Mitwirkungsverfahren in der Stadt Zug

Stadt und Bevölkerung wollen mehr Grün: Aber ist das überhaupt möglich?

Mehr Grün und weniger Autos: das wünschen sich viele Zuger. (Bild: bic)

Die Stadt Zug soll mehr Grünflächen erhalten. In diesem Punkt sind sich die Stadt und ihre Bewohner einig. Dennoch ist eine verfrühte Euphorie unangebracht. Denn ob konkrete Projekte auch wirklich umgesetzt werden können, ist alles andere als klar. Der Postplatz lässt grüssen.

Wie soll sich die Stadt Zug weiterentwickeln? Wie soll künftig der Verkehr abgewickelt werden und inwiefern soll es neue Grünflächen und Aufenthaltsorte geben? Zu diesen Fragen konnten sich die Stadtzuger im Rahmen der Revision der Ortspanung äussern. Der Bericht zu den Ergebnissen wurde vergangene Woche publiziert.

Ein klares Verdikt gab es beim Verkehr. Die Bewohnerinnen wollen bessere Bedingungen für das Velo – und zwar auf Kosten der Autofahrer (zentralplus berichtete).

Doch wie sieht es bei den Grünflächen und Begegungszonen aus? In einer Stadt, die bis 2040 einen Zuwachs von 15'000 Menschen sowie 9000 Arbeitsplätzen anstrebt, eine zentrale Frage.

Die Stadt beabsichtigt, mehr Grünflächen zu schaffen

Entsprechend hat die Stadt die Stossrichtung für die kommenden Jahre definiert. «Wir wollen eine stärkere Begrünung des öffentlichen Raums und einen Ausbau der Begegnungsmöglichkeiten aktiv fördern. Zusätzliche Freiräume sollen insbesondere in den Verdichtungsgebieten entstehen. Im Stadtzentrum stehen die Abmilderung der klimatischen Auswirkungen und die Erhöhung der Aufenthaltsqualität im Vordergrund», heisst es dazu im Bericht zum Mitwirkungsverfahren.

«Wenn man zu Fuss ins Grüne kann, hilft dies vielleicht auch mit, den Freizeitverkehr zu reduzieren.»

Ein Teilnehmer des Mitwirkungsverfahrens

Laut dem Dokument ist diese Stossrichtung bei den Zugern im Kern unumstritten. «Die Reaktionen sind nicht nur positiv, sie implizieren auch hohes Engagement, selbst an einer grüneren Stadt Zug mitwirken zu wollen», so der Bericht. Die Gründe für die Forderung nach mehr Grünflächen sind vielfältig.

So würden sie unter anderem mit Lebensqualität assoziiert und sich mit dem Trend zu mehr Naturnähe decken. Ausserdem werden sie von den Zugerinnen als Orte zum Joggen, Velofahren oder spazieren betrachtet. Aber auch die Biodiversität ist laut der Studie für viele wichtig.

Setzt es die Stadt auch wirklich um?

Während die Stossrichtung also begrüsst wird, wurden auch Zweifel dahingehend geäussert, ob die Stadt ihre Grünstrategie auch wirklich vorantreibt. «Wenn ich […] mir dann überlege, was vor der alten Post und auf dem EPA-Platz gemacht wurde, stellt sich mir schon die Frage, ob diese Dinge auch wirklich umgesetzt werden», wird ein Teilnehmer des Mitwirkungsverfahrens zitiert.

Die Umgestaltung des Postplatzes zu einer verkehrsberuhigten Zone ist in Zug seit Jahren ein Politikum. Aber auch der Bundesplatz und die Achse Bahnhofstrasse-Baarerstrasse seien Zeugen der städtischen «Asphalt- und Beton-Politik», so der Tenor. Die Stadt müsse mehr Mut aufbringen, Böden zu entsiegeln und Kies- statt Asphaltflächen zu realisieren. Auch mehr Bäume sind erwünscht.

Erwünscht: Nichts weniger als ein Stadtpark

«Ein Baum ersetzt drei Klimaanlagen! Bäume dämpfen die Aufheizung der Plätze und Strassen im Sommer. Und wenn man zu Fuss ins Grüne kann, hilft dies vielleicht auch mit, den Freizeitverkehr zu reduzieren», schreibt ein Teilnehmer dazu. Ein anderer fordert sogar einen Stadtpark, damit es neben dem See noch einen weiteren Ort zum Spazieren gibt.

«Die Nutzung ist die Lösung. Es ist absurd, wie krampfhaft versucht wird, mehr Freiflächen zu schaffen.»

Ein Teilnehmer des Mitwirkungsverfahrens

Ein weiterer Teilnehmer hielt jedoch dagegen. Es gebe in der Stadt Zug heute nämlich genug Ruheflächen, so seine Meinung. Und zwar in jedem Quartier. «Die Nutzung ist die Lösung. Es ist absurd, wie krampfhaft versucht wird, mehr Freiflächen zu schaffen.» Dennoch hält der Bericht im Fazit fest: «Die Begrünung der Stadt wird nicht mehr nur als punktuelle Massnahme zur Verschönerung von Innenstadt wie Quartieren gesehen, sondern als eine konsequente Transformation in eine grüne Stadt Zug.»

Erste Umsetzungen Ende 2021

Bei der Stadt nimmt man mit Genugtuung zur Kenntnis, dass sich die Strategie «Stadt mit vielfältigen Grünräumen» mit den Vorstellungen der Einwohner deckt. «Was die Grünflächen betrifft, haben wir einen je nach Quartier differenzierten Nachholbedarf. Wir sind jetzt gefordert, die Erwartungen der Bevölkerung zu erfüllen», sagt Harald Klein, Leiter der Abteilung Stadtplanung auf Anfrage. 

Anfang März 2021 wolle man den Entwurf des Konzepts Mobilität und Freiraum mit der Bevölkerung diskutieren und nach der Verabschiedung der räumlichen Gesamtstrategie Ende 2021 erste Projekte zur Umgestaltung von Strassen, Plätzen und Freiräumen an die Hand nehmen. «Wir wollen aber keinesfalls Pflästerlipolitik betreiben», betont Klein.

Die Stadt warnt vor verfrühter Euphorie

Mitentscheidend für die Schaffung von Grünräumen oder städtischen Aufenthaltsflächen im Zentrum der Stadt Zug wird es sein, dass man die Verkehrsführung anpasst. Klein denkt dabei unter anderem an eine neue Führung des motorisierten Individualverkehrs im Zentrum. So prüft das Baudepartement die Aufhebung des Einbahnrings Bahnhofstrasse-Vorstadt und die Vereinfachung der Verkehrsbeziehungen. In den Aussenquartieren der Stadt steht weniger die Umgestaltung der Aussenräume sondern die Schaffung zusätzlicher Frei- und Grünräume im Vordergrund der Arbeiten. 

Gleichzeitig warnt Klein jedoch vor zu früher Euphorie. «Die Erfahrung zeigt, dass es oft dann Widerstand und heftige Diskussionen gibt, wenn die konkreten Projekte zur Umsetzung vorliegen und man deren Auswirkungen, zum Beispiel auf den Verkehr oder die Lärmimmissionen durch Freizeitaktivitäten, realisiert.» Der Postplatz sei ein Beispiel dafür, dass die einen eine Begrünung gut finden, die anderen aber nicht. 

Harald Klein, Chef der Zuger Stadtplanung.
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