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Die hohen Wassertemperaturen haben im Kanton Luzern mehrfach zu Notabfischungen geführt. Der Kanton Zug ist davon bisher verschont geblieben. Das liegt an den Vorteilen des Flachlands.
Die hohen Temperaturen haben die Gewässer in der Zentralschweiz seit Mai überdurchschnittlich stark erwärmt. Das hat in verschiedenen Regionen im Kanton Luzern dazu geführt, dass wärmeempfindliche Fische abgefischt und umgesiedelt worden sind (zentralplus berichtete). Im Kanton Zug war das bis anhin nicht notwendig. Wieso eigentlich?
Der Kanton Zug kennt Notabfischungen aus dem Rekord-Hitzejahr 2018. Und obwohl das Jahr 2022 den Sommer 2018 bald überholt haben wird, hat der Kanton Zug noch nicht in die Gewässer eingegriffen.
«Jeder Hitzesommer ist anders», sagt Roman Keller, Abteilungsleiter Jagd und Fischerei beim Kanton Zug, auf Anfrage. Denn bei der Gesundheit der Gewässer und der Fische kämen eine Menge verschiedener Einflussfaktoren zusammen. Und diesen Sommer hatten die Fische bisher mehr Glück als noch 2018.
Die Hitze vermindert den Sauerstoff
Der bekannteste Einfluss auf die Gesundheit der Fische ist der Zusammenhang von Wassertemperatur und Sauerstoffgehalt. Je wärmer Wasser ist, desto weniger Sauerstoff kann es enthalten. Für Kälte-bedürftige Fische, die auf viel Sauerstoff angewiesen sind, ist deswegen eine Wassertemperatur ab 25 Grad über längere Zeit tödlich. Doch bereits ab 20 Grad wird es für solche Fische stressig; ab 22 Grad leiden sie zunehmend unter Sauerstoffmangel.
«Bei solchen Wassertemperaturen braucht es nur wenig, bis der Stress zu gross ist.»
Roman Keller, Abteilungsleiter Jagd und Fischerei, Kanton Zug
Deswegen ist es im Kanton Luzern im Juni und Juli bereits zu Notabfischungen im Gebiet Napf, Entlebuch und der Agglomeration Luzern gekommen (zentralplus berichtete). Viele Fische im Kanton Zug haben im Moment noch eine Temperatur-Reserve. «Die Forellen, die es auch gern kalt haben, überleben auch Temperaturen von bis zu 27 Grad», erklärt Roman Keller.
Auch Fischen kann Stress irgendwann zu viel sein
Allerdings bedeute das für die Fische einen grossen Stress. «Bei solchen Wassertemperaturen braucht es nur wenig, bis der Stress zu gross ist. Wenn dann der Wasserstand tief ist oder Leute im Wasser baden, kann das für die Fische zu viel sein», erklärt Keller.
«Bei kleinen Gewässern, in denen die Fische Unterschlupf finden, es keine Störung gibt und auch Frischwasser nachkommt, ist die Situation nicht so kritisch.»
Dabei sei auch wichtig, wie stabil eine Wetterlage sei. Wenn die Fische über Monate zu heiss hätten und zusätzlich kaum kühles Frischwasser hinzukomme, sei das eine ganz andere Situation als wenn es nur kurzfristige Temperaturanstiege gebe. Der Fischereiverband Kanton Luzern fordert deswegen Badende auf, die Fische in kühleren Bereichen der Gewässer nicht durch Baden zusätzlich zu stressen, sondern ihnen aus dem Weg zu gehen (zentralplus berichtete).
«Bei kleinen Gewässern, in denen die Fische Unterschlupf finden, es keine Störung gibt und auch Frischwasser nachkommt, ist die Situation nicht so kritisch», sagt Roman Keller. Denn die Temperatur allein sei nicht das Ausschlaggebende. Es hänge auch davon ab, ob das Gewässer durch einfliessendes Frischwasser noch einen Fluss habe. Oder ob es sich nur noch um einen Tümpel handle.
Gewässer in Bergregionen spüren die Hitze schneller
Doch einer der vermutlich relevantesten Unterschiede zwischen den Kantonen ist die Herkunft des Frischwassers. Denn die Zuger Gewässer werden allein aus Quell- oder Grundwasser gespiesen. Es hat also in den Flüssen oder Seen an einer Stelle einen Zufluss oder es kommt von der Quelle immer wieder frisches Wasser nach.
Und das ist ein grosser Vorteil im Vergleich zum Schmelzwasser. «Wir haben sehr viele quell- und grundwassergespiesene Bäche. Es ist gut möglich, dass wir die Auswirkungen der Hitze weniger spüren, da wir im Kanton Zug kein Schmelzwasser haben», sagt Keller.
«Wir haben im Hitzejahr 2018 viele Erfahrungen gemacht, welche Bäche empfindlicher sind als andere. Das können wir auch diesen Sommer nutzen.»
Denn in den Bergregionen werden Gewässer nämlich zu einem wesentlichen Teil durch den Zufluss von Schmelzwasser gespiesen und gekühlt. Gewöhnlich reicht das Wasser aus geschmolzenem Schnee aus, um die Gewässer durch den Sommer zu bringen. Doch dieses Jahr war die sogenannte Wasserschmelze in gewissen Regionen bereits frühzeitig abgeschlossen. Und deswegen fehlt in den Luzerner Gewässern dieser Zufluss.
Der Sommer 2018 hat viel ausgelöst
Die vielen Einflussfaktoren belasten derzeit also die Fische im Kanton Zug weniger. Die Abteilung Jagd und Fischerei beobachte die Lage aber genau. «Wir haben im Hitzejahr 2018 viele Erfahrungen gemacht, welche Bäche empfindlicher sind als andere. Das können wir auch diesen Sommer nutzen», erklärt Roman Keller.
«Wir kennen die empfindlichen Bäche, die wir regelmässig kontrollieren. Zum Beispiel in der Region Baar oder im Berg oben», führt er aus. Die Bäche, die 2018 als erste trocken waren und die man abfischen musste, stehen zuoberst auf der Prioritätenliste des Amts für Jagd und Fischerei.
Hinweis: In einer ersten Version haben wir vom Hitzesommer 2008 (nicht 2018) geschrieben und auch Peter Keller und nicht Roman Keller zitiert. Dies wurde korrigiert. Wir bitten um Entschuldigung.
- Gespräch mit Roman Keller, Abteilungsleiter Jagd und Fischerei, Kanton Zug
- Medienmitteilung des Fischereiverbands Kanton Luzern