Auf Streifzug per App durch Hünenberg

«Pokémon Go» für Naturfreunde und Orientierungsläufer

Mehr als eine International School: Vom Rothuus-Park aus auf der Suche nach weiteren Zielen. (Bild: uus)

Oft gibt die Umgebung mehr her, als es auf den ersten Blick scheint. Bei einem Pilotversuch in Hünenberg wird mit einer App spielerisch auf die Flora und Fauna im Siedlungsgebiet aufmerksam gemacht. Diesem Beispiel sollen ab nächstem Jahr schweizweit viele weitere Naturpfade folgen. Wir haben das schon mal getestet.

Von Hünenberg weiss ich nicht viel. Ich war mal vor Jahren an einem Unihockeymatch, als die Mannschaft meines Dorfes gegen die Einhörner spielte. Da ich weder beruflich noch privat mit dem Ort verbandelt bin, gab es bisher kaum einen Grund, mir diesen Flecken Erde mal genauer anzuschauen.

Die Gelegenheit beim Schopf gepackt habe ich nun mit der Naturpfade-App des praktischen Umweltschutzes (Pusch), die von der Firma Taktil entwickelt wurde. Die Zürcher haben für ihre Apps schon mehrfach Preise abgeräumt. Die Applikation ist ein Angebot an die Gemeinden, die ab kommenden Jahr in Zusammenarbeit mit Pusch eigene Pfade entwickeln können.

Im besten Fall erhält so jedes Dorf und jede Siedlung einen solchen Pfad. Der Mehrwert der App wird auch davon abhängen, wie viele Pfade abgerufen werden können – je mehr, desto mächtiger ist das Tool für seine Nutzer.

Mit dem Zug zum Bahnhof Chämleten

Zusammen mit den Gemeinden Andelfingen, Hünenberg, Zizers, Horgen und Horw wurde nun eine Pilotversion der App aufgeschaltet, die ab sofort für Android-Handys und iPhones in den jeweiligen Shops verfügbar ist. Einfach «Naturpfade» eingeben. Die Installation gelingt problemlos.

Viel tun kann man nach dem Öffnen der Applikation aber noch nicht: Um Informationen über die zehn angegebenen Wegpunkte zum Hünenberger Naturpfad abrufen zu können, muss ich vor Ort sein. Also geht es mit dem Zug zum Bahnhof Chämleten.

Ich wähle den nächstgelegenen Punkt als Ziel. Ein genauer Weg wird mir dabei nicht vorgeschlagen – den suche ich mir wie beim Orientierungslauf selber. Nach dem Überqueren der Strasse biege ich in einen schmalen Weg ein, der durch das Wohngebiet führt.

Das Wiesel versteckt sich in der Hecke

Sobald man sich nun einem festgelegten Punkt auf 40 Meter nähert, wird dieser freigeschaltet. Das passiert auf dem Panoramaweg. Dort treffe ich: auf eine Hecke.

Sofort wird der spielerische Ansatz der App deutlich: Ich erhalte Punkte und als Belohnung verrät mir die App, dass diese Hecke eine natürliche Grenze von Siedlungsgebiet und Landwirtschaft darstellt. Und dass hier auch das kleinste Raubtier der Welt leben soll, nämlich das rattengrosse Mauswiesel:

Leider macht sich heute keines davon in der Hecke bemerkbar. In dieser Hecke ist aber noch mehr los: Bei schönem Wetter brummen die Hummeln oder zwitschern die Goldammen. Natürlich bietet sie bei Hitze auch Schutz für Velofahrer und Hundehalter, von denen einige vorbeispazieren. (Labradore und Golden Retriever scheinen in Hünenberg besonders beliebte Rassen zu sein.)

Anschliessend beantworte ich noch die Quizfrage: Wie viele Vögel ernähren sich von den hier wachsenden Vogelbeeren. 6, 30 oder 60? Meine Antwort: falsch.

Auch das Gewerbegebiet ist naturnah

Ohne Extrapunkte geht es nun in Richtung des Grünparks Bösch-Rothus. Ein Kiesweg führt in Richtung des Langholz-Waldes. Den nehme ich. Nach einem kurzen Abschnitt spuckt es mich bereits wieder in die Siedlung hinein. Bei der Lustenberger und Dürst AG findet der Geruch der Molkerei den Weg zu meiner Nase. Vorbei an der Druckerei biege ich links ab. Der bisher Ortsunkundige merkt: Die Hünenberger Seeseite ist reich an Gewerbe.

