Spezielles Kunstverständnis bei Zug Sports

Reklame an einem Kunstobjekt: Darf man das?

Der Würfel des Anstosses: Werbewirksam, aber unter Verletzung des Urheberrechts.

Das Zug Sports Festival hat ein Kunstwerk im öffentlichen Raum als Werbesäule benutzt. Für die Veranstalter eine Win-win-Situation, für Kunstexperten ein No-Go, das auch rechtlich heikel ist.

Vom 2. bis am 22. August ging das Zug Sport Festival dieses Jahr nicht «open air» am See, sondern situationsbedingt im Metalli-Einkaufszentrum über die Bühne. Die zahlreichen Aktivitäten und Events zeigten die Vielfalt des Zuger Sports, animierten zum Mitmachen, Ausprobieren oder Zuschauen und boten neben dem Einkauf eine willkommene Unterhaltung. Grundsätzlich eine freudige Angelegenheit also. Eine Werbemassnahme der Veranstaltung löste in der Kulturszene jedoch Kopfschütteln aus und gab zu Diskussionen Anlass.

Die Veranstalter beklebten nämlich das Kunstwerk auf dem Vorplatz der UBS-Filiale mit Werbung. Dabei handelt es sich um einen Teil der Skulptur des amerikanischen Künstlers Matt Mullican aus dem Jahre 1996, «Signpost for Ideas». Deren farbigen Teile erinnern ein wenig an aufgestapelte, überdimensionierte Bauklötze. Auf einem der Würfel prangten während des Festivals prominent Logos der UBS sowie von Sponsoren. Darunter der Rohstoffriese Glencore.

Umstrittene Beschriftung

«Das geht gar nicht», kommentierte der Direktor des Zuger Kunsthauses, Matthias Haldemann, diese Umnutzung eines Kunstwerks und intervenierte sogleich bei der Eigentümerschaft. Lockerer sehen das hingegen die Verantwortlichen von Zug Sports. Sie berufen sich auf einen Kunstsachexperten von Sothebys. Dieser soll gesagt haben, ein Kunstwerk sei so lange nichts wert, wie es niemand anschaue oder darüber spreche.

«Das hat uns darauf gebracht, dass wir das Werk auf verspielte Art ins Festival einbauen können», sagt Daniel Schärer, Geschäftsleiter der Zug Sports GmbH. Die Werbung auf dem Kunstobjekt ist für ihn eine Win-win-Situation. «Wir werden wahrgenommen und das Werk auch», meint der Eventveranstalter. «Es ist schon so lange dort, dass etwas Aufmerksamkeit vielleicht spannend wär.»

Von der Stadt offiziell bewilligt

Die Werbung war von der Stadt Zug bewilligt, wie das Bauamt auf Anfrage bestätigt. Die Zug Estates Holding AG sei darauf aufmerksam gemacht worden, dass für die nach aussen gerichteten Werbemassnahmen eine Reklamebewilligung eingeholt werden müsse. «Grundsätzlich sind Reklamen bewilligungsfähig, wenn die Bestimmungen des Reklamereglements und Bestimmungen betreffend Verkehrssicherheit eingehalten sind», schreibt die Bewilligungbehörde. Allerdings gehört das Kunstwerk gar nicht der Zug Estates. Die UBS als eigentliche Eigentümerin war laut Medienstelle nicht über die Details der Werbeaktion informiert.

Nicht eingeholt wurde die Einwilligung des Künstlers – und damit wurden dessen Rechte verletzt. «Das Vorgehen der Verantwortlichen war so nicht in Ordnung», sagt Max Ehrengruber von der Galerie Mai36, welche Matt Mullican in der Schweiz vertritt. «Nach Artikel 11 des Urheberrechtsgesetzes, besteht dann eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts, wenn das Werk eines Künstlers oder einer Künstlerin in einen dem Urheber nicht bekannten Zusammenhang gebracht werden würde.» Die Priorität der Galerie war es allerdings zunächst, dass das Werk wieder in den Zustand zurückgeführt wird, für den es vom Künstler auch konzipiert wurde. Dies ist inzwischen geschehen. Grundsätzlich müssen Kunstschaffende solche Aktionen nicht einfach hinnehmen und könnten sich juristisch wehren.

Für die Thematik sensibilisiert

Kunstwerke im öffentlichen Raum stellen für die Stadt Zug einen wichtigen Bestandteil des kulturellen Lebens dar und polieren damit ihr Image auf, wie die städtischen Publikationen zeigen. Für die Rechte der Kunstschaffenden mag man sich hingegen offenbar nicht einsetzen. Die Leiterin der städtischen Stelle für Kultur nahm die Umnutzung des Kunstwerks kommentarlos zur Kenntnis.

Die verantwortlichen Personen hätten anscheinend schlicht unbedacht gehandelt, glaubt Max Ehrengruber. «Inzwischen konnten wir mit den beteiligten Personen sprechen und haben sie für die Thematik sensibilisiert.» Bei früheren Projekten hat Zug Sports durchaus Kunstverständnis bewiesen. So wurde etwa der Waldparcours in Oberwil als nachhaltigstes Sportprojekt 2020 ausgezeichnet. «Nicht zuletzt, weil wir eben dort auch Kunstwerke eingebaut haben, die für Aktivitäten genutzt werden», sagt Daniel Schärer. «Es ist also nicht so, dass die Integration von Kunst für uns Neuland ist.»

Ist mittlerweile wieder im Originalzustand: die Mullican-Skulptur beim Metalli.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Roli Greter
    Roli Greter, 30.08.2021, 20:44 Uhr

    Ich denke mit einem Zertifikat darf man das bestimmt.

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  • Profilfoto von Alois Iten
    Alois Iten, 30.08.2021, 11:34 Uhr

    Erfolgreiche Agenturen und Veranstalter gehen häufig an die Grenzen des Erlaubten und ritzen diese auch mal wieder. Kann man gut finden oder nicht. Aber Zug Sports ist erfolgreich, zumindest wenn man die Höhe der Subventionen und Beiträge der Stadt als Massstab nimmt.

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