Prioris und Swisscom wagen Neustart: Das ist geplant
Glasfaserkabel auf dem Land – eine sehr kostspielige Angelegenheit. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)
Ein erster Plan für ein Glasfasernetz im Westen Luzerns ist gescheitert. Nun spannen die Prioris-Gemeinden doch mit der Swisscom zusammen. Für die Haushalte solle sich nur wenig ändern, versprechen die Projektpartner.
Das Projekt Prioris könnte inzwischen schon fast für das Drehbuch eines romantischen Dramas herhalten. Der bisherige Verlauf erzählt die klassische «Feinde-zu-Liebhabern»-Geschichte. Unsere Heldin, westliche Luzerner Gemeinden unter dem Projektnamen Prioris, will für ihr Dorf ein eigenes Glasfasernetz bauen. Das ist wichtig, damit die Dorfbewohnerinnen nicht länger in die attraktiveren Städte auswandern, weil sie dann beispielsweise ruckelfreies Homeoffice machen können (zentralplus berichtete).
Ihre Feindin, die Kommunikationsriesin Swisscom, würde für ihre Hilfe zu viel Geld verlangen. Ja mehr noch, sie lege ihr aktiv Steine in den Weg, wie Prioris immer wieder beteuert.
Denn während Prioris das Projekt aufgleiste und von den Partnern verbindliche Zusagen wollte, kündigte die Swisscom Ausbauten in potenziellen Prioris-Gemeinden an. Die Folge: Gemeinden wie Willisau sprangen ab (zentralplus berichtete). Die Stimmung zwischen den beiden war zwischendurch gar so vergiftet, dass der Knatsch Vorstösse in Bundesbern auslöste (zentralplus berichtete).
Doch nun präsentieren sich die ehemaligen Streithähne an einer Medienkonferenz am Donnerstag als geeinte Front. Und das ausgerechnet in Wolhusen, eine der Gemeinden, die ebenfalls im Laufe des Projekts ausgestiegen sind.
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«Swisscom war von Anfang an die Partnerin, die Braut, die wir uns gewünscht haben. Doch beim Brautgeschenk, beim Ehevertrag, hat es gehapert», witzelt denn auch Franzsepp Erni, Ruswiler Gemeindepräsident und Verwaltungsratspräsident der Prioris Verbund AG. Nach fünf Jahren voller Hochs und Tiefs sei das Projekt wie ein Phönix aus der Asche gestiegen.
Ein wesentlicher Grund für die Wiederannäherung der beiden Parteien sitzt ebenfalls am Donnerstag vor den Medien: der Luzerner Nationalrat Pius Kaufmann (Mitte). Der Gemeindeammann von Escholzmatt-Marbach übernahm die Rolle des Verkupplers.
Er traf sich mit einem Swisscom-Mitarbeiter zum Kaffee. Daraus wurden dann mehr als 20 Sitzungen, die Verhandlungen mit Swisscom und den Gemeinden ging schliesslich hoch bis zu SVP-Bundesrat Albert Rösti. Im November 2024 pausierte die Kommunikationsriesin ihre Ausbauten im Luzerner Hinterland zugunsten der Verhandlungen mit Prioris.
Für Haushalte bleiben die Kosten gleich
Das Resultat: Bis 2030 wollen Prioris und Swisscom die Haushalte der 13 Prioris-Gemeinden mit Glasfaserkabeln ausgestattet haben. Dabei haben die Haushalte immer noch freie Wahl des Providers für ihren Internetzugang – also nebst Swisscom etwa auch Salt oder Sunrise. Zu den Prioris-Gemeinden gehören inzwischen noch Hergiswil bei Willisau, Romoos, Doppleschwand, Flühli, Entlebuch, Grossdietwil, Schüpfheim, Hasle, Menznau, Fischbach, Escholzmatt-Marbach, Pfaffnau und Ruswil.
Bei den rund 16’500 Haushalten, die innerhalb der Bauzone liegen, übernimmt die Swisscom den Ausbau, für sie ist das kostenlos. Die Haushalte können jedoch einen freiwilligen Solidaritätsbeitrag von etwa 100 Franken leisten, um die restlichen Haushalte zu unterstützen.
Denn die für die rund 8150 Haushalte ausserhalb der Bauzone wird der Ausbau etwas kosten. 1900 Franken für das «Loch in der Wand», wie Franzsepp Erni sagt, und 600 Franken für den Anschluss. Sprich: Die Hauseigentümerinnen müssen 2500 Franken selbst berappen. Damit bewegt sich das Angebot im selben Rahmen, wie bereits mit der ehemaligen Prioris-Partnerin, der Regionale Glasfaser Schweiz AG (RGS).
Einen weiteren Teil der Kosten für die Haushalte ab vom Schuss übernehmen die Gemeinden. Denn für deren Erschliessung gibt es noch keine Rohrleitungen, wo die Swisscom ihre Kabel durchziehen könnte. Die Kosten und den Bau der Rohre übernehmen die Gemeinden.
Satelliten, wo es zu teuer wird
Dabei rechnen sie mit denselben Kosten, welche die Gemeinden bereits mit der ehemaligen Partnerin übernommen hätten und die bereits von den Gemeindeversammlungen abgesegnet worden sind: 5,1 Millionen Franken. Den restlichen Teil der Kosten übernimmt die Swisscom. Die Prioris-Verantwortlichen hoffen jedoch, dass ein weiterer Teil mit den Solidaritätsbeiträgen und beispielsweise Stiftungsgeldern gedeckt werden kann.
Bei besonders teuren Ausbauten – sei es wegen der schwierigen Topografie oder weil bei einem abgelegenen Quartier von acht Häusern nur ein Haushalt einen Ausbau will – setzt die Swisscom auf alternative Erschliessungstechnologien. Hier wolle die Swisscom mit Mobilfunk oder Satelliten arbeiten, wie Urs Indermühle, Gemeindebetreuer Breitbandausbau der Swisscom, sagt. Wie teuer zu teuer werde, müssten die Projektverantwortlichen aber im Einzelfall anschauen, so Prioris-Projektleiter Valentin Wepfer.
Das vorherige Projekt mit der RGS veranschlagten die Verantwortlichen auf 150 bis 170 Millionen Franken insgesamt. Wie teuer das jetzige Projekt wird, will Swisscom auf Nachfrage mit Verweis auf das Geschäftsgeheimnis nicht sagen.
Haushalte erhalten demnächst Schreiben
In einem nächsten Schritt versenden die Prioris-Verantwortlichen Informationsschreiben an die Haushalte ausserhalb der Bauzone. Entscheiden sich diese für den Ausbau, unterzeichnen sie einen Vertrag mit Prioris, danach einen mit der Swisscom. Dann bauen die jeweiligen Gemeinden die benötigten Rohre, damit Swisscom abschliessend die Glasfaserkabel-Leitungen ziehen kann.
Der Erfolg dieses Projekts hängt abermals davon ab, wie willig die jeweiligen Haushalte sind. Der vorherige Plan ist genau deswegen gescheitert, weil sich weniger als die benötigten 60 Prozent der Haushalte für den Ausbau entschieden haben. Wieso soll es dieses Mal anders sein? Gemäss Franzsepp Erni haben viele Haushalte gezaudert, weil die Projektpartnerin nicht aus der Schweiz kam und sie ihr Swisscom-Abo behalten wollten. Nun, da Prioris die Swisscom mit im Boot hat, hofft er auf mehr Zuspruch.
Er appelliert an die Bevölkerung: «Auch wenn jemand denkt, ich bin ein Bauer nebenaussen, ich brauche das nicht. Irgendwann gibt es einen Generationenwechsel, irgendwo gibt es ein Stöckli, das man vermieten will.» Auch Indermühle schliesst sich dem Plädoyer an: «Wir sagen das jetzt bewusst plakativ. Für die Haushalte heisst es jetzt oder nie.» Ein gemeinsamer Ausbau im Rahmen des Prioris-Projekts sei weit günstiger, als wenn die Swisscom erneut wegen eines Gebäudes mit dem Bagger auffahren müsse.
Bund plant Förderprogramm für schnelleres Internet
Doch ist Prioris überhaupt noch vonnöten, jetzt, wo der Bundesrat das Breitbandfördergesetz angekündigt und in Vernehmlassung geschickt hat? Mit diesem Förderprogramm würde der Bundesrat denjenigen Gemeinden einen Zustupf zahlen, wo sich der Ausbau von Glasfaser finanziell nicht rentieren würde. Also genau für die 8150 Haushalte des Prioris-Projekts.
Doch bis das Gesetz in Kraft trete, könnte es lange dauern, gibt Nationalrat Pius Kaufmann zu denken. Bereits seien erste negative Rückmeldungen aus den Kantonen eingegangen, besonders die Finanzierung gebe noch zu reden. «Was der Bundesrat vorstellte, ist derzeit noch eine Vision. Wir haben ein Preisetikett, fixe Verträge, einen fixen Zeitplan und sind schon viel weiter.» Sollte das Gesetz wider Erwarten früher kommen, könnte Prioris noch immer ein Unterstützungsgesuch einreichen, so Kaufmann.
Ob es für die Heldin Prioris und ihre ehemalige Feindin Swisscom ein Happy End gibt, hängt also von der Bereitschaft der Hauseigentümer ab.
Schreibt über Politik, Kurioses und wühlt gern in Unterlagen. Im ländlichen Luzern aufgewachsen, hat sie beim «Entlebucher Anzeiger» ihre Begeisterung für Lokaljournalismus entdeckt. Hat ein abgeschlossenes Studium in Medienwissenschaften und Englisch, und die Diplomausbildung Journalismus beim MAZ absolviert. Sie schreibt seit September 2021 bei zentralplus.