Bei der International School of Zug und Luzern angekommen, macht sich etwas Ratlosigkeit breit. Der Blick schweift dort über eine Wiese, ein paar Bäume und Bänke. Ich heimse mir 15 Punkte aufs Konto und schalte den Park frei.

«Er mag auf den ersten Blick karg aussehen, ökologisch ist er aber sehr wertvoll.» Da haben die Macher mögliche Reaktionen gut vorausgesehen. Vorzeigestück des Parks ist seine Magerwiese, die nur zweimal im Jahr gemäht wird und ungedüngt einer Fülle von Blumen eine Heimat bietet. Sie zieht so nicht nur Bienen an, sondern auch Kleintiere, die sich im hohen Gras verstecken können. Unter anderem etwa die Kollegin des Mauswiesels in der Hecke, das Hermelin, auch bekannt als «grosses Wiesel». Zum Vergleich:

Zum Abschluss meines Rothuspark-Besuches will die App noch von mir wissen, mit wie vielen Klimaanlagen ein einzelner Baum in Sachen Abkühlung mithalten kann. Ich liege richtig und sammle 10 weitere Punkte auf mein Konto.

Ein vorgezogenes Fazit

Die bisherigen Erfahrungen reichen für ein erstes Fazit: Die App funktioniert tadellos. Der spielerische Ansatz motiviert. Dass es keinen vorgegebenen Weg gibt, empfinde ich nicht als Nachteil: Einerseits gibt es vor Ort andere Angebote wie den Hünenberger Themenweg. Andererseits schafft die App so einen Anreiz, die Gegend selbst zu erkunden – als eine Art Schatzsuche.

Im Test: Naturpfad-App von Pusch

Die Naturpfad-App vermittelt auf spielerische Weise Wissen über die Natur im Siedlungsgebiet. Es gilt, Wegpunkte zu entdecken, um gespeicherte Informationen und ein Quiz freizuschalten. Dabei gelangt man an Orte, von denen man diese naturnahen Eigenschaften oft nicht erwartete. Die Jagd nach Punkten, die es dabei zu gewinnen gibt, kann man frei gestalten: als Schatzsuche, Spaziergang, Velofahrt oder Joggingrunde.

Noch befindet sich die App in der Testphase. Wie nützlich sie sein wird, hängt auch davon ab, wie viele Gemeinden sich nach dem Pilotversuch mit eigenen Pfaden beteiligen werden. Das Werkzeug dazu ist mit der Naturpfad-App in ausgereifter Form vorhanden – die App funktionierte bei diesem rund 90-minütigen Test tadellos.

Etwas zwiespältig ist einzig die Augmented-Reality-Funktion: Über sie werden mögliche nächste Ziele eingeblendet. Das klappt zwar, dazu ist die Karte aber genauso gut geeignet.

Um die insgesamt zehn Wegpunkte zu absolvieren, benötigt man spazierend schon einen Nachmittag Zeit. Lokalmatadoren können aber sicher mit Leichtigkeit zwei Joggingrunden gestalten: eine am See und eine beim Dorf. Will man es an einem Stück tun, dann empfiehlt sich als Vorgehen zum Beispiel ein Spaziergang oder eine Velofahrt von Hünenberg Dorf in die Badi.

Zum Abschluss in die Badi

Dorthin begebe ich mich zum Schluss. In der Nähe zeigt mir die App einen Wegpunkt an, den ich mir vor der Heimreise noch abholen kann. Am Dersbach geht heute nicht die Post ab. Er dümpelt eher vor sich hin, ich vermute, dass hier im Moment nicht allzu viele Fische leben. Der Bach bildet die Grenze zur Gemeinde Risch. Weiter oben ist er weniger naturbelassen. Die Quizfrage ist in diesem Fall geschenkt. Ich lande bei 80 Punkten und vier Igeln.

Nach etwas mehr als einer Stunde, wovon auch einige Minuten für Fotos und Notizen investiert werden, habe ich rund 5 Kilometer unter den Füssen. Einheimische peilen die Wegpunkte sicher noch ein bisschen zügiger an. Mein Zug fährt in fünf Minuten, für das nächste Ziel in Richtung Cham wird es nicht mehr reichen. Mal sehen, vielleicht hole ich mir den ein anderes Mal. Dann aber im Frühling.

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