Versteigerung des Baarer Weberhofes

Wenn sich ein Lebenswerk auflöst

Der Gantrufer versteigert Glocken auf dem Hof der Familie Andermatt

(Bild: Wolfgang Meyer)

Heute versteigerten die Andermatts vom Baarer Weberhof ihr Hofinventar. Treicheln, Traktoren und Tiere, alles brachte der Gantrufer Bruno Furrer an den Höchstbietenden. Der Aufmarsch der interessierten Käufer war gross. Neben Wehmut war aber auch viel Solidarität zu spüren.

Das Ehepaar Hans und Heidi Andermatt muss das Bauern altersbedingt aufgeben. Der Hof in Baar ist seit mehreren Generationen im Familienbesitz, doch keines der Kinder kann den Hof übernehmen.

Also wird alles verkauft. «Das Ziel ist, dass heute jeder mit etwas nach Hause geht», meint der Gantrufer Furrer bei seiner kleinen Vorrede zur ersten Etappe der Versteigerung.

Neben dem Haus der Andermatts steht er mit einigen Rechen, Treicheln und Zaunpfosten auf einer Ladebühne, informiert die Anwesenden über den Ablauf und gibt einige rechtliche Hinweise zur Gant.

«In meinen 45 Jahren als Gantrufer musste ich aber noch kaum auf diese Spitzfindigkeiten zurückgreifen», ergänzt er scherzhaft. Trotz der bedrückenden Hintergründe des Totalverkaufs lässt Furrer diesen Markttag nicht zum Trauerspiel werden. «So ist doch jeder Preis, den ihr hier zahlt, auch ein Dankeschön an die Familie Andermatt.»

Die Bauern aus der Umgebung kehren hier ein, um Traktoren und Vieh zu kaufen. Klar. Bei dem volksfestlichen Zusammenkommen schwingt aber auch Solidarität mit. Das Lebenswerk der Andermatts resorbiert in den Organismus der umliegenden Bauerngemeinschaft. Das Land verpachten sie an zwei Nachbarn.

«Eine echte Römer»

Die Einstiegsgeschäfte sind eher uninteressant. Ein Drilling Glocken wechselt für sechzig Franken den Besitzer. Ein alter Heurechen für zwei. «Sechzig! Sechzig haben wir hier! Sagt jemand fünfundsechzig? Fünfundsechzig?»

Furrer belegt die Käufer mit einem konstanten Strom Ermutigungen und Ermahnungen und legt dabei immer wieder gerne mal eine Prise sexistischer Scherze ein, die ihm sein Publikum keinesfalls übel nimmt.

Auch die Milchkühe der Andermatts wurden an der Versteigerung verkauft.

Auch die Milchkühe der Andermatts wurden an der Versteigerung verkauft.

(Bild: Wolfgang Meyer)

Nach der anfänglichen Heiterkeit über Furrers flotte Sprüche legt sich aber bald eine leichte Unruhe über die Menge. Diese kleinen Posten sind nicht der Grund, weshalb alle hier sind. Nur eine kleine Seltenheit erregt Aufsicht auf der Ladebühne. «Eine echte Römer!», versichert Furrer und zeigt auf die Treichel, die sein Helfer in die Höhe hält. «Und wer sich damit auskennt, weis, was so eine wert ist.» Und tatsächlich, das gute Stück kommt für 470 Franken unter den Hammer.

Angespannte Geschäftigkeit

Wofür man sich aber wirklich interessiert, das sind die Maschinen, die später versteigert werden. Die beiden Hürlimanntraktoren aus den 80er-Jahren, der Kreiselheuer, der Jauchewerfer und der ganze restliche Maschinenpark, die auf dem Weberhof in den letzten Jahren zum Einsatz gekommen sind.

Was in ihm heute vor sich geht, wenn er sieht, wie sein ganzer Besitz verkauft wird, dazu will sich Hans Andermatt an der Versteigerung gegenüber zentralplus nicht äussern. Irgendwie verständlich.

Auch diese Hürlimanntraktoren kamen unter den Hammer.

Auch diese Hürlimanntraktoren kamen unter den Hammer.

(Bild: Wolfgang Meyer)

Während die kleinen Posten von der Ladebühne den Besitzer wechseln, berät er sich mit verschiedenen Interessenten angeregt über sein Vieh. Die Gesundheit der Tiere, ärztliche Atteste und Leistungsgeschichten werden studiert.

Am Nachmittag widmet man sich dem wichtigsten Teil der Gant. Der Versteigerung der 20 Milchkühe, die noch in Andermatts Stall stehen. Doch zuvor kommen die Geräte an die Reihe. Und dann das Mittagessen in der Festbeiz. Die sonderbare Mischung aus Volksfest, Geschäft und Solidarität hält also noch etwas an.

Kein Einzelfall

Im Kanton Zug lösen sich pro Jahr rund zehn Höfe auf. Sei dies aufgrund des Strukturwandels, also weil kleinere Höfe zusehends von grösseren, effizienteren Betrieben verdrängt werden, oder weil wie in Andermatts Fall die nächste Generation den Hof nicht übernehmen will oder kann.

Eine Versteigerung ist dabei aber eher die Ausnahme: Die meisten dieser Höfe versteigern ihre Habe übers Internet. «Das Problem dabei ist, dass man dabei über ein Jahr mit dem Verkauf der Hofgüter beschäftigt ist», erklärt Martin Pfister, Rektor des Landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentrums LBBZ Cham, gegenüber der Zugerzeitung. Im Vergleich dazu sei die Versteigerung eher ein «Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende».

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