zu bewirtschaften.

Mit den Geissen am Platz ergibt sich eine Win-win-Situation: Die für Gestrüpp anfällige Parzelle wird fleissig abgefressen und gibt den Kastanienbäumen den nötigen Platz zum Wachsen – und die Ziegen haben einen vollen Magen.

Sogar als Therapietiere geeignet

In ihrer Heimat, dem bündnerischen Calancatal, nennt man sie «Carva del sass». Bei uns kennt man sie unter dem Namen Capra Grigia oder ganz einfach Steinziege. Ihre graue Körperfärbung erinnert an den Granit, der im Calancatal abgebaut wird.

Die Capra Grigia ist eine der seltensten Ziegenrassen in der Schweiz und stand kurz vor dem Aussterben. Mittlerweile wird ihre Zucht von der Stiftung Pro Specie Rara gefördert. «Aktuell gibt es etwa 700 bis 800 Steinziegen in der Schweiz», schätzt Wey. Die Erhaltung der Steinziege sei ihm wichtig. Deswegen war ihm auch die Zusammenarbeit mit der Stiftung ein grosses Anliegen gewesen.

Die Steinziegen fühlen sich im Berghang wohl. (Bild: Chris Bucher) (Bild: Chris Bucher)

Die Capra Grigia gilt als Zweinutzungsziege, das heisst, man kann sowohl ihre Milch als auch ihr Fleisch nutzen. Bei Hans Wey sind sie aber hauptsächlich als vierbeinige Förster im Einsatz. Trotzdem räumt er ein: «Ein Freund von mir macht hin und wieder Käse aus der Geissenmilch.»

Ebenfalls hätte er auch schon zwei Tiere an die Psychiatrische Klinik in Bern verkauft. Die hochsensiblen Tiere würden sich nämlich auch gut für therapeutische Zwecke eignen.

Geduld ist gefragt

Bis man von einer ertragreichen Marroni-Ernte im Kastanienhain ausgehen kann, dauert es jedoch noch ein paar Jahre. Bauer Wey rechnet nicht vor 2026 mit dem ersten grossen Ertrag. Ihn stört das gar nicht. «Ich schätze die Langfristigkeit dieses Projektes.»

Gemäss Pro Kastanie Zentralschweiz sei das Projekt für die nächsten 30 Jahre vertraglich gesichert. Bis dahin haben die aufgeweckten Ziegen also noch jede Menge zu futtern.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Birgit Aeschbacher-Pec
    Birgit Aeschbacher-Pec, 20.11.2020, 18:32 Uhr

    Hier im Norden Österreichs beweide ich einen Berg mit großflächigem Trockenrasen mit 2 jungen Ziegen. Nachdem es für eine Herde nicht reicht und die Tiere sehr zutraulich sind, würde ich mich für die Ziegentherapie interessieren. Wie könnte ich da mehr erfahren ?
    P.s. Die beiden, Grittli und Vreni, sind das Highlight im Ort. Ich habe sie zu Beginn des Lockdowns genommen und mit der Flasche aufgezogen. Die Kinder werden als Zooersatz hingeführt und die Alten erzählen von früher…..

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  • Profilfoto von Heinz
    Heinz, 14.06.2020, 17:56 Uhr

    Interessanter Artikel
    Ich bin sowohl Ziegen- wie Kastanien-Fan!

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  • Profilfoto von Ursi kocht
    Ursi kocht, 14.06.2020, 17:11 Uhr

    Ich finde es super Kastanienbäume zu pflanzen. Waren doch Kastanien lange die Grundlage für das Mehl det Armen. Heute kann man daraus super Menüs zaubern. Danke für den Bericht!

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