:focal(1043x731:1044x732)/www.zentralplus.ch/wp-content/uploads/2021/07/Suidtersche-Apotheke-3.png)
Die Suidtersche Apotheke in der Stadt Luzern hat neue Eigentümer. Und die entstammen einer international bekannten Unternehmerfamilie mit einer Geschichte, die ähnlich bewegt ist wie diejenige des Gebäudes.
In der Stadt Luzern ist es eines der markantesten Gebäude in neue Hände gegangen, wie einem Eintrag im Luzerner Kantonsblatt zu entnehmen ist. Der Wechsel mag auf den ersten Blick wenig aufregend sein. Allerdings handelt es sich bei dieser Adresse um kein gewöhnliches Wohnhaus, sondern um die historische Suidtersche Apotheke in der Luzerner Kleinstadt.
Interessant sind auch die neuen Miteigentümer, die das Haus von der bisherigen Eigentümerin Irene Wandeler-Matter übernommen haben. Denn es handelt sich um Michael Alexander Palmers und die Luzerner Immobilienfirma Ganesh AG, der gemäss dem Handelsregister Hans Vanja Palmers und Simone Palmers als Verwaltungsräte vorsitzen. Sie alle entstammen der Unternehmerfamilie Palmers, die in Österreich einst das grösste Textilunternehmen Palmers führte und auch in der Schweiz im Textilbereich tätig war: Die Familie gründete 1941 die Strickwarenfabrik Sursee, aus der später der Wäschehersteller Calida wurde.
Schmuck und Tierliebe
Michael Alexander Palmers, Neffe des einstigen Firmenpatrons Walter Michael Palmers, war lange Jahre unternehmerisch unterwegs, zuletzt gemäss dem Branchenportal North Data im Aufsichtsrat der P Beteiligungs GmbH mit Sitz in Wien.
Der andere Neffe, Hans Vanja Palmers, schlug früh andere Wege als die des Textilunternehmers ein. Er lebte zehn Jahre in einem Kloster in den USA, ist Zenpriester und «Stifter auf Lebzeiten» bei der Zenstiftung Felsentor auf der Rigi (zentralplus berichtete). Wie er sein Leben zwischen Hippie und Millionenerbe meisterte, erzählte Palmers 2014 in einem Interview mit zentralplus.
Noch einen anderen Weg wählte Simone Palmers. Sie betreibt ein Schmuckgeschäft mit Sitz an der Reckenbühlstrasse 13 in Luzern und einen Showroom in Zürich, wie es auf der Website heisst.
Was die neuen Eigentümer mit der Liegenschaft in der Luzerner Kleinstadt vorhaben, ist hingegen noch unklar. Anfragen seitens zentralplus blieben bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Fest steht aber, dass es für die stadtbekannte Apotheke im Erdgeschoss «in gewohnten Bahnen» weitergeht, wie Geschäftsführerin Claudia Fuchs auf Anfrage erklärt.
Eine geschichtsträchtige Familie
Die österreichische Unternehmerfamilie Palmers stammt aus Wien und ist vor allem wegen des Kleidungsgeschäfts Palmers bekannt. Das Textilunternehmen existiert seit 1914 und ist bis heute vor allem in Österreich und Deutschland aktiv. Es gilt als grösstes Textilunternehmen Österreichs. Zu Beginn verkaufte es «feinste Strumpfwaren und exklusive Wäsche», wie es auf der heutigen Website heisst. In den 1930er-Jahren expandierte der Familienbetrieb als Franchise und sorgte immer wieder mit ihren teils freizügigen Plakatkampagnen gerade in den sittenhaften 1950er-Jahren für handfeste Skandale – und entsprechend viel Aufmerksamkeit.
Im November 1977 entführten linksextreme Terroristen den damals 74-jährigen Walter Michael Palmers, Sohn des Firmengründers Ludwig Palmers. Wie der Historiker Thomas Riegler für das Magazin «Vice» schreibt, hielten sie den Industriellen während vier Tagen in einer Wohnung in Wien fest. In Kleidung, so der Gefangene später, die «von der Konkurrenz» stammte. Gegen ein Lösegeld von rund 30,5 Millionen Schilling kam Palmers wieder frei.
2004 verliess das letzte Familienmitglied den Konzern und überliess ihn einer Gruppe von Investoren. Zehn Jahre später übernahmen neue Investoren das Textilunternehmen mit dem Ziel, es zu verjüngen. 2020 geriet das Unternehmen in Kritik, weil es vermeintlich lokal hergestellte Atemschutzmasken aus China importiert hatte. In ruhige Gewässer kam das Unternehmen seither nicht mehr. Vor wenigen Wochen meldete Palmers Insolvenz an und schloss erste Filialen in Österreich, wie der ORF schreibt.
Aus dem Surseer Unternehmen Calida zog sich die Familie Palmers gemäss der «Luzerner Zeitung» bereits um die Jahrtausendwende herum zurück.
Teile des Gebäudes sind mehrere hundert Jahre alt
Die alte Suidtersche Apotheke im Luzerner Kleinstadt-Quartier sieht aus wie eines der ältesten Gebäude der Stadt. Tatsächlich sind auch Teile des Baus mehrere hundert Jahre alt. Über einer Holztüre ums Eck prangt die Jahreszahl 1536. Die Apotheke, die mit viel dunklem Holz, Vitrinen und magisch anmutenden Flakons frühere Zeiten aufleben lässt, existiert seit 1833 und ist damit die älteste Apotheke der Stadt.
:focal(50x50:51x51)/www.zentralplus.ch/wp-content/uploads/2021/08/Suidtersche-Apotheke-Jahreszahl.jpg)
Aber die meisten Teile des Cloos-Haus, wie das Gebäude eigentlich heisst – benannt nach einem alten Patriziergeschlecht –, dürften «nur» rund 120 Jahre alt sein (zentralplus berichtete). Dennoch: Das Haus gehört in Luzern zur Gebäudeprominenz und der Fortgang seiner wendungsreichen Geschichte liegt nun in den Händen einer prominenten Familie mit ebenso wendungsreicher Vergangenheit.
- Eintrag Luzerner Kantonsblatt
- Telefongespräch mit Claudia Fuchs, Geschäftsführerin Suidtersche Apotheke
- Handelsregistereinträge zur Ganesh AG
- Schriftliche Anfrage an die Familie Palmers (unbeantwortet)
- Website Simone Palmers
- «Luzern 60 Plus»-Interview Hans Vanja Palmers
- Website Alte Suidtersche Apotheke
- Artikel in «Vice» über die Entführung von Walter Michael Palmers
- Artikel aus «Salzburger Nachrichten»
- Artikel «Luzerner Zeitung»
- Beitrag im ORF