Endlich ist es warm genug

Schlafzimmer in freier Natur – diese Regeln gelten

Draussen zu schlafen ist ein besonderes Erlebnis. (Bild: Adobe Stock)

Dieses Wochenende bleibt es in Luzern und Zug auch in der Nacht warm. Laue 18 bis 19 Grad werden erwartet. Zeit um etwas Neues auszuprobieren? Draussen zu schlafen ist nämlich ein Trend – und ein besonderes Erlebnis. Worauf ist zu achten? Eine Anleitung.

Vorab: Wir reden hier nicht vom Zelten. Sondern wirklich vom Schlafen draussen, in freier Natur. Nur Mätteli, Schlafsack, Blache, du und die Natur. Du spürst die Abendbrise am Scheitel. Du nimmst die Vogelkonzerte vor dem Eindunkeln und vor dem Aufhellen wahr. Du hörst das Rascheln des Igels in der Nacht, schreckst auf, wenn ein Fuchs vorbeistreift. Riechst das Harz der Bäume statt die Imprägnierung eines Nylon-Zeltes. Siehst die Sterne. Merkst, dass es morgens um vier kälter ist als um Mitternacht. Und du bist am Morgen vielleicht nicht ganz ausgeschlafen, sagst aber trotzdem: «Wow, das mach ich wieder einmal!»

Und ja: Man darf. Denn wer nur in einem Schlafsack unter einer Blache schläft, gilt nicht als Camperin oder Camper, sondern als jemand, der – wie es Markus Kellenberger in seinem Buch «Draussen schlafen» ausdrückt – eben einfach nur draussen schläft. Dies ist in keinem europäischen Land gesetzlich geregelt. Höch-stens lokal – etwa in Naturparks – können diesbezüglich Vorschriften und Sperrzonen bestehen. Wer diese beachtet und mit Anstand unterwegs ist, kann mit Toleranz rechnen. Vor allem dann, wenn man sich beim nahen Bauernhof vorstellt und den Grundstückbesitzer kurz anfragt, wenn kein Lärm verursacht wird und, ganz wichtig: wenn man keine Spuren hinterlässt.

Weit braucht man nicht zu gehen. Für eine erste Erfahrung reicht der eigene Garten als Versuchsfeld. Oder der nächste Wald – wenn möglich jedoch an einem Ort, wo einen keine morgendlichen Hundespaziergänger aufwecken und die Bäume stabil genug sind, um auch eventuelle Sturmböen abzufangen. Wer die Nähe eines Gewässers suchst, wählt einen Platz, wo sich die Mücken nicht gleich schwarmweise tummeln.

Tiere nicht ködern oder stressen

Ansonsten sind die Gefahren in den Schweizer Wäldern überblickbar. Die Waldtiere wollen in der Regel ihren Frieden, ausser man ködert sie mutwillig mit Küchenabfällen oder platziert den Schlafplatz mitten auf einer ihrer Hauptverkehrsrouten.

Nur eine Blache, ein Mätteli und ein Schlafsack: Fertig ist das Schlafzimmer. (Bild: David Coulin)

Was jedoch nach jedem Waldbesuch zum Standard gehört, ist ein nachträglicher Zeckencheck. Und beim Übernachten in der Nähe eines Flusslaufs ist zu beachten, dass nicht von einem nahen Flusskraftwerk plötzliche Überschwemmungsgefahr droht. Flusswasser sollte stets abgekocht werden.

Wer in den Bergen unterwegs ist, sollte bestossene Alpen meiden. Ein Geheimtipp ist also, die schönsten Bergseen vor oder nach der Alpzeit zu erkunden, wenn die Kühe und Sennenhunde nicht da sind. So ungefährlich sind diese nämlich nicht. Vorsicht auch beim Einrichten eines Schlafplatzes unterhalb eines Felsens: Kurz abchecken, ob einem da nicht der Himmel auf den Kopf fallen kann.

Nützliches Zwiebelschalenprinzip

Eine kleine Gartenschaufel ist patent, um einen schönen Schlafplatz auszuebnen. Dann gibt es 1001 Möglichkeiten, es sich bequem zu machen. Wichtig ist ein gutes Mätteli. Viele nehmen beides mit: Eine Isoliermatte und eine kleine Luftmatratze.

Kernstück ist aber der Schlafsack. Es gibt Hochleistungsmodelle in winzigen Packmassen. Wer sich nicht in hohe Unkosten stürzen möchte, kann sich einen Thermolite-Hüttenschlafsack anschaffen. Mit diesem sorgt man für Hygiene und kann erst noch die Wärmeleistung des Schlafsacks um einige Grade heraufsetzen. Eine zusätzliche Trekking-Daunendecke hilft, die Hohlräume im Schlafsack zu stopfen – womit nochmals ein paar Grade hinzugewonnen und ein kuscheliges Gadget für kühle Abende erstanden wäre. Alles in allem sollte die Wärmeleistung des Schlafsacks bis minus 10 Grad reichen – umso besser, wenn sich die Temperatur mit der Daunendecke oder dem Innenschlafsack regulieren lässt.

Von Vollkasko bis Freestyle

Auf diese Weise braucht es – bei trockenem Wetter – eigentlich kein Dach. Und doch ist es wichtig, den Schlafsack schützen zu können. Denn Morgentau kann einen Schlafsack so durchnässen wie ein Regenguss. Eine Decke oder Aussenhülle sollte atmungsaktiv sein, sonst bildet sich Kondenswasser. Wer eine Blache über den Schlafsack spannt, hat dieses Problem gelöst und schafft zusätzlich etwas Wetterschutz und Intimsphäre. Outdoor-Freaks kaufen sich ein Tarp – eine superleichte Plane aus Kunstfasern.

Wie man die Blache oder das Tarp über den Schlafsack spannt, sagt vieles über die eigene Befindlichkeit aus. Eher unsichere Draussenschläferinnen oder Draussenschläfer bevorzugen eine Vollkaskolösung, indem sie das Tarp wie ein Zelt abspannen und nur auf einer Seite offen lassen. Andere überspannen ihr «Schlafzimmer» in rund zwei Metern Höhe – was den Luxus schafft, unter dem Shelter aufrecht stehen zu können. Oder sie überspannen damit eine Outdoor-Hängematte mit integriertem Moskitonetz, was natürlich das Schlaferlebnis nochmals hebt. Wichtig sind auf jeden Fall genügend Schnüre, genügend Zeit und etwas Kreativität. Und vielleicht zwei Wanderstöcke, die man bei einem Biwak auf offenem Feld als Stützen einsetzen kann.

Mitten in der Natur lockt ein besonderes Erwachen. (Bild: David Coulin)

Es geht auch ohne Feuer

Nun sollte einem ungetrübten Draussenschlaferlebnis nichts mehr im Wege stehen – nur ein heikles Thema muss noch angesprochen werden: das Feuermachen. Wenn auch das Draussenschlafen meist nicht verboten ist – das Feuermachen ist es oft. So kennen alle unsere Nachbarländer ein generelles Feuerverbot im Freien. In der Schweiz ist es den Gemeinden überlassen, ein Feuerverbot auszusprechen. Bei Waldbrandgefahr gelten die regionalen Bestimmungen. Am besten hält man sich an offizielle Feuerstellen. Und im Zweifelsfall geht es auch ohne Feuer. Für Wärme sorgt dann der Schlafsack, für Helligkeit der Mond.

Text: David Coulin

Literaturtipp: Markus Kellenberger, «Draussen schlafen», AT-Verlag 2017

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