Dutzende von Menschen haben im ersten Monat der Aktion «Achtung Barriere!» auf einer Onlinekarte eingetragen, wo ihnen das Leben in Luzern erschwert wird.
Dabei geht es um sichtbare Barrieren wie Treppen und unsichtbare Barrieren wie fehlende Blindenschrift oder Lärm. zentralplus hat die ersten 80 Ergebnisse ausgewertet. Dabei zeigt sich: Besonders vier Themen machen den Teilnehmerinnen zu schaffen. Gefährliche Situationen für Fussgänger, zu kurze Grünphasen an Ampeln, fehlende Rampen und Orte, die sich nicht sicher anfühlen.
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Gemäss der Analyse haben an der Umfrage in absteigender Reihenfolge teilgenommen: Menschen mit Gehbeeinträchtigung; Menschen, die auf den ÖV angewiesen sind; Menschen, die mit kleinen Kindern unterwegs sind, und Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen.
Schon beim ersten Pop-up auf dem Löwenplatz hatten besonders diese Personengruppen ihre Barrieren den Journalisten und Forscherinnen mitgeteilt (zentralplus berichtete). Zum Beispiel folgendes beschäftigt die Leserschaft von zentralplus gemäss den Einträgen auf der Onlinekarte.
Unsichere Parks und Unterführungen, kurze Grünphasen, keine Bänkli
«Seit vielen Jahren gibt es für den Durchgang von der Morgartenstrasse zur Sempacherstrasse im Vögeligärtli eine schlechte Beleuchtung. Es ist dunkel und angstauslösend», schreibt jemand. Der oder die Teilnehmerin wünscht sich mehr Licht für den «wichtigen Durchgangsweg».
«Ältere Menschen, Kinder, Schwangere schaffen es kaum während einer Grünphase rechtzeitig über die Vallasterstrasse am Schlossberg. Da man so lange warten muss, fehlt vielen Kindern die Geduld, und sie gehen bei Rot über die Strasse», beobachtet jemand, was neben dem Schulhaus Maihof passiert.
Weiter sorgen Unterführungen für Kopfzerbrechen, zum Beispiel die Unterführung bei der Kirche St. Maria in Emmen oder jene am Kasernenplatz unter dem Hirschengraben. Beide Orte halten Fussgänger für unsicher – und meiden die eigentlich gut gelegenen Verkehrswege. Ebenfalls gemieden wird die Altstadt, weil es kaum Sitzgelegenheiten gibt.
Hat sich die Stadt in der Neustadtstrasse verbaut?
«Überall, wo die Wege nur mit Kopfsteinpflaster gepflastert sind, ist für einen Rollstuhlfahrer fast kein Durchkommen. Das Vorderrad des Rollstuhls bleibt zwischen den Kopfsteinen hängen, im schlimmsten Fall fliegt der Rollstuhlfahrer vorwärts aus dem Rollstuhl», schreibt jemand anderes.
Ähnliches berichtet ein Teilnehmer aus der Neustadtstrasse: «Der gerade neu gebaute Trottoiraufgang ist mehrstufig. Dies ist für mich als Rollstuhlfahrer beschwerlich, da ich so nicht direkt aufs Trottoir fahren kann. Es ist auch gefährlich, ich könnte rückwärtskippen», schreibt der Mann.
Bemerkenswert: Diese Strasse wurde gerade erst umgebaut. Eine weitere Person hält den neu gebauten Randstein an der Neustadtstrasse für nicht hindernisfrei. Ob sich die Stadt bei der Planung dort vertan hat? Dies dürfte nun herauszufinden sein.
Bald gibt es Aktionstage zu unsichtbaren Barrieren
So viel für jetzt – dies ist schliesslich eine Zwischenauswertung. Die Datensammlung geht weiter. Luzernerinnen können auf dieser Karte weiterhin eintragen, wo ihnen die Stadt Steine in den Weg legt. Je mehr Einträge, desto detaillierter lässt sich am Ende ein Bild der Stadt zeichnen.
Denn: Es gibt Nachholbedarf. Nur an 120 der 1000 Bushaltekanten an Luzerns Kantonsstrassen kann man stufenlos einsteigen, schätzt das Behindertenforum Zentralschweiz. Obwohl die ÖV-Infrastruktur in der Schweiz schon seit über einem Jahr barrierefrei sein sollte (zentralplus berichtete). Über unsichtbare Barrieren wie Lärm, Licht oder fehlende Blindenführung ist noch deutlich weniger bekannt.
Die Aktion des gemeinnützigen Medienhauses Correctiv, der Hochschule Luzern und zentralplus geht daher auch öffentlich in die nächste Runde. Ende Januar und im Februar sind mehrere Aktionstage in der Stadt Luzern geplant. Ihr Ziel: herausfinden, welche unsichtbaren Barrieren Luzernerinnen das Leben erschweren.
hat Politikwissenschaften, Philosophie und Wirtschaft studiert und an der Universität Luzern zur Mobilität von Gesetzen geforscht. Seit 2022 bei zentralplus, zuständig für die Ressorts Bauen&Wohnen und Verkehr&Mobilität. Parallel absolviert er die «Diplomausbildung Journalismus» am MAZ Luzern